Geschichten:Natternbrut - Abgehalfterte Kaisermärker

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Burg Gryffenwacht, Abend des 30. Rahja 1035 BF

Das Unbehagen spiegelte sich deutlich auf dem Gesicht von Selinde von Spornstein. Sie hatte die Einladung, die mit einer gewundenen Schlange gesiegelt worden war, erst an diesem Morgen erhalten, seitdem hatten sich die Ereignisse förmlich überschlagen. Neben Selinde an der mit erlesenen Speisen gefüllten Tafel saß ihr Gatte Markward, der selig und voller Genuß in eine treifende Lammkeule biss, so dass ihm die herrliche Bratensoße links und rechts über die Wangen lief.

»Markward, du hättest ruhig warten können, bis sich unser Gastgeber gezeigt hat«, konnte sich die Halsmärker Ritterin ihren Tadel nicht verkneifen.

»Ach wo, die Diener haben doch gesagt, wir sollen schon mal anfangen. Wird doch nur kalt, und so gutes Zeug haben wir schon lange nicht mehr bekommen.« Die Worte gingen fast in seinem Schmatzen unter.

Selinde schüttelte nur konsterniert den Kopf und griff nach ihrem Weinpokal, der mit bestem Almadaner Rotwein gefüllt war. Nach ein paar kleinen Schlückchen stellte sie ihn wieder ab. Sie trug ein schlichtes blaues Kleid, das offensichtlich nicht für sie geschneidert worden war. Auch die Kleidung ihres Gatten Markward zeigten die ersten Spuren von Abnutzung, einer der goldenen Knöpfe seines Wamst fehlte.

»Ich verstehe nicht, wie du so ruhig hier am Tisch sitzen kannst. Mir ist wirklich nicht wohl bei dem Gedanken, die nächsten fünf Tage auf dieser Burg verbringen zu müssen in der Gesellschaft eines mir fremden Adligen, über den man in ganz Garetien nur widersprüchliche Gerüchte erzählt bekommt.«

»Warum?«, blickte ihr Gatte sie unbedarft an. »Im Brief stand doch klar drin, dass er sich seiner verwandtschaftlichen Bande zu deiner Großmutter erinnert und sie wieder zu beleben wünscht. Wie sind die noch genau verwandt? Seine Großmutter war die Cousine von der Mutter deines Vaters?«

»Ja, irgendwie so ähnlich«, entgegnete die Ritterin fahrig.

»Ich weiß nicht, warum du so nervös bist. Ist doch hervorragend für deine Familie, wenn das stimmt, was der Nettersqueller geschrieben hat. Die Dukaten sind doch vorne und hinten knapp, seitdem dein Vater in seinem Donnersturmabenteuer das Familienvermögen verprasst hat. Halfterberg ist abgehalftert, Vjelys kann sich gerade selber erhalten, vor allem weil wir deinen Vater über Wasser halten müssen. Eine weitere Einnahmequelle würde uns bei Phex einige der drängenden Sorgen ein wenig mildern.« 

Inzwischen war Markward zu den Koschammerzungen übergegangen und ließ sich die Koscher Kostbarkeiten mit großem Genuss seinen gierigen Schlund hinuntergleiten. Selinde hatte sich ein paar frische Salatblätter auf ihren Porzellanteller gelegt und bearbeitete sie lustlos mit dem reichverzierten silbernen Besteck, als die schwere Eichentür zum Speisesaal geöffnet wurde und ein livrierter Diener eintrat.

»Seine Hochgeboren wünscht seine Gäste nach dem Mahl in seinen Privatgemächern zu empfangen, um die weiteren Konditionen zu besprechen, damit eine reibungslose Übergabe der Burg Sturmwacht und des Marktes Nadriansfurt an das Geschlecht der Spornsteins möglich wird.«



 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Koenigreich Garetien.svg   Wappen Grafschaft Schlund.svg   Wappen Baronie Nettersquell.svg   Wappen Freiherrlich Gryffenwacht.svg  
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30. Rah 1035 BF zur abendlichen Phexstunde
Abgehalfterte Kaisermärker


Kapitel 1

Alles wird gut
Autor: Hartsteen