Geschichten:Mobilmachung in der Mark Greifenfurt - In den Gemächern des Heermeisters

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Greifenfurt

Die Dämmerung war schon über die Stadt Greifenfurt hereingebrochen, als ein Reiter in den Farben des Kaiserlichen Boten- und Kurierdienstes an den geschlossenen Stadttoren mit fester Stimme Einlaß verlangte, um dem Heermeister der Mark eine wichtige Botschaft aus Gareth zu überbringen. Mit Staunen blickte die Wachmannschaft des Reichsbehüter-Brin-Tores auf den Botenreiter, denn seinen Wappenrock hatte man schon seit der Schlacht an der Trollpforte vor knapp 6 Jahren nicht mehr gesehen. Schnell öffnete man dem Neuankömmling die Tore und geleitete ihn auf kürzestem Wege zur Markgräflichen Feste, wo das Leibregiment Ihrer Erlaucht seine Quartiere besaß...

Gernot hatte es sich gerade auf einem gut gepolsterten Holzstuhl bequem gemacht, dennoch fühlte er sich sichtlich unwohl. Die Strapazen seiner Verletzungen und das Totengeleit für den Baron von Orkenwall schienen immer noch ihre Spuren hinterlassen zu haben. Er fühlte sich jedoch schon so gesund, daß dem Ruf des Heermeisters folgen konnte. Gewiß hatte ihn der alte Gordonius vom Therbûnitenspital dafür gescholten, aber untätig zu sein raubte ihm noch ganz den Verstand. Also hatte er den Rat des erfahrenen Heilers in den Wind geschlagen und sich unter das Banner der Mark gestellt. Nun mußte er den Preis bezahlen, auch wenn sein Verstand nur mühsam in diesem Augenblick die Ehre gegen das schmerzende Hinterteil aufwiegen vermochte. Der Ritter versuchte nun wieder den Gesprächen in der Offiziersversammlung zu folgen, was ihm auf Grund seiner Schmerzen nicht immer leicht viel.

"So stehen die Dinge nun einmal, meine Herren. Und der verlauste Schwarzpelz wird auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Darum heißt es gewappnet sein, meine Herren, und dafür müssen wir Einiges tun! Wie steht es... ." Ein überraschendes Klopfen ließ Reto mitten in der Frage innehalten. Der Heermeister schaute etwas verdutzt zur schweren Eichentür des Kartensaales, denn eigentlich erwartete er keinen Besuch zu dieser späten Stunde. Fragend blickte er in die Runde seiner Offiziere, die alle mit Ausnahme Gernots um den Tisch mit den zahlreichen Karten herumstanden. Doch diese machten ebenso ratlose Gesichter wie er selbst. "Tretet ein!"

Zügig öffnete sich die Tür und der wachhabende Offizier in der Burg trat ein, gefolgt von einem älteren Mann in blau-rot-goldenen Farben. "Verzeiht die Störung, Heermeister, aber dieser Bote aus Gareth möchte euch eine wichtige Depesche übergeben!" "So, so, möchte er das? Dann übergebt mir die Depesche!" entgegnete der Schattensteiner mit einen gezwungenen Lächeln. Tiefe Falten gruben sich in seine Stirn, denn bei einer Depesche aus dem fernen Gareth mußte es sich um etwas wahrlich Wichtiges handeln. Zuletzt fand eine im Götterlauf 28 Hal den Weg nach Greifenfurt. Der Kurier übergab die versiegelte Botschaft und verließ mit dem Wachhabenden zügig das Kartenzimmer. Reto öffnete den Brief und las in sorgfältig durch. Dabei ging er im Zimmer auf und ab. Anschließend schritt er auf das Fenster zu, öffnete es und nahm einen tiefen Zug kühler Luft mit seinen Lungen auf.

Danach kehrte er wieder in die Mitte seiner Offiziere zurück und schaute sie eindringlich an. "Nun, wie es aussieht herrscht im Reich wieder Krieg. Der endlose Heerwurm des verfluchten Schwarzen Drachen hat des Reiches Wehr überrollt und wälzt sich nun den Inneren Provinzen entgegen. Die Markgräfin wünscht, daß auch die Mark das Ihrige tut, um des Reiches Flanke und damit letztendlich die Unsere zu schützen! So bald als möglich wird 1 Banner Markgräfliche Langschwerter und 2 Dutzend Markgräfliche Leibbogner nebst Troß in Richtung Wehrheim aufbrechen. Nun, ich dachte mir, daß Hauptmann... ." "Wenn ihr es erlaubt, dann werde ich unsere Kämpfer nach Wehrheim führen, Heermeister!" unterbrach der Herr auf Burg Pilzhain den Vortrag des Schattensteiners.

Dieser drehte sich überrascht um und blickte auf Gernot von Rothenborn, welcher sich mittlerweile von dem Stuhl erhoben hatte. Seine Augenbrauen schoben sich aufeinander zu und die Stirn wurde von zahlreichen Falten zerfurcht. Musternd schaute er den jungen Mann an. "Nein, ihr werdet nicht gehen, Hauptmann von..." "Heermeister, ich bitte euch, laßt mich diese Aufgabe übernehmen! Der Schwarze Drache hat schon dort die Erde verheert, wo ich geboren wurde, er soll nicht auch noch die Erde meiner neuen Heimat verheeren. Bitte, übergebt mir den Befehl" unterbrach Gernot erneut den Heermeister und schaute ihn entschlossen an. Nachdenklich schaute Reto den jungen Mann an, der so entschlossen wirkte wie seit Peraines Nadel nicht mehr. Er musterte Gernot noch einmal von Kopf bis Fuß. "Gut, ihr werdet unser Kontingent nach Wehrheim führen, Hauptmann von Rothenborn... ."