Geschichten:Recht und Ehre - Audienzen auf der Praiosburg
Von Nervösität eingenommen, wartete die junge Baronin im Rittersaal auf ihren neuen Knappen. So wie es Graf Luidor von Hartsteen bei seiner Krönungszeremonie bestimmte sollte ein jeder, dem er ein Ritteramt an seinem Hofe zuwies, sich um die Ausbildung des jungen Grafensohns kümmern.
Iralda, seit Praios 1036 BF nicht nur Baronin zu Bärenau, sondern auch Hofchronistin der Grafschaft wurde die Ehre zu Teil, den ersten Teil der Ausbildung des Knappen zu begleiten.
In Begleitung des Truchsess von Burg Oberhartsteen Retodan von Hartwalden-Hartsteen, der sich die Ausbildung mit der Baronin teilen sollte, und bewacht von der Leibwache des Grafen trat Odilbert Rondrasil von Hartsteen den Raum. Um erste Erfahrungen im Wettstreit mit Gleichaltrigen zu sammeln, würde der Junge am Knappenturnier teilnehmen.
Iralda begrüßte den Jungen mit dem weißblondem Haar und den eisgrauen Augen standesgemäß. Der Knabe, gerade vierzehn Götterläufe alt, machte einen aufgeweckten und intelligenten Eindruck, gepaart mit einer jugendlichen Verspieltheit und der durchaus vorhandenen Arroganz, die sein Stand mit sich brachte.
Die Baronin wählte ihre Worte weise und beide vertieften sich in eine für beide Seiten interessante Konversation. Aufgelockert wurde das Gespräch durch einen Praiograder Hütehund, an dem der junge Grafensohn Gefallen gefunden hatte.
Um ihm die erste Eingewöhnung zu erleichtern stellte sie den Hund, ein Geschenk aus Raulsfeld, unter die Obhut des Jungen.
Dieser wies die Diener standesgemäß an, ihn zu seinen Gemächern zu führen. Die Reise hatte ihn ermüdet.
Der Junge hatte gerade den Raum verlassen, da betrat ihr Großvater Gobrom zu Stippwitz in Begleitung des Bärenauer Stadtvogtes Roban Albertin zu Stippwitz, gleichfalls auch Iraldas Berater, den Raum.
Herzlich beglückwünschte der Koscher seine Enkelin, um dennoch das Thema in andere Bahnen zu lenken. Er erinnerte die Baronin daran nicht zu vergessen, ihren Darlehnensverpflichtungen nachzukommen. Familie hin oder her, machte bei den Rückzahlungen keinen Unterschied.
Iralda war sich dessen bewusst, auch wenn die Zahlungen den Wiederaufbau behinderten. Die Darlehenssumme war groß und dennoch der Zinssatz moderat- in diesem Fall war Blut doch dicker als Wasser und dem alten Gobrom war es ein Bedürfnis seiner Enkelin unter die Arme zu greifen.
So ließ er es sich auch nicht nehmen Iralda ein Belehungsgeschenk zu überreichen - ein Kästchen gefüllt mit Pergamenten. Iralda blätterte diese hindurch - Schuldscheine ihrer Vasallen. Wie Roban anmerkte, könnte soetwas immer ganz nützlich sein - ein Argument in der Hinterhand. Das Gesicht der beiden Koscher wurde von einem phexischen Grinsen umhülllt.
Iralda mochte diese Art von Politik nicht, es war die selbe Art mit der ihr Schwiegervater spielte. Sie verwarf gerade den Gedanken, als der Reichsvogt den Saal betrat. Dieses nutzte ihr Großvater ebenjenen zu verlassen.
Leobrecht von Ochs trat vor seine Schwiegertochter und erinnerte sie an die Abmachung, die diese einst mit seiner Schwester Giselda getroffen hatte. Die Kostenintensität für das Haus Ochs wollte er nicht leugnen, dennoch war es ihm ein wichtiges Anliegen die Abmachungen seiner Schwester einzuhalten.
Er überreichte ihr die Darlehensvereinbarung mit dem Hause Ochs. Durch die Belehnung war eine Rückzahlung hinfällig. Mit einem zustimmenden Nicken ermutigte er Iralda, die das Schreiben in ingerimmgefällige Flammen übergab.
Die ersten Schritte auf dem politischen und diplomatischen Parkett hatte sie bewältigt.