Geschichten:Lektionen vor dem Badehaus

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11. Travia 1047 BF, zur zweiten Hesindestunde

Duridan von Schwingenfels packte den Anderthalbhänder fester. Sein Gegenüber war stark und das wusste er natürlich, doch in seinem Kopf hallten die Lektionen der Zeugmeisterin nach. „Niemals im Kopf besiegen lassen!“ Ein scharfer Hieb seines Gegenübers zu seiner linken Schulter riss ihn aus seinen Gedanken.

„Wie ist es denn so auf Trollhammer? Wie gefällt Dir die Knappschaft?“ fragte Oderik von Schwingenfels, nachdem Duridan seinen Hieb stark pariert hatte. „Die Lektionen von Zeugmeisterin Wiesenthal sind äußerst lehrreich. Sie verlangt jedoch Ordnung und Disziplin!“ Mit einem über Kopfhieb setze er seinem Familienoberhaupt nach. Oderik wich dem Hieb geschickt aus. „Und die anderen Knappen?“ Mit einer Finte wieder zur linken Seite versuchte er, den jungen Knappen in die Defensive zu bringen.

„Nun, die meisten sind älter als ich!“ Duridan schalt sich selbst, dass er auf die Finte Oderiks hereingefallen war. Er umlauerte jetzt den älteren Ritter. „Elwine von Talbach ist eine gute Reiterin, Adare von Zackenberg ist eine gutherzige Seele und Alara von Zeryenburg ist zwar selbstbewusst, aber sie zeigt nicht besonders viel Talent.“ Oderik ließ den Angriff von Duridan abgleiten, doch dieser setzte sofort nach und traf den älteren Mann in seiner rechten Seite. Oderik musste kurz durchschnaufen. Die Übungswaffen schlugen zwar keine tiefen Wunden, jedoch konnten sie trotzdem schmerzhaft sein. „Generell habe ich das Gefühl, dass mir hier keiner im Nahkampf das Wasser reichen kann.“

Oderik stutzte. Er schmiss sein Schwert rüber in die linke Hand und ließ jetzt ein Schwertgewitter auf Duridan niederregnen. Dies war ihm ein leichtes Unterfangen, da er mit der linken Hand nahezu genau so kämpfen konnte, wie er dies mit der rechten Hand konnte. Duridan war in die Defensive gedrängt und schaffte es nicht mehr, sich der Angriffe seines Gegenübers zu erwehren. Ihm entglitt die Waffe aus der Hand und er stürzte nach hinten. Oderik setzte ihm die Klinge auf die Brust: „Überheblichkeit ist des Kämpfers Tod! Das solltest Du Dir merken! Und außerdem ziemt es sich nicht, wenn man sich mit Lorbeeren schmückt, welche einem nicht zu stehen!“ Duridan lächelte: „Mit Überheblichkeit kennst Du Dich doch aus! Oder wie erklärst Du Dir Deine Niederlage im Turnier?“

„Vorsicht, Bursche! Eine Niederlage im Turnier ist mir lieber, als dass ich im Feld geschlagen werde!“ Oderik zog den Knappen auf die Beine. „Merk Dir einfach meine Worte! Sei geduldig! Beobachte! Und gib Dich nicht so, als wärest Du die Neugeburt des Schwertkönigs! Deine Eltern wären nicht gerade begeistert, wenn sie mitkriegen würden, wie Du hier arrogante Reden schwingst!“ Duridan nickte. „Du hast Recht! Ich sollte meine Zunge hüten! Ich habe noch viel zu lernen, bis ich ein Ritter sein werde!“ Oderik nickte. „Bescheidenheit ist eine Tugend der Ritterschaft!“ sprach er energisch. „Das heißt natürlich nicht, dass Du nicht Ambitionen haben darfst!“ Duridans Stirn kräuselte sich. „Willst Du damit andeuten, dass Du doch gerne im Turnier weitergekommen wärest?“ fragte er den Weizengrunder Junker. „Doch natürlich wäre ich das, aber mein Ausscheiden stört mich nicht wirklich.“ Oderik schaute zu seiner Frau. „Außerdem, hätte ich das Turnier gewonnen, würde meine Frau eifersüchtig werden.“ Jetzt war es an Haldora, dass sie laut auflachen müsste. „Bild Dir das ruhig ein!“ rief sie ihm herüber. Oderik lächelte verschmitzt.

„Also, ein Turnier gewinnen ist doch etwas Feines!“ sprach Duridan träumerisch. „Wer würde schon den Tanz mit so einer Edeldame als Preis ausschlagen?“ Oderik zog die Augenbrauen hoch. Ehe er zu einer Erwiderung ansetzen konnte, machte die Baderin darauf aufmerksam, dass der Badezuber nunmehr für Haldora und ihn bereitet sei. Er drückte dem Knappen die Übungsschwerter in die Hand: „Lerne erst einmal Deine Lektionen, ehe Du damit beginnst das Kaiserturnier zu Gareth zu gewinnen! Ohne Fleiß kein Preis!“ Er klopfte dem Knappen anerkennend an die Schulter und wandte sich seiner Frau zu, um das Badehaus aufzusuchen.

Haldora schaute belustigt über ihre Schulter, während sich Duridan entfernte. Oderik schnaubte: „Ich hoffe, der Junge wird sich nicht weiterhin so arrogant geben!“ Haldora lächelte. „Du Brummbär hast aber auch gar nichts begriffen!“ Oderik stutzte. „Was meinst Du?“ „Der junge Mann beginnt sich für Frauen zu interessieren!“ antwortete Haldora lächelnd. Oderik schaute sich um. „Wie kommst Du denn darauf?“ fragte er verdutzt. „Seine Hochgeboren hat mehr als drei Knappen! Und Duridan berichtet Dir nur von den Knappinnen!“ sprach Haldora lachen und verschwand im Badehaus. Oderik atmete einmal tief durch. „Na, das kann ja heiter werden mit dem Burschen!“ sprach er zu sich und folgte seiner Frau.