Geschichten:Machtgeflüster Teil 17
Burg Leihenbutt, 30. Ingerimm 34 Hal:
„`auptmann, schickt sofort alle Soldaten `inter`er, die I`r `abt! Vite! Die Pferde satteln! Warum dauert das denn alles so lange?“ Hauptmann von Eslamsbrück bellte nur ein paar knappe Befehle und schon machten sich ein Dutzend Reiter von Leihenbutt aus in Richtung Süden auf die Jagd nach menschlicher Beute. „Isch will i`n lebend, klar?“ rief sie ihnen noch hinterher.
Simiona war außer sich. Gerade hatte man ihr berichtet, dass Nimmgalf mitten in der Nacht die Burg verlassen hatte. Sie beschlich ein schrecklicher Verdacht. Eine flüchtige Durchsuchung der Gemächer bestätigte schnell ihre Befürchtungen. Er wusste Bescheid! Er hatte ihren Sohn und eine Kiste mit Gold mitgenommen. Ihr Gold! Wut stieg in ihr auf. Dies hätte nicht passieren dürfen. Sie ließ ihre Bediensteten wecken.
Unten im Hof angekommen stellte sie fest, dass die Tür zu den Kellergewölben einen Spalt weit offen stand. Umgehend rief sie nach Bartholomäus.
Es dauerte nur wenige Minuten bis die meisten der Bediensteten größtenteils noch in Schlafröcken und die noch verbliebenen Wachen im Hof angetreten waren. Simiona blickte sie wütend an.
"Merde, was dauert das so lange?", dachte Simiona wütend. Ihr Geduldsfaden riss, sie fing an. „Nimmgalf ist fort! Einfach so. Mitten in der Nacht.“ Die meisten blickten beschämt zu Boden. „Irgendjemand von Eusch muss i`m etwas erzä`lt `aben, was nischt für seine O`ren bestimmt war.“ Gefährlich leise fuhr sie fort: „Und isch werde `erausfinden wer das war!“
In diesem Moment kam der Magier Bartholomäus aus dem Keller herauf. Leichengeruch umgab ihn. „Du hast mich gerufen?“
Simiona funkelte ihn an: „Die Kellertür stand auf.“
Der finstere Mann zog eine Augenbraue hoch. „Keine Ahnung was Du meinst, ich war das jedenfalls nicht. Mein Schlüssel ist auch noch da.“ Er klimperte mit etwas Metallischem in seiner Tasche.
„Dann muss er meinen Schlüssel genommen `aben. Von alleine `ätte er das nischt gemacht. Au diable, isch will sofort wissen, wer i`m das mit dem Keller gesteckt `at! Raus mit der Sprache!“ Die letzten Worte brüllte sie ihren Untergebenen entgegen.
Unter den Dienern herrschte Ratlosigkeit. Da kam Roderik nur mit einer Hose bekleidet auf den Burghof gelaufen und flüsterte Simiona etwas ins Ohr: „Möglicherweise weiß Alwin mehr darüber. Zumindest sah ich ihn mit dem Baron reden.“
„Alwin? Wo ist er?“ Sie blickte sich um, doch sie konnte ihn nicht finden. Sie wandte sich an Roderik und zwei weitere Soldaten.
„Sucht ihn. Vite! Bart`olomäus, Du kommst mit mir. I`r anderen zurück ins Bett.“
Alwin hatte schnell geschaltet. Als der Lärm losging wusste er sofort, dass Nimmgalf wohl abgehauen sein musste. Verdammt, das ging fix. Zu fix für seinen Geschmack. Jetzt wurde ihm die ganze Sache hier auch zu heiß. Er musste dringend noch ein paar Sachen packen und dann…
Mit einem Krachen wurde die Türe aufgetreten. Der Soldat trat beiseite um Simiona vorzulassen. Simiona trat ein. „Packt ihn!“ befahl sie. Die beiden Soldaten ergriffen den überraschten Mann an den Armen. Die Comtessa funkelte Alwin gefährlich an: „Wo warst Du gerade?“
„Ich.. äh… ich wollte gerade in den Hof kommen, ich hatte noch nicht viel geschlafen und daher auch erst zu spät…“
„Schweig!“ brüllte sie ihn an. Leise fuhr sie fort: „`ast du meinem Mann etwas erzä`hlt was er nischt wissen sollte?“
„Was? Ich? Niemals, Herrin! So etwas würde ich doch nie tun. Bitte glaubt mir, ich…“
Simiona nickte kurz Bartholomäus zu, der auf den Mann zuging. Alwin lief ein Schauer über den Rücken. Der schwarze Magier hob seinen Stab und sprach: “RESPONDAMI VERITAR, rede jetzt und rede wahr! Hast du Nimmgalf etwas über den Keller erzählt?“
Alwin hatte das Gefühl, als würde es ihn innerlich zerreißen. Er wusste, wenn er jetzt die Wahrheit sprach, wäre sein Leben nichts mehr wert. Daher beschloss er zu lügen. „JA!“ Entsetzen stieg in ihm auf, als er begriff, dass er sich nicht dagegen wehren konnte die Wahrheit zu sagen.
Als Simiona das hörte, riss sie einen Kerzenständer vom Tisch und schlug ihn dem wehrlosen Mann ins Gesicht, woraufhin er in zwei Teile zerbrach und eine blutige Schramme auf Alwins Stirn hinterließ. Als nächstes trat sie ihm mit ihrem spitzen Stiefel zwischen die Beine. Schmerzgepeinigt brach Alwin in die Knie. Er wollte schreien, doch der Schmerz presste ihm die Luft aus den Lungen.
Simiona atmete schnell. Hass stand in ihren Augen. „Isch `asse Verräter!“ Ihr nächster Tritt traf den zusammengesunkenen Mann unters Kinn. Alwin stürzte nach hinten und blieb ohnmächtig liegen. Simiona zog einem der Soldaten einen Dolch aus dem Gürtel und kniete sich auf den Liegenden. Mit einem kurzen Schnitt wollte sie ihm die Kehle durchtrennen. Doch im letzten Moment hielt sie inne. „Nein, das wäre zu gnädig!“ Sie erhob sich wieder. „Werft i`n in den Kerker, aber `altet i`n am Leben. Er bekommt soviel Wasser und Brot wie er braucht, me`r nischt, klar?“
Die Soldaten nickten und schleppten den ohnmächtigen und blutenden Mann die Treppe herab. Simiona war immer noch aufgebracht. Als sie gehen wollte, hielt Bartholomäus sie noch kurz am Arm fest: „Was hast Du mit ihm vor?“
Simiona drehte sich erst wütend zu ihm um, dann lächelte sie dämonisch: „Warte es nur ab! Du wirst schon bald verste`en was isch vor`abe.“ Dann ging sie aus dem Zimmer. Sie hatte nicht allzu viel Hoffnung, dass ihre Häscher Nimmgalf fassen konnten. Er hatte ein hervorragendes Streitross, möglicherweise das schnellste im ganzen Königreich, und zudem war er auch noch ein ausgezeichneter Reiter. Doch der Tag wird kommen, an dem sie sich wieder begegnen würden, dessen war sie sich sicher.