Geschichten:Mit Samthandschuhen (in Mendena) - Mendena im Chaos
Mendena, 25. Travia 1037 BF
Xandros hob seinen Schild und wehrte den Schlag ab, während er mit seiner Rechten zustach und seinen Gegner dazu zwang zurück zu weichen. Seine Kameraden von der Karmothgarde standen neben ihm in Formation und sie drangen Schritt für Schritt die gegnerischen Rebellen zurück. Sie traten wieder einen Schritt vor und Xandros schlug abermals zu und traf seinen Gegner am Oberarm. Dann ertönte der Pfiff des Weibels und die zweite Reihe trat vor und übernahm den Platz in der ersten Kampfreihe, in der Xandros bis eben war, während sich seine Rotte in die letzte dritte Reihe zurückfallen ließ. Zeit zum Verschnaufen.
In den Straßen Mendenas und im Umland der Stadt war das Chaos ausgebrochen. In der Nacht nach Xandros´ Besuch in der Magierakademie begannen sich die Ereignisse zu überschlagen. Burg Talbrück brannte nach einer Stabsbesprechung von Haffax. Es wurde ein Anschlag auf ihn ausgeübt, bei der er angeblich auch umgekommen sein soll. Ob das wirklich der Fall war, konnte Xandros nicht sagen – zumindest noch nicht. Jedenfalls ist er seitdem nicht mehr in Erscheinung getreten.
Dahinter steckte aber nicht das Mittelreich, wie Xandros zuerst vermutete, sondern es waren einige hohe Offiziere aus den eigenen Reihen dafür verantwortlich gewesen; eine rebellische Organisation, die die Macht übernehmen wollte, wie er hörte. Doch wer waren diese Rebellen wirklich? In den Straßen Mendenas kämpfte die Karmothgarde seitdem gegen die Bewaffneten der Stadtvögtin Yasmina von Darbonia oder der Roten Hand Dherin Bentelan. Obristin Graustein behauptete, sie seien Verräter und müssen unschädlich gemacht werden, während diese aber wiederum behaupteten Graustein wäre eine Verräterin. Von Graustein selbst aber hatte Xandros seit dem Brand auch nichts mehr gesehen, seine Befehle stammten alle vom Hauptmann.
Yasmina und Dherin haben größtenteils die Macht in der Stadt an sich gerissen und kontrollierten auch die Stadttore. Alles kämpfte gegeneinander; Soldaten, Gardisten oder Söldner, sie alle kreuzten die Schwerter miteinander; sogar teile der Karmothgarde kämpfte angeblich untereinander; und auch jenseits der Stadtmauern loderten immer wieder Flammen auf und zeugten von Kämpfen. Die Magier der Akademie hetzen Dämonen aufeinander, die in ihrer niederhöllischen Wut ganze Straßenzüge in Mendena verwüstet haben und allenorten ein Hauen und Stechen, Verdächtigungen, blutgetränkte Richtblöcke und wahllose Verhaftungen und zwar sowohl von der einen, als auch von der anderen Seite – jeder scheint verdächtig und niemand war mehr sicher. Angeblich war auch Admiralkomtur Dorkstein ein Verräter, zumindest laut Dherin Bentelan. Noch am Morgen nach dem Anschlag nahm er ein Teil der Flotte und verließ den Hafen.
Abermals ertönte der Pfiff des Weibels und die erste Kampfreihe ließ sich wieder in die letzte zurückfallen, während die zweite ihren Platz einnahm. Xandros mußte über einen gefallenen Gegner steigen um mit seiner Reihe in die zweite aufzuschließen.
Xandros Arbeit wurde dadurch um einiges erschwert. Ihm blieb nicht viel übrig, als den braven Soldaten zu spielen, bis er mehr herausfand und eine Gelgenheit fand eine Nachricht nach Gareth zu schicken und Dschafar aus der Stadt heraus zu schmuggeln. Zum Versteck, wo er die Brieftauben untergebracht hatte, konnte er nicht mehr; das lag nun wegen diesen Aufständen außerhalb seiner Reichweite – und wer weiß, ob die Brieftauben noch überhaupt da waren? Und der Händler, der sich bisher als zuverlässig erwiesen hatte und manchmal Nachrichten mit nach Warunk nahm, ist vor zwei Tagen verhaftet worden; von Xandros wußte er nichts – dem Händler ist er immer als Vartosch entgegengetreten. Diese Identität würde Xandros nun nicht mehr annehmen, das war zu gefährlich geworden.
Wieder der Pfiff und Xandros nahm wieder den Kampf in der ersten Kampfreihe auf.
Er mußte eine Nachricht nach Gareth schicken. Man mußte dort wissen, was hier vor sich geht. Aber er hatte momentan einfach keine Möglichkeit! Und den Thaumaturg mußte er auch noch aus der Stadt bringen. Xandros wollte den Landweg wählen, trotz der Bedenken des Magiers. Er kannte Verstecke in der Umgebung, die ihnen bei der Flucht helfen konnten. Die offene See war ihm zu unsicher.
"Halt", ertönte der Befehl des Weibels und Xandros und seine Kameraden blieben stehen. Ihre Gegner hatten die Flucht angetreten und der Weibel gab Anweisung wieder zum Marktplatz zurückzukehren, wo der Rest ihrer Einheit stand. Sie hatten ihre Stellung verteidigt. Im Gleichschritt marschierten sie zurück.