Geschichten:Mit Phex im Bunde - Eine Burg aus feinstem Erlenstammer Holz
Burg Praiosburg, Baronie Bärenau - Ingerimm 1035 BF
Geräusche von Wiehern und Trappeln füllten den Hof der Praiosburg mit Leben. Überrascht blickte die Baroness Iralda von Ochs auf fünf Beilunker Zwergenponys die dort angepflockt standen – ein Brauner, ein Rappe, ein Fuchs, ein Schimmel und ein falbenes Pony.
Eine herrschaftliche Kutsche stand daneben – doch sie war leer. Dornwill von Schroeckh, der Hauptmann der Praiosburger Wache, deute mit einer Handbewegung Richtung Wohnhaus der Familie.
Iralda ging dem Fingerzeig nach. Sie folgte den Geräuschen die sie vernahm – freudiges Kinderjauchzen.
Am Kinderspielzimmer angekommen traute sie ihren Augen kaum. Inmitten des Raumes stand eine Spielburg aus Holz mitsamt Figuren. Ihre fast zweijährigen Drillinge spielten voller Freude, während ihr Jüngster und der Bastard ihres Mannes, der kleine Firunian, auf dem Schoß ihres Großvaters dem Treiben interessiert zuschauten.
Iralda setzte sich auf den Teppich neben Leobrecht von Ochs. Sofort forderte der kleine Trisdhan lautstark auf Mamas Arm wechseln zu dürfen, was diese ihm auch gewährte. „Willkommen Leobrecht, was führt Dich so unerwartet nach Bärenau?“ Iraldas ganzem Auftreten merkte man an, dass ihre Differenzen noch nicht ausgeräumt waren.
Leobrecht hatte sich inzwischen hingelegt und erklärte Firunian die Zugbrücke der Spielburg, was das Kleinkind wahrlich noch überforderte. „Ich hatte einige Dinge in diesen Gefilden zu regeln. Auf dem Reiseweg kam ich in Wasserburg bei einem Pferdehändler vorbei. Ich konnte nicht anders, ich musste die Ponys einfach für die Kleinen erwerben. In meiner Heimat Viehwiesen konnte ich zusätzlich noch Wolfarans alte Burg einpacken lassen – der Schreiner auf Ox hatte einen Riesenspaß mit dem Ausbessern, aber es ist noch immer ein prachtvolles Stück aus bestem Erlenstammer Holz.“
Die Augen des Reichsvogtes blinzelten durch die kleinen Schießscharten. „Mh, ich hätte besser noch ein Pony mehr erwerben sollen. Wolfaran und Du, ihr nehmt eure Aufgabe, das Haus Ochs wieder mit Kinderreichtum zu beglücken sehr ernst.“
Ein Schmunzeln huschte über sein Gesicht, dass die erneut von tsagesegnete Iralda mit einem Lächeln erwiderte. „Werter Leobrecht das Spielzeug und die Ponys – vielen Dank im Namen meiner Kinder – können doch nicht der einzige Grund für den weiten Weg sein, den Du auf dich genommen hast.“
Während Rohaja lautstark den kleinen, dicklichen Leobrecht II. mit einem Ritter in der Hand durch das Spielzimmer trieb, stellte die ruhige Ophelia minutiös eine hölzerne Burgwache nach der anderen auf den Wehrgang.
„Iralda – Liebes. Ich hatte das Bedürfnis meine Enkel zu sehen. Ist das nicht Grund genug euch aufzusuchen? Ich habe zwar noch eine Nachricht im Gepäck, diese hätte ich Dir aber auch per Schreiben mitteilen können.“
„Entschuldige mein Misstrauen, ich bin es nicht gewohnt, dass Du uns – einfach so – einen Besuch abstattest. Wärest Du dennoch so nett mir mitzuteilen, welchen Brief Du mir schreiben wolltest?“, druckste Iralda herum.
Firunian kletterte auf seinem Großvater herum, und auch die anderen vier ließen es sich nicht nehmen. Leobrecht genoss es von der kleinen Rasselbande belagert zu werden, was jedoch ein Gespräch mit seiner Schwiegertochter erschwerte. „Ich hatte in letzter Zeit einige zielführende Unterhaltungen. Es wird Dich sicher freuen zu hören, dass Graf Luidor Dich im Praios 1036 BF zur Baronin von Bärenau belehnen wird.“
Iralda folgte dem Treiben vergnügt. „Roban berichtete mir von den Unstimmigkeiten. Mein Dank ist Dir gewiss.“
„Der erste Schritt ist nun getan. Sei Dir dennoch gewiss, dass das Haus Ochs, solange es in meiner Macht liegt, Dir Deine benötigte Unterstützung gewähren wird.“ Ein übler Geruch stieg in die Nase des Reichsvogtes, dessen Blick zu seiner Enkelin Rohaja schwenkte. Auf einer Holzfigur kauend blickte sie zuckersüß und unschuldig zu ihrem Großvater, der wiederum das stinkende Bündel an die Amme Ederlinde überreichte.
Leobrecht schritt zum Teppich zurück, voll Stolz blickte er auf die nächste Generation des Hauses Ochs. Er legte seine Hand auf die Schulter seiner Schwiegertochter, die diese mit ihrer Hand umschloss. "Du bist auf einem guten Weg, Ingerimm hat Dich mit der Willenskraft aus besten Zwergenstahl gesegnet, diese und Dein Natterngleicher Verstand werden Dich noch weit bringen. Vernachlässige aber dennoch nicht die Diplomatie, sie ist von äußerster Wichtigkeit für eine erfolgreiche Zukunft. Entscheidungen werden zwar in Praios' Licht verkündet, aber in Phexens Schatten gemacht!“ Das Oberhaupt des Hauses Ochs sprach ihr Mut zu, was Iralda mit einem wohlwollenden Nicken quittierte.
„Ich weiß, ich will manchmal zu schnell zu viel, aber nur in der Absicht alles richtig zu machen.“, öffnete Iralda ihr innerstes.
Leobrecht klopfte sanft und aufmunternd auf ihre Schulter. „Du hattest es nicht leicht, ich kann es nachempfinden. Mein Vater gilt seit meinem achten Lebensjahr als vermisst, meine Mutter starb als ich zwölf Götterläufe alt war unter den Depressionen nach dem Tod meines Bruders. Phex hat es zu Anfangs auch nicht gut mit mir gemeint, und siehe, wo ich jetzt stehe. Phex ist mit den Tapferen und Ingerimm mit den Standhaften. Du hast zwar nicht das Blut aber trotzdem den dicken Schädel und das breite Kreuz eines Ochsen. Du wirst Bärenau in eine gute Zukunft begleiten, da bin ich mir sicher. Dein Vater wäre sicher stolz auf Dich gewesen.“
Der erste Schritt zur Versöhnung war getan.