Geschichten:Saat und Ernte - Ein weiteres Versprechen

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Markt Rubreth, Praios 1020 BF, in der Marktstube der Zunftmeisterin

»Und nun«, hob Graf Danos nach einer kurzen Pause erneut an, »sprich weiter, Vetter. Du hattest um zwei Versprechen gebeten.«

»Es ist so, Danos. Seit Jahren verfolge ich das Leben eines Mädchens …«

»Du?«

»Ja, ich. Mittlerweile ist sie eine junge Frau. Ich traf sie das erste Mal, als sie noch junge Novizin in Luring gewesen ist. Ich war gerade zum Lichthüter bestimmt worden, als ich ihr die Beichte abnahm. Sie hatte damals einen schlimmen, wieder kehrenden Traum, der schicksalsschwanger war: Diese junge Novizin prophezeite den Sturm der Orken auf Greifenfurt und Gareth - undeutlich nur in Träumen und Visionen, aber es war klar, dass der Götterfürst zu ihr sprach und ihr die Zukunft mitteilte. Vetter, ich habe von ihr manchen Orakelspruch gehört, der sich bewahrheitete. Ich ließ ihren Geist und ihren Glauben von Vater Manegold schulden, auf dass sie reines Herzensbliebe.«

»Du hast sie nicht selbst geschult, Praiodan? Das sieht dir nicht ähnlich.«

»Ich …«, sollte es jemals geschehen sein, dass Praiodan von Luring rot anlief, dann geschah es in diesem Augenblick. »Ich … war das Ziel ihrer jugendlichen Schwärmerei. Und musste sie vor sich selbst schützen.«

»Und dich.«

»Und mich.«

»Was ist mit ihr?«

»Sie hat erneut prophetische Träume. Einer davon ist derselbe: Schwarze Massen strömen auf eine Stadt zu und vernichten sie. Früher haben wir die Deutung des Traumes mit dem Orkensturm verbunden. Doch der ist vorüber - und dennoch träumt Halva diesen Traum. Darüber hinaus sieht sie Bedrohungen auf uns zukommen, die mich erschrecken. Ich stähle mein Herz und meinen Geist, um diese Zeiten bestehen zu können. Seitdem vor drei Wochen Mendena und Ilsur gefallen sind, plagen Halva die schlimmsten Träume. Sie sieht eine schwere Zeit der Prüfungen gekommen - für uns alle. Wenn Vater Manegold und die anderen Recht haben mit ihren Deutungen, dann schwebt unsere Ordnung in großer Gefahr. Und unser König hat ein Schicksal, das schwerer wiegt, als Menschen tragen können.«

»Mit den Answinisten werden die Tobrier schon fertig, Praiodan«, wiegelte Graf Danos ab.

»Das glaube ich nicht. Ich glaube, dass etwas Schreckliches auf uns zukommt, dem wir uns nur stellen können, wenn wir unser Schicksal nicht akzeptieren, sondern unser Glück selbst in die Hand nehmen. Wenn wir dabei lauter und klar in der Seele bleiben und keinen Deut abweichen von den Wegen der Götter.«

Der Geweihte hatte erneut Eifer und Tatendrang in der Stimme, die Hand zur Faust geballt.

»Das klingt gewaltig, Praiodan. Mögest du unrecht haben in diesen düsteren Visionen. Aber sag: Welches ist das Versprechen, das ich dir geben soll?«

»Vetter Danos, ich weiß, dass die kommenden Krisen und Prüfungen für uns schwere Schicksale bereit halten. Ich fürchte, dass wir nicht alle heil aus dieser Zeit herauskommen werden: weder das Reich noch der König noch du oder ich - noch Reichsforst. Vetter: ich beschwöre dich: Versprich mir, dass unsere Familie - deine und meine Familie - stets auf dem Pfad der zwölfgöttlichen Tugend wandeln werden und dass du alles tun wirst, um das jahrhundertealte Haus Luring beschützen und ihm seine Herrschaft zu bewahren!« Praiodan flehte fast, als er diese Bitte leidenschaftlich aussprach.

»Das verspreche ich, Praiodan, bei allem, was mir heilig ist, beim Andenken an meinen Vater, beim Blute unserer Ahnen und beim Augenlicht meiner Kinder! Diese Bitte ist nicht zu groß, denn dieses Versprechen habe ich bereits gegeben und hiermit gern erneuert.« Graf Danos hatte erneut die Hand seines Vetters ergriffen.

»Danos, du begreifst noch nicht, was auf uns zukommt. Ich begreife es selbst nicht. Aber eines ist gewiss: Es werden Stunden und Augenblicke kommen, da Du in Versuchung geraten wirst, diesen Schwur zu brechen. Dann erinnere dich an dieses Versprechen in der Marktstube von Rubreth!«