Geschichten:Nach der Gerichtsverhandlung von Weihenhorst
"Baron."
Das Haupt des Gallsteiners neigte sich, als er dieses Wort zu dem Baron von Leihenbutt sprach.
"Trotz unserer Fehde, all unseres Grolls, will ich nicht vergessen, was sich für einen Mann von Stand gehört. Eure Gemahlin ist ein Lichtblick. Ihr seid glücklich zu nennen, mit einer Frau, gesegnet durch Schönheit und Verstand. Viele Damen mögen ein schönes Gesicht haben, aber sie sollten besser schweigen, damit niemand die Leere in ihren Gedanken erkennt. Eure Gemahlin aber mag reden, denn ihre Stimme erfreut das Herz und den Geist. Ich wünsche Euch eine lange, glückliche Zeit."
Ohne auf eine Erwiderung zu warten, drehte sich der Gallsteiner weg und schritt zu seinen Freunden, den Nebachoten.
Seinen Worten hatte der scharfe Unterton gefehlt. Kein Spott lag wie sonst darin.
„Ha…habt Dank dafür!“ Nimmgalf konnte im ersten Moment nicht glauben, was seine Augen sahen, was seine Ohren hörten und was seine Lippen formten.
Er schüttelte sein Haupt und blickte sich um. „Halhof! Hal von Ehrenstein!“
Er ging zwei, drei Schritte auf den Vogt zu, der schweigend daneben stand.
„Sagt mir Hal, habt ihr das eben auch gehört, was der Gallsteiner da gerade gesagt hat? Meine Ohren hörten es, doch mein Verstand kann seine Worte nicht fassen… Hat er mir gerade tatsächlich einen Hauch von Anerkennung gezollt? Mir gar eine glückliche Zeit mit meiner Gattin gewünscht??? Bei allen Göttern, was ist da bloß in ihn gefahren? Wo ist sein fieser Charakter geblieben? Wisst Ihr Halhof, das Einzige, was noch mehr schmerzt, als einen guten Freund zu verlieren, ist, den Besten aller Feinde zu verlieren. Ich hoffe, so weit wird es doch nicht kommen.“
Ganz entgegen seiner Art blickte der Vogt den Baron zu Leihenbutt nur lange an und lächelte. Wenigstens er konnte den Gallsteiner verstehen.
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