Geschichten:Nichts Neues aus Monvaldorn - Nachbarschaftshilfe

Rittergut Zollsteyn, Königlich Monvaldorn, 15. Ingerimm 1045 BF

Es war ein wolkenloser Tag, wie es sie zuhauf im Eslamsgrund dieser Tage gab. Die Praiosscheibe schien die dunkle Vergangenheit dieses Landstrichs mit ihrer bloßen Existenz ausradieren zu wollen oder zumindest dafür zu sorgen, dass dergleichen nie wieder geschehe. Tatsächlich waren die Leute hier, zu dieser mittäglichen Stunde, wie gelähmt. Die drückende Hitze ließ jeden, egal ob Mensch oder Tier, in die Schatten flüchten um dort Linderung suchen. Doch selbst in diesen schien die Luft zu kochen.

Elida hatte es sich, auf einer der überdachten Veranden des Ritterguts, bequem gemacht. Träge nippte sie an der Tasse aus feinstem unauer Porzellan, welche mit Kaffee gefüllt war. Ihr Ehemann hatte ihr diese Köstlichkeit nähergebracht. Einer der Vorteile des Junkertums, durch welches alle Reisende kommen mussten, war die gute Versorgung mit den unterschiedlichsten Gütern. Erleichternd kam natürlich dazu, dass Lucian und seine Familie über einige Kontakte diesseits und jenseits der Grenze verfügten.

Die Frau aus den Zacken lehnte sich zurück und knöpfte den obersten Knopf ihrer Bluse auf. Die Hitze forderte von der sonst so zugeknöpften Frau ihren Tribut und langsam begann Elida zu verstehen, weshalb die Leute hier freizügiger als in den Zacken unterwegs waren. Doch es widerstrebte ihr sich allzusehr der hiesigen Mode hinzugeben. Da hatte es ihr Begleiter schon einfacher. Kaum waren sie damals hier angekommen, hatte er seine geschwärzte Platte und den dicken Wappenrock gegen ein einfaches Kettenhemd und leichtem Unterzeug getauscht. Doch selbst diese Kombination hatte er alsbald aufgegeben und war nun meist in einem hellen Leinenhemd und einer dunkelbraunen weit geschnittenen Hose anzutreffen. So auch jetzt.

Mit einem freundlichen Lächeln, welches umspielt wurde von seinem fein gestutzten Kaiser-Alrik-Bart, kam Bran auf sie zugelaufen und verbeugte sich knapp. “Den Zwölfen zum Gruße, Euer Wohlgeboren. Welch herrlicher Tag um sich dem Müßiggang hinzugeben!”.

Die Angesprochene schmunzelte etwas, “solang mein werter Gatte oder die königliche Vögtin keinen Zauberer mit dem herunterkühlen meiner Räume beauftragen, kann ich in dieser drückenden Hitze keinen klaren Gedanken fassen. Ein Umstand, der das Bearbeiten von Rechnungen und dergleichen unheimlich erschwert”. Stellte sie salopp fest und deutete auf einen Stuhl neben sich, auf dem ihr Privatlehrer Platz nahm.

“Das ist aber natürlich nicht alles, was meine Arbeit erschwert. Die Unversöhnlichkeit, mit der sich die Räte gegenüberstehen und sich gegenseitig belauern ist mindestens genauso… Erschwerlich”. Stellte die Dame aus der Familie Zackenberg fest und ließ ihren Blick kurz auf der Tasse ruhen. “Die Ordenslande haben eine neue Führung und es gilt diese kennenzulernen. Außerdem verhält sich unsere Nachbarin verdächtig ruhig. Wenn man bedenkt wie sich ihr Vater und mein Gatte waffenstarrend entgegengestanden wäre ein kurzer Blick über die Grenze angebracht”.

Bran nickte nur knapp. Die große und kleine Politik hatte er nie verstanden und konnte ihr auch nichts abgewinnen. Er suchte die Perfektion im Umgang mit seiner Klinge, nicht irgendwelche Intrigenspielchen. Doch er verstand langsam, dass seine Reise aus den Zacken hierher ihn in genau ein solches hineingezogen hatte. Das behagte ihm nicht, im Duell sah man die Schneide kommen, im politischen Verwirrspiel eher weniger, zumindest konnte er sie nicht sehen.

“Ich möchte, dass Ihr gemeinsam mit Rondrigo Euch dieser Sache annehmt. Schaut bei unseren geschätzten Nachbarn nach dem Rechten und berichtet mir dann, mit welchen Problemchen sie sich herumärgern müssen. Immerhin sollte man die Tugend der Nachbarschaftshilfe hochhalten”. Mit einem vielsagenden Lächeln auf den Mundwinkeln zwinkerte sie Bran zu, ehe sie einen Schluck vom köstlichen Kaffee nahm.