Geschichten:Mit Samthandschuhen (in Mendena) - Die Suche nach Informationen
Mendena, 15. Efferd 1037 BF
Noch am selben Tag, schickte Gritta Graustein, die Obristin der Karmothgarde, ihre Leute – unter ihnen auch Xandros – in die Wohnung des hingerichteten Spions, um nach weiteren Hinweisen zu suchen. Während der Korporal den Vermieter ausfragte, sahen sich Xandros, Leila, eine hochgewachsene Kriegerin, und Dappert, ein alter Veteran, in der Stube um.
Die Stube war zweigeteilt. Im größeren Raum befand sich ein kleiner Tisch mit Schemeln, ein kleiner Kamin, der auch als Feuerstelle zum kochen diente, und ein kleines Regal, worauf hölzerne Teller standen. Im anderen Raum, das man über eine schmale Türe erreichte, das mit einem ledernen Vorhang abgetrennt werden konnte, befand sich das Schlafzimmer. Das Bett bestand aus einem leichten Gestell mit Matratzen aus Stroh, an dessen Fußende befand sich eine kleine Truhe und in einer Ecke lag ein umgestoßener Nachttopf.
In der Truhe befanden sich nur zerlumpte Hosen und zum teil zerrißene Hemden, ein leeres Tuschefläschchen, ein Dolch und ein Beutel mit mehreren Silbertaler und Dukaten mittelländischer Prägung. Früher mochte das vielleicht verräterisch gewesen ein, aber heute, wo wieder Händler in diese Gegend kommen, auch aus dem Mittelreich, sah man auch diese Prägung wieder häufiger. Also nichts besonderes. Einen doppelten Boden gab es nicht. Während Leila das Stroh aus der Matratze zerrte um darin nach einem Versteck zu suchen, widmete sich Dappert der Truhe.
Xandros sah sich derweil in der großen Kammer um und überlegte. Wenn dieser Mann, der hier wohnte, wirklich ein Spion des Mittelreiches gewesen war, mußte er irgendetwas haben, womit er Nachrichten schreiben konnte. Schließlich würde er doch regelmäßig oder zumindest ab und zu Kontakt mit Gareth aufnehmen wollen.
Wo würde er hier seine Sachen verstecken? Da gab es natürlich mehrere Methoden. Die naheliegenste Lösung wäre unter einer losen Bodendiele; auf die Schnelle konnte er nichts finden. Es könnte auch etwas unter der Asche im Kamin zu finden sein. Eine weitere Methode war, die auch Xandros gerne verwendete, ein hohles Tisch- oder Stuhlbein, dessen Ende man mit einem Art Korken verstopfen konnte. Ein recht effizientes Versteck, wenn man nicht wußte, wonach man suchen mußte, hier aber war das nicht der Fall. Aber wer sagte, daß es hier im Zimmer ein Versteck gab. Vielleicht auch draußen im Gang oder unter der Eingangstreppe? Oder vielleicht gleich ganz wo anders in der Stadt?
Doch als sich Xandros dem Kamin widmen wollte gab eine Bodendiele unter seinem Füßen ganz leicht nach. Er blickte auf und hörte wie Dappert wohl Leila half, das Stroh zu durchsuchen. Xandros untersuchte die Diele und sie war tatsächlich lose! Er hebelte sie auf und fand darunter eine Ledermappe mit eingeschlagenen Dokumenten. Mit einem Blick vergewisserte sich Xandros, daß die anderen noch im benachbarten Raum waren. Den Korporal hörte er noch immer draußen den Vermieter befragen. Mit flinken Fingern holte er die Mappe heraus, steckte sie unter seinen Wams und steckte die Bodendiele wieder an seinen angestammten Platz.
Xandros würde später die Dokumente untersuchen, wenn er alleine war und Zeit und Ruhe hatte.