Geschichten:Mit unserem guten Namen - Ihr ganzer Stolz
Wasserburg, Tsa 1035 BF
Das laute Schreien von den Anpreisern der Marktstände vermischte sich mit dem der feilschenden Kunden und Händler. Vieh blökte, wieherte, mähte, muhte und gackerte auf dem großen Wasserburger Viehmarkt. Und aus dem Schankzelt, dass man eigens für den großen Frühjahrsmarkt aufgebaut hat tönten Schalmeien über den ganzen Lärm. Der kleine nebachotische Viehtreiber schüttelte den Kopf und winkte den garetischen Ritter noch näher an sein Ohr: »Ich värstähe Euech nich, Härr!«
Ritter Celnidan wurde es zu bunt, immerhin war er den weiten Weg aus der Alriksmark hierher gekommen, weil er auf dem berühmten Wasserburger Viehmarkt in paar gute Pferde erstehen wollte. Ein paar nur, mehr war nicht drin.
Er formte mit den Händen einen Trichter und schrie im lauten Wehrheimer Befehlston: »Wo bekomme ich hier vernünftige Pferde, richtig stolze, heißblüte Schlachtrösser, also keinen von diesen nebachotischen Kleppern.«
Hätte ihn die plötzlich einsetzende Stille nicht bereits alamiert, so täten es sicher die plötzlich hundertfach auf ihm ruhenden Blicke ...
Alrikshorst, Tsa 1035 BF
»Ja, und?«, fragte Burggräfin Ginaya ungeduldig, »was hat er noch gesagt?«
»Er werde sobald wie möglich nach Alrikshain kommen, Hochwohlgeboren, sobald seine Brüche einigermaßen verheilt sind. Er hat Glück gehabt, dass ein Geweihter des Praios in der Stadt war, sonst hätte man ihn wohl an Ort und Stelle ermordet!«
»Ermordet? Einen Ritter? Aber warum hat denn der Geweihte zugelassen, dass man Celnidan so lange bearbeitet hat?«
»Celnidan sagte, der Geweihte habe gesagt: Die Pferde sind der Nebachoten ganzer Stolz, ihr ganzer Stolz. Deshalb: Strafe muss sein.«
»Du kannst gehen«, beschied Ginaya dem fülligen Knappen Moribert von Bleusingk.
»Strafe muss sein?«, fauchte sie, als der Bursche gegangen war. »Weil er die Klepper Klepper genannt hat? Und was ist mit meinen Rössern? Meiner Zucht? Wie kann es sein, dass vor wenigen Monden noch alles in Ordnung war und nun …? Mein Gatte ein Prasser, meine Ritter Trottel – wenn auch tapfere Trottel –, meine Knappen pummelige Sesselpupser! Und meine Leute? Gerade jetzt setzt mir diese renitente Vettel ihre Armbrust auf die Brust! Verdammt!«
Ginaya von Luring-Gareth war wütend. Vielleicht so wütend wie nicht mehr, seit ihr Vater Vildaj ihr eröffnet hatte, dass er sie für eine ungeeignete Nachfolgerin halte. Natürlich musste Ginaya an diese Auseinandersetzung denken, gerade jetzt, wo sie wütend war. Aber damals war sie wütend und voller Tatendrang, dem ungerechten Vater und der ganzen unegalen Welt zu zeigen, was sie, die heldenhafte Ginaya auf dem Kasten habe! Und sie hatte es getan: in vielen Schlachten gefochten und Ruhm als Kriegerin eingefahren. Aber heute war sie wütend, jedoch jeder Tatendrang fehlte. Sie wusste keinen Ausweg, ihre Gegner schienen unsichtbar oder waren unter Stand. Und sie fochten nicht mit dem Schwert, sondern mit Wechseln und Schuldscheinen.
Was sollte sie tun?
Um Hilfe bitten? Das verbot ihr doch ihr ganzer Stolz! Doch was nützte ihr ihr ganzer Stolz? Also würde sie sich an das Familienoberhaupt wenden.
Garetien-, Greifenfurt- und Perricum-Con 2012
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