Geschichten:Rotes Haar – Die Alte Dame

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Baronie Schwarztannen, Burg Scharfenstein, 18. Efferd 1043

„Ein Reiter nähert sich eilig Scharfenstein aus Richtung Schwarztannen“, meldet ein Gardist.

Yolande von Raukenfels blickte ihn vielsagend an und seufzte: „Sehr wahrscheinlich ein Botenreiter, nicht wahr?“

„Welcher Botenreiter wird von zwei freilaufenden Ponys begleitet?“

„Zwei freilaufende Ponys?“, wiederholte sie irritiert.

„Ja!“, bestätigte er, „Zwei freilaufende Ponys! Zottelige, weiße Biester. So was habe ich noch nie gesehen. Vielleicht Zwergenponys...“

„Zwei weiße freilaufende Ponys“, überlegte die Vögtin, „Und das Pferd des Reiters?“

Nun winkte der Gardist ab: „Sieht mir nach einer alten Mähre aus. Welcher Botenreiter reitet auf einem klapperdürren alten Ga... ?“

„Nella!“, entfuhr es ihr schlussendlich entschieden, „Es ist Nella! Lasst sie ein. Öffnet die Tore. Lasst sie passieren!“

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Vor ihr öffnete sich das erste Tor und auch das zweite öffnete sich ganz ohne ihr Zutun. So ritt sie bis in die Hauptburg hindurch und die Alte Dame blieb erst stehen als...

Nella!“, rief eine ihr wohlbekannte Stimme, „Nella!“

„Frau von Raukenfels“, erwiderte das Mädchen da erstickt und sofort begannen Tränen über ihr Gesicht zu laufen.

Yolande eilte auf die Reiterin zu. Die Hunde begrüßten sie stürmisch, ließen sie nach ein paar ausgiebigen Streicheleinheiten passieren, während sie die anderen auf Distanz hielten. Als sie dann endlich neben der Alten Dame zum Stehen kam und zu Nella hinaufblickte, durchlief ein Zittern das Pferd, dann gaben zuerst die Hinterbein nach, kurz darauf folgten die Vorderbeine. Da wusste Yolande bereits, dass das Tier nie wieder aufstehen würde...

Voller Verzweiflung blickte Nella sie an. Ungläubig. Ihre kastanienbraunen Augen nicht nur voller Tränen, sondern auch voller Entsetzen und Fassungslosigkeit. Und so voller Angst. Schreckliche Angst.

Die Raukenfelserin half ihr von der Alten Dame. Erst da bemerkte sie, dass das Mädchen ein Kind auf ihre Brust geschnürt trug. Mit einer Hand hielt Nella das Köpfchen ihres Brüderchens fest und schaute Yolande weinend an.

„Nella“, hob die Vögtin sanft an, „Die Zeit der Alten Dame ist gekommen.“

Da schrie das Mädchen vor Schmerz und Verzweiflung auf und warf sich schützend über den Hals ihres Pferd. Es war ein Schrei, der Yolande nicht nur durch Mark und Bein drang, sondern ihr auch die Tränen in die Augen trieb. Und nicht genug damit: Ihre Hunde fielen mit ihr ein. Ihr herzzerreißendes Heulen erfüllte Scharfenstein. Dann wurde es still. Unerträglich still. Leichter Nieselregen setzte ein. Die Hunde kamen an Nellas Seite. Stupsten sie an, versuchten sich an sie zu schmiegen und ihr damit Halt zu geben. Sie fiepten leise. Verunsichert. Ängstlich.

Yolande schluckte und strich dem Mädchen sanft durch ihr leicht feuchtes Haar: „Manchmal ist das einzige, was wir für unsere geliebten Pferde tun können, sie von ihrem Leid zu erlösen...“

Da hob Nella ihren Kopf und schaute Yolande mit ihren kastanienbraunen Augen lange an. Noch immer weinte sie. Der Regen wurde stärker, vermischte sich mit ihren Tränen. Dann nickte sie langsam. Ganz langsam.

Die Alte Dame schnaubte ein letztes Mal. Erschöpft. Müde. Nella schmiegte sich an ihren Hals, mit der einen Hand umfasste sie ihn, die andere Hand lag noch immer am Köpfchen ihres Bruders. Ihr Blick lag auf Yolande. Der Regen verschlimmerte sich noch einmal.

„Rahja“, wisperte Yolande leise, „Bitte verzeih mir...“


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18. Eff 1044 BF am Abend
Die Alte Dame
Rivalen


Kapitel 8

Rotes Haar
Autor: Orknase