Geschichten:Pulether Fehde - Teil 20: Zwist

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Burg Orbetreu, 20. Peraine 1029 BF


Schon von weitem waren die Hörner zu hören. Es dauerte nicht lange und die Reiter zeigten sich. Hadrumir hatte sich auf die Mauer begeben und mit Unbehagen beobachtete er die heranmarschierenden Truppen.

Als sie schließlich das Tor erreicht hatten, ritt sein Vetter als Erster auf den unteren Hof. Hadrumir beobachtete noch eine Weile die einmarschierenden Truppen. Dann machte er sich auf den Weg zu der kleinen Rondrakapelle der Burg.

Auf dem Hof kam ihm sein Vetter Ludorand mit schweren Schritten entgegen. „Gute Arbeit das in Hartsteen! Vetter, das Haus Schwingenfels kann stolz auf Euch sein! Nun, wo ist die Gefangene?“

Hadrumir hörte zwar die gestelzten Worte seines Vetters, doch wusste er, dass diese Phrasen hohl waren. Daher erwiderte er: „Mein Gast hat sich nach meinem Kenntnisstand zur Ruhe begeben. Ach, ich bin auch erfreut Euch zu sehen.“

Mit diesen Worten wollte er sich zur Kapelle begeben, doch Ludorand packte ihn am Arm. „Ich denke, wir sollten uns über die Zukunft Eurer Gefangenen unterhalten.“

Hadrumir zog leicht eine Augenbraue an. „Und ich denke, dass das Zeit bis später hat.“

Er hatte seinen Vetter mit Absicht etwas warten lassen. Er verließ die kleine Kapelle gutgelaunt. Als er den Palas erreichte, musste er feststellen, dass eine Kutsche vorgefahren war. Ludorand war gerade damit beschäftigt, seinen Männern Anweisungen zu erteilen. Mit knurrender Stimme fragte Hadrumir: „Was hat das zu bedeuten?“

Ludorand schaute ihn abfällig an. „Seine Hochwohlgeboren, Graf Geismar, hat befohlen, dass die Gefangene nach Feidewald gebracht wird!“

„Sie ist mein Gast!“

„Ihr habt Euch dem Befehl des Grafen zu beugen!“

Ein Soldat trat heran: „Marschall, Ihre Hochgeboren hat in der Kutsche Platz genommen!“

Hadrumir lachte laut auf: „Marschall? Bist Du jetzt total übergeschnappt?“

Ludorand schaute ihn verärgert an: „Ich bin Marschall der Truppen Geismars!“

An den Soldaten gerichtet, sprach er: „Gut, wir reisen ab!“

Hadrumir schaute ungläubig. „Ich sagte, sie ist mein Gast!“

Ludorand wandte sich ihm zu: „Keine Angst! Du kannst die Zofe und die Tochter hier behalten!“

„Ihr nehmt Sie nicht mit?“

„Für sie besteht kein Verwendungszweck.“ Mit diesen Worten wandte sich Ludorand an den Kutscher: „Abfahrt!“

„Befehl zurück!“ bellte Hadrumir dazwischen. Er hatte seinen Anderthalbhänder gezogen.

Ludorand wandte sich ihm zu. „Was wagst Du es, meinen Soldaten Befehle zu erteilen?“

Hadrumir kam bedrohlich nahe und verpasste seinem Vetter eine Gerade. Ludorand taumelte zurück. Wütend zog er sein Schwert.

Mit einem schnellen Hieb wollte Ludorand Hadrumir in die Enge treiben. Doch Hadrumir hatte diesen Hieb kommen sehen. Gekonnt wischte er ihn beiseite und begann seinerseits mit einem Ausfall. Er trieb Ludorand nun vor sich her und ließ einen gefährlichen Hieb auf den nächsten folgen. Hadrumir spürte, dass sich Ludorand nicht sicher war, ob er ihn mit aller Härte angreifen sollte. Hadrumir kannte diesen Skrupel nicht und ging blitzschnell weiter vor. Schon nach kurzer Zeit traf er das Handgelenk Ludorands. Klirrend landete Ludorands Schwert auf dem Hof und er stürzte hinterher.

Hadrumir wandte sich an die Soldaten: „Ich sagte: Sie ist mein Gast und sie bleibt hier! Auf meiner Burg! Will sich noch jemand dagegen auflehnen?“ Mürrisch schauten sich die Soldaten an. „Wer mit meinem Handeln nicht einverstanden ist, kann gehen! Wer sich mir anschließen will, soll hier bleiben!“

Ludorand erhob sich langsam. Voller Verachtung sprach er: „Das wird dein letzter Fehler sein!“

Hadrumir schaute ihn ebenfalls verachtungsvoll an: „Mag sein, mag nicht sein! Du kannst gehen!“ Damit begab er sich zur Kutsche und öffnete die Tür. „Aussteigen!“ befahl er.