Geschichten:Rabenschar - Der Morgen Danach
Stadtviertel Mondwacht, Reichsstadt Perricum, Ende Phex 1044 BF
In Dara hatte sich seit den gestrigen Geschehnissen ein gewisses Unwohlsein breit gemacht. Immer wieder hatte sie versucht, diese schicksalhafte Nacht sich in Erinnerung zu rufen. Doch es war wie ein Nebel, der plötzlich aufgezogen war und die Sicht vor einem blockierte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal so tief ins Glas geschaut gehabt hatte, um eine vergleichbar vernebelte Erinnerung zu haben.
Dem zum Trotz hatte sich auch Dankbarkeit in ihr breit gemacht, Dankbarkeit, dass Salix ihr beigestanden hatte. Dankbarkeit – und dies beschämte sie etwas - dass Bärfried nicht an Salix Platz saß. Er hätte die Wache gerufen, hätte versucht, alles zu erklären und aufzuklären, hätte den korrekten und offiziellen Weg gewählt. Doch Dara war sich sicher, dass sie erstmal in einer Zelle säße. Zwar hätte Bärfried sie besucht und versucht ihr Mut zu machen, aber sie wäre dennoch erstmal hinter Gittern gelandet. Kein Ort, wo sich die stellvertretende Flottillenkommandantin wiederfinden wollte oder sollte.
Ganz anders als jetzt. Salix hatte ihr an dem Morgen gesagt, sie solle in den Kriegshafen gehen, sicherstellen, dass nicht zu viele – besser keine – Augen ihre Verspätung bemerkten und dann mittags dafür Sorge tragen, dass man sie sah. Er selbst würde im Zimmer bleiben und sich um alles kümmern. Sie bräuchte sich keine weiteren Gedanken über diesen Zwischenfall zu machen.
Dara blickte von ihrem Teller auf und schaute Salix, der sich mit grüblerischer Miene in seinem Stuhl zurückgelehnt hatte, entgegen. „Ich hätte dich da nicht mitreinziehen dürfen, es tut mir leid“, murmelte sie vor sich her und setzte ein sorgenvolles Gesicht auf. Ihr Bruder blickte kurz verwirrt zu ihr, schüttelte dann den Kopf. „Was? Ach so. Nein, nein, das ist es nicht. Mir bereiten andere Dinge mehr Kopfzerbrechen, mach´ dir deswegen keine Sorgen“.
Die junge Frau legte ihren Kopf etwas zur Seite, „was treibt dich dann um?“. Salix winkte mit einem Lächeln ab, Dara schüttelte jedoch entschieden den Kopf, „wenn es etwas gibt, das dich belastet, will ich dir helfen! Also um was geht es?“.
Ihr Bruder griff sich das Weinglas und nippte daran. „Die Familie Firunslicht hat unserer Familie ein Bündnis vorgeschlagen. Nicht irgendeines, sondern tatsächlich einen Hochzeitsbund. An sich eine große Ehre, wenn man bedenkt, welchen Einfluss diese Familie in der Markgrafschaft hat. Doch ich werde ablehnen müssen, die Familie Hardenstatt ist nicht für ihre politischen Hochzeiten bekannt, Vater würde so etwas niemals erzwingen oder darauf bestehen.“, er seufzte kurz. „Das wird die Familie Firunslicht verprellen, im besten Fall. Über den schlimmsten will ich mir gar nicht erst Gedanken machen; ich werde versuchen müssen, den Schaden gering zu halten“.
Nachdenklich hatte sich der Adlige auf seinen Arm abgestützt und gegen Ende seiner Ausführungen eher zu sich selbst als zu Dara gesprochen. Dennoch hatte diese alles gehört und auch verstanden. Einen solchen Bund konnte man nicht einfach ausschlagen, vor allem wenn er von einer so einflussreichen Familie offeriert wurde kam. Kurz rang sie innerlich mit sich selbst, schaffte es dann jedoch sich zu überwinden. „Lass´ mich dir helfen. Ich… Ich kann dir helfen!“. Sie glaubte selbst nicht, was sie da gerade von sich gegeben hatte. All die Götterläufe hatte sie sich gegen die Hochzeitspläne ihres Vaters gewehrt. Etwa für diesen Moment? Bitterkeit stieg in ihr auf.
Der Edle zu Zackenberg lächelte schwach und hob abwehrend die Hände. „Nein, das ist lieb von dir, aber es wäre zu viel verlangt. Wir konnten alle unsere Partner frei wählen, da sollst du nicht diejenige sein, welche diese Tradition brechen muss“. Stellte er mit einem fast schon resignierenden Tonfall fest.
Seine Schwester jedoch schüttelte entschieden den Kopf. „Nein! Ich bestehe darauf, es ist mein Wille!“. Entschlossenheit blitzte in ihren Augen, welche ihren Bruder sichtlich überraschte und verblüfft zu ihr schauen ließ.
Der unbekannte Mann war mitnichten ein Abkömmling der reichen Oberschicht Perricums. Tatsächlich handelte es sich bei ihm um einen einfachen Fischer aus dem Viertel Darpatstieg. Auch starb er nicht im Bett von Dara sondern war schon seit zwei Tagen tot. Wahrscheinlich brachte ihn eine Überdosis Kristallomanten-Met um. Im Lauf des schicksalhaften Abends gesellten sich zwei unscheinbare Männer zu der Gruppe, den leblosen Körper des Unbekannten im Schlepptau. Als sich die Gruppe dann auflöste brachte man Dara und den Mann in ein gemeinsames Zimmer. Nur durch diesen Trick konnte Salix seine Schwester in den Ehebund (welcher am 25. Peraine im kleinen Kreis geschlossen wurde) mit Ortan von Firunslicht zwingen, ohne dass diese etwas merken würde.
◅ | Ein Bund fürs Leben nicht für die Liebe |
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Die Ablösung | ▻ |
◅ | Ein Bund fürs Leben nicht für die Liebe |
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(Selbst-)Zufriedenheit | ▻ |
◅ | Eine unvergessliche Nacht |
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Schlechtes Omen | ▻ |