Geschichten:Rabenschar - Des Markgrafen Getreue
Gut Marschenhof, 13. Rondra 1044 BF
Haldan von Zackenberg beäugte das Treiben hier auf Gut Marschenhof mit einer gewissen Neugier. Denn es waren in den letzten Tagen sowohl Reiter als auch Kutschen angekommen, die sich von den normalerweise hier anwesenden Gästen erheblich unterschieden. Aus allen Teilen der Mark waren Vertreter adliger Familien angereist und hatten sich hier eingefunden. Unter ihnen vertraute Gesichter wie die Landvögte von Arvepass und Knoppsberg sowie die Baronin von Gluckenhang.
Doch auch Samaria von Efferdsand, ihres Zeichens Oberhaupt der markgrafentreuen Familie Efferdsand, war gekommen. Zu guter Letzt waren sowohl eine Kutsche als auch eine Handvoll Reiter erschienen. Die Reiter wurden von Timshal, dem Sohn des amtierenden Heermeisters, angeführt und aus der Kutsche war ein weiterer Mann ausgestiegen, der dem Geweihten als Salix von Hardenstatt vorgestellt wurde, ein Mann, den man seit geraumer Zeit immer öfters im Dunstkreis seiner Familie sah und dessen eigene Familie aus der gleichnamigen Baronie kam.
Maia von Perricum, die Gastgeberin, hatte sich noch nicht gezeigt und Haldan wusste auch, dass sich dies erst zum offiziellen Empfang ändern würde, denn auch wenn es die Landvögtin gewesen war, die die Einladungen unterschrieben hatte, so war der Text doch aus jemandes anderen Feder gekommen. Der Peraine-Geweihte konnte dabei nur spekulieren, wer die wahre treibende Kraft hinter dieser Versammlung war. Er selbst vermutete Rondira von Sturmfels gemeinsam mit dem ihr nahestehenden Aldron von Firunslicht.
Timshal von Zackenberg schlenderte durch den Arkadengang, mit seinen marmornen Säulen, welche von weißen Rosen umschlungen wurden und sich im Deckenstuck verloren. Das Klima hier war definitiv weniger drückend als das in Mantikorszahn aber immer noch weit davon entfernt als angenehm zu gelten. In einem Erker, einige Schritt vor ihm standen die Landvögte von Arvepass und Knoppsberg im Gespräch, mit Baronin Rondira von Sturmfels, vertieft.
„Eure Hochgeboren!“, rief der Erbe Zackenbergs und deutete eine Verbeugung an, welche von den drei Hochadligen erwidert wurde.
„Welch schöne Überraschung Euch hier zu sehen, Ihr seid ebenfalls der Einladung von Maia von Perricum gefolgt?“, wollte Leomir von Bügenhobel von dem Dazustoßenden erfahren. Dieser lächelte, „welch andere Dinge würden mich sonst hierherbringen? Immerhin scheinen sich die Familien hier versammelt zu haben, die dem Markgrafen am meisten zu verdanken haben“, vielsagend blickte er in Richtung Rondira und Aldron.
„Ah, Ihr meint der Markgraf sammelt hier durch seine Halbschwester seine engsten Verbündeten? Aber wo ist dann der Seneschall?“, bohrte der Knoppsberger nach.
„Nicht unbedingt der Markgraf, doch ob Maia hier eigenständig tätig wurde scheint mir doch etwas… weit hergeholt“, konstatierte der Rittmeister der Grenzreiter.
Der Firunslichter rümpfte die Nase, „lassen wir uns überraschen aus welchem Ansinnen wir uns hier eingefunden haben. Die Landvögtin wird uns schon erhellen und wer weiß, vielleicht ist der Seneschall ja bereits hier, ohne dass wir davon wissen“.
„Euer Wohlgeboren! Welch Freude Euch hier zu sehen“, Salix von Hardenstatt verbeugte sich, der Etikette entsprechend, vor der Junkerin zu Mühlengrund, welche auf einer steinernen Bank voller Verzierungen in Blumenform saß und dem mehrstöckigen Springbrunnen dabei zusah, wie er aus seinen filigranen Delphinfigürchen kleine Wasserstrahlen in das flache, steinerne Becken goss und dabei die nähere Umgebung mit einem angenehm kühlenden Sprühnebel beschenkte.
Leicht in Gedankenversunken schüttelte sich das Oberhaupt der Familie Efferdsand zurück in die Gegenwart, „ah, Herr von Hardenstatt, entschuldigt ich habe Euch gar nicht kommen hören“.
Dieser winkte knapp ab und gesellte sich zu der Junkerin, „ein wahres Kunstwerk, dieser Brunnen“, stellte der Adlige fest und schaute zufrieden lächelnd ebenfalls dem Wasserspiel zu.
Die Junkerin musterte ihren Gesprächspartner, der sie beim Sinnieren gestört hatte, knapp, „wenn Ihr schon hier seid, könnt Ihr mir verraten was genau uns erwartet? Die Einladung war nun doch etwas sparsam mit Informationen“, wollte sie nun mit einem lauernden Unterton von ihrem Gegenüber erfahren.
Dieser kratzte sich am Kinn, „ich denke es wird irgendwas mit den Vorkommnissen der letzten Zeit zu tun haben. Immerhin hat der Markgraf in einigen Wochen geladen, um sowohl eine große Heerschau während des Schwertfestes abzuhalten als auch um gemeinsam das Lichterfest zu begehen“.
„Hm, vermutlich. Doch weshalb wurden WIR hier hergerufen, noch dazu von der Landvögtin?“, murmelte die Junkerin eher zu sich und ließ dann ihren Blick über die ausladende Gartenlandschaft schweifen. Blumen in allen Farben des Regenbogens schienen hier um die Wette zu blühen und saftig grüne Palmgewächse boten ausreichend schattige Plätzchen, die zum Verweilen einluden.
Hier und dort waren Gärtnerinnen und Knechte dabei den Garten zu pflegen und dank der angenehmen Klänge der Musikanten schien ihnen die Arbeit weitaus leichter von der Hand zu gehen.
Dieser Hof hatte so gar nichts mit den Höfen gleich, an denen Salix in seinem kurzen Leben verweilen durfte. Wo normalerweise Gruppen von Höflingen und Edeldamen sich gegenseitig belauerten und versuchten sich auszustechen, herrschte hier augenscheinlich Ruhe und Frieden.
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