Geschichten:Plauderei im Teestübchen

Aus GaretienWiki
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25. Boron 1045 BF

"Burggräfin Ginaya! Natürlich! Ich vergesse selten ein Gesicht. Und Eures kam mir gleich so vertraut vor. Aber was macht Ihr denn nur hier in Al'Anfa?"

Ginaya seufzte. "Das ist eine lange, und nicht immer sehr ruhmreiche Geschichte. Aber bevor wir zu mir kommen, wüßte ich doch gerne, was sich in meiner alten Heimat in den letzten Götterläufen so ereignet hat. Wie steht es um Garetien?"

"Nun ja, dort ist eine ganze Menge passiert. Hm, wo fange ich an? Also..."

Und Irnfrede erzählte Ginaya von den vielen Ereignissen, die das Königreich Garetien in den letzten Jahren in Atem gehalten hatten: von der Groß-Garetischen Fehde, deren Nachwirkungen immer noch andauerten, dem Aufstand der Großfüchse, die erst kürlich in der Schlacht im Tal der Kaiser ihr Ende gefunden hatten, vom Verrat des Malepartus von Helburg und seinen üblen Machenschaften, und dass Garetien nun bald wohl einen neuen Großfürsten haben wird.

"Und auch die Baronie Erlenstamm wurde neu vergeben. Die frühere Baronin Alissa war anscheinend in die Machenschaften ihres Schwagers Malepartus verwickelt, so dass sie sich mit ihrer Familie nach Aranien abgesetzt hat. Selinde von Ruchin wurde dort neue Baronin. Doch sie brauchte dringend einen Erben, und so wurde ein Traviabund mit meinem Vetter Ludolf ausgehandelt. Ich wurde von ihr als Vögtin ihrer Eigenlehen eingesetzt, und durfte dafür Burg Erlenstamm beziehen, wo ich nun lebe. In direkter Nachbarschaft zur Alriksmark sozusagen.

"Das ist ja wirklich bemerkenswert. Apropos Alriksmark: regiert dort immer noch mein Nachfolger Reichsvogt Gerwulf von Gareth?"

"Ja...nein... Also theoretisch schon, jedoch wurde er Anfang des Jahres zum neuen Grafen von Eslamsgrund ernannt. Daher wird die Alriksmark wohl nur noch kommissarisch verwaltet. Ich habe aber gehört, dass angeblich eine Eurer Töchter dort bald seine Nachfolgerin werden soll."

"Wirklich? Wahrscheinlich wird es dann Yrsya werden. Das sind ja hervorragende Neuigkeiten. Die Alriksmark gehört nun mal in die Hand der Luring-Gareths", sagte sie bestimmt. "Habt Ihr auch etwas von meinem Gemahl gehört?" Doch Irnfrede verneinte dies. Anscheinend fristete er immer noch ein trauriges Dasein im Schuldturm.

"Und was macht ihr nun hier in Al'Anfa?" fragte Irnfrede neugierig.

"Naja, in Garetien wuchs mir die Situation über den Kopf. Durch die Geschäfte meines Mannes waren wir total verschuldet. Die Alriksmark war finanziell völlig in Schieflage geraten, so dass ich sogar große Teile unserer Eigenlehen an die Stadt Alrikshain überschreiben musste. Aber selbst das war nicht genug, und neue Schulden wurden fällig. Da habe ich es nicht mehr ausgehalten und habe Garetien den Rücken gekehrt. Und nach einiger Zeit des Wanderns bin ich endlich hier gelandet, wo ich mir ein neues Leben aufgebaut habe. Ich handle hier jetzt mit Pferden, da hatte ich schon immer ein Händchen für." Irnfrede hatte aufmerksam zugehört und nickte anerkennend.

"Und was macht Ihr nun hier in der Stadt des Raben, weit weg von der Heimat?" fragte Ginaya.

Irnfrede seuzte leise. "Das ist auch eine lange Geschichte. Einer der Ritter meines Vaters - sein Name ist Geromel - ist wohl irgendwie in die Hände von Sklavenjägern geraten. Ich bin nun hier, um ihn wieder freizukaufen." Ginaya blickte sie ungläubig an. "Und dafür schickt er seine eigene Tochter auf so eine weite und sicher nicht ungefährliche Reise?"

"Naja... er weiß davon ehrlich gesagt gar nichts. Ich bin aus eigenem Antrieb hergekommen." Ginaya nickte und dachte sich ihren Teil.

"Also das mit dem Freikaufen von Gladiatoren ist aber so ne Sache. Wartet mal, 'Geromel' sagtet Ihr? Hm, einen solchen Gladiator kenne ich nicht, dabei schaue ich mir die Gladiatorenspiele häufiger an. Wie sieht er denn aus?"

"Es ist etwa neuneinhalb Spann groß, hat lange, blonde Haare und ist sehr stark. Ausserdem sieht er unverschämt gut aus..." sprudelte es aus Irnfrede heraus.

"Meinst du vielleicht Gareticus Maximus? Das ist seit einiger Zeit DER große Star in der Arena. Er gehört den Kugres! Hat schon zahlreiche Kämpfe gewonnen und die Leute jubeln ihm zu und wollen ihn unbedingt sehen."

"Ja, das könnte er sein. Vielleicht kann ich ihn den Kugres ja abkaufen?"

Ginaya schüttelte den Kopf. "Das könnt Ihr absolut vergessen. Das haben angeblich sogar schon die Zornbrechts und die Paligans erfolglos versucht. Der ist völlig unverkäuflich."

Irnfrede gab sich noch nicht geschlagen: "Also dann werde ich dagegen klagen, dass er widerrechtlich in die Sklaverei geraten ist. Er ist immerhin ein Mann von Stand. Und mein Wort als Angehörige des garetischen Hochadels..."

Ginaya lachte laut auf.

"Was ist daran so lustig?" fragte Irnfrede leicht gekränkt.

"Ach Herzchen, man merkt, dass Ihr noch neu in Al'Anfa seid. Adel und klangvolle Titel zählen hier gar nichts. Hier zählt einzig und alleine die Macht des Goldes. Und eine unabhängige Justiz werdet ihr hier auch vergeblich suchen. Hier gilt ganz grundsätzlich: der Reichere hat recht! Also der, der das höhere Bestechungsgeld aufbringen kann. Und selbst das gesamte Vermögen Eurer Eltern ist verglichen mit den Reichtümern der Grandenhäuser nicht wirklich der Rede wert."

Irnfrede vernahm das Gesagte, und verspürte nun eine große Hoffnungslosigkeit. Sie hätte sich das Ganze deutlich einfacher vorgestellt. Doch aufgeben wollte sie ihr Vorhaben noch nicht, dazu waren sie zu weit gekommen.

Schließlich sagte sie entschlossen: "Wenn es auf legalem Weg nicht geht, dann eben auf Illegalem!"