Geschichten:Mit unserem guten Namen - Mein Marschall
Alrikshain, Tsa 1035 BF
»Verdammt!«
»Absolut, mein Marschall, absolut. Ich kann mir das auch kaum erklären. Muss man sich mal vorstellen: Ein Alriksmärker Wechsel platzt in Gareth! Wahnsinn. Hatte ich nicht kommen sehen. Sonst hätte ich doch dem Stadtrat nicht empfohlen, noch mehr Kredit zu gewähren.«
»Saubande!«
»Hm - vielleicht. Aber eine Burggrafschaft? Die hat unbegrenzt Kredit. Dachte ich jedenfalls! Ein Fass ohne Boden, aus dem man Scheffel für Scheffel Gold holen kann. Na ja - bis das Fass eben leer ist. Habe mit dem Pfalzgrafen gesprochen. Der hat in Hartsteen jede Menge Rösser verkauft, von denen ich glaube, dass sie eigentlich für die Alriksmark waren. Ich kenne ja den Preis, hab’s ja vermittelt, aber die Klepper, die in Alrikshain angekommen sind, waren den Heller nicht wert. Da hatte der Pfalzgraf seine Klauen im Spiel, da bin ich sicher. Er hat so geprahlt mit seinem Gewinn - nebachotische Rösser für die Kriegsfürsten der Wildermark, erworben für einen Appel und ein Ei, hat er geprahlt, verkauft für ein Vermögen. Ich glaube, genau für das Vermögen, das der Alriksmärkerin gerade entgangen ist, Marschall. Das stinkt doch zum Himmel: Ginaya kauft 40 Pferde – auf Pump, nota bene! – und der Pfalzgraf verkauft 40 Pferde, mit Gewinn. Und am Ende stehen 40 Schindmähren im burggräflichen Stall … Da müsste ich nicht die gewiefte Kauffrau sein, als die man mich kennt, um Eins und Eins zusammenzuzählen. Ziemlich dreistes Stück.«
»Dreist! Dreist! Kopf ab!«
»Wohl kaum, mein Marschall. Wohl kaum. Aber wenn ich morgen nach Bugenhog fahre, um dem Pfalzgrafen die 500 Armbrüste zu verkaufen, dann werde ich erstens darauf achten, dass ich mein Geld in blankem Gold bekommen, und werde zweitens fragen, wie das genau gelaufen ist mit den Gäulen. Ich glaube ja, dass die Adligen genauso wenig rechnen lernen wollen, wie sie ungern schreiben lernen. Dann kommt sowas eben von sowas. Ist aber eine besch…eidene Situation: Kann doch den Blaublütlern den Heller kaum verwehren. Haben doch keine Stadtmauer in Alrikshain. Spannend wäre es ja, wenn die Burggräfin auf unsere Forderung mit Fehde reagieren würde! Dann müssten wir die Goldene Lanze rufen, mein Marschall!«
»Goldene Lanze! Voran! Voran!«
»Tja, voran, voran! das sagt sich so leicht. Aber wenn eine freie Stadt Söldner gehen den Adel der Umgebung einsetzt - ich weiß nicht, wie das ausgehen soll. Kann auch schief gehen. Und dann stehen wir da und bleiben auf unseren Wechseln sitzen, während der Adel einfach neue Schlösser baut. Wir brauchen Sicherheiten. Wir brauchen die Stadtmauer. Und Rückhalt beim Rest der garetischen Adligen. Das muss ich in Bugenhog ebenfalls verhandeln. Ich muss wissen: Kann sich eine Burggräfin die Zahlungsunfähigkeit leisten, kann sie uns, die Reichsstadt Alrikshain foppen? Oder kann sie es nicht, weil das Gesetz über dem Schwert steht. Das muss ich wissen.«
»Verdammt! Kopf ab! Kopf ab!«
»Nun reicht‘s aber auch. Gerlinde, schaff den Vogel raus. Seine Manieren sind fragwürdig. Rollkutscherpapagei - war er und bleibt er. Und bring diese Urkunde zum Rat der Stadt. Siegel drauf und raus damit!«
entbietet Gruß und Nachricht
Ihrer verehrten und geschätzten Hochwohlgeboren
Ginaya von Luring-Gareth, Burggräfin der Alriksmark von der Götter Gnaden und auf Geheiß unserer guten Kaiserin und Königin.
Allweil die Stadt Alrikshain dem praiosgefälligen Gesetz und allen guten Gepflogenheiten hold und unterworfen, sieht der Rat der Stadt Alrikshain es geboten, an der Zeit und für notwendig, Euch an die Grundsätze guten Handels zu erinnern, in denen Ehre, Aufrichtigkeit und Verlässlichkeit denselben Platz haben wie in den Händeln des Ritterstandes.
Ehre, Aufrichtigkeit und Verlässlichkeit beschweren die Waagschale unseres Anliegens: Denn wir können Euch und der Burggrafschaft keinen weiteren Kredit gewähren - zu keinem Zins.
Wir könne auch die ausstehenden Rückzahlungen auch nicht ad infinitum stunden, weil es gegen die Grundsätze ehrlicher Kaufmannschaft verstieße, den Bankerott eines Gläubigers willentlich zu verschleppen.
Wir fordern Euch auf, Eure Schulden und Wechsel, die da sind fällig zum 30. Tsa, an eben diesem Tage in blanker Münze zu begleichen und einzulösen oder aber Sicherheiten und Kompensationen in ausreichender Höhe dem Rat der Stadt zu überschreiben, als da wären das Junkertum Alrikswiesen und das Junkertum Faldras mit all seinen Einkünften, Abgaben und Zehnten sowie der Lehnsfolge unter dem Banner der Stadt.
Copia dieses Monetums ergeht an die Staatscantzley des Königreichs und an die Krone daselbst.Gegeben in der freien Stadt Alrikshain vom Rat der Stadt, bezeugt von Waltrude Fuchsberger, der Stadtmeisterin, und den Großen Elf des Rates am 20. Tsa 1035 BF
Garetien-, Greifenfurt- und Perricum-Con 2012
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