Geschichten:Schäumende Wasser - Die Kommandantin und der König
28. Rondra Darpatauen irgendwo zwischen Rabicum und der Reichsstadt
Das leichte Säuseln des Flusses hatte den Geist der Kommandantin schon seit einigen Minuten vereinnahmt. Was für ein Auge, dass mit diesem Anblick weniger vertraut ist, normal wirken würde, strebte der Strom in Richtung Rahja. Nur Yanda erkannte wie aufgewühlt die Fluten wirklich waren. Sie wirkten fast wie im TSA, wenn der Schnee von den Zacken und vom Wall schmilzt und Richtung Tal drängt.
“Ich dachte wir waren uns einig uns zukünftig aus dem Weg zu gehen, Kapitänin.”
Yanda schreckte herum und suchte die Böschung nach der Quelle der Stimme ab.
Wer es war, wusste sie schon nach den ersten Worten.
Dieser herablassende Tonfall konnte nur dem Schmugglerkönig gehören.
“Diesmal seid Ihr wirklich alleine zu unserem Treffen gekommen.”
Mit diesen Worten schälte sich der mit einem luftigen türkisgrünen Gewand bekleidete Efferd-Geweihte aus dem Gebüsch.
Der Schnitt und die Zusammenstellung seiner Kleidung hatte starke nebachotische Züge, nur sein Rundes garetisches Gesicht wollte nicht in dieses Bild passen.
“Woher wollt Ihr das wissen? Vielleicht habe ich ihnen nur befohlen sich zu verstecken, bis die Zeit reif ist.”, Yanda versuchte die lässige Hochnäsigkeit Ludrians zu spiegeln, was ihr aber nicht glaubwürdig gelingen wollte.
“Ich habe Euch bereits beim Eintreffen beobachten lassen und zwischen meinen Frauen und Männern wäre ohnehin nicht mehr viel Platz im Gebüsch.”, ein Augenzwinkern quittierte seine ernst klingende Antwort.
Die ohne ihre Uniform angereiste Kommandantin konnte es sich nicht verkneifen das Gebüsch am anderen Ufer des Darpat abzusuchen.
Das Letzte was sie hier gebrauchen konnte waren zu neugierige Ohren.
“Nun, was ist? Kommt zum Punkt. Wir sind keine Freunde, eher das genaue Gegenteil und ich habe mich hier nicht auf ein Schwätzchen mit Euch verabredet.”
Yandas Aufmerksamkeit war nun wieder ganz von Ludrian vereinnahmt.
“Ihr habt Recht, Euer Gnaden. Auch ich möchte mich nicht länger als nötig hier aufhalten. Die Geschehnisse am Darpat in der letzten Zeit sind Euch sicher nicht entgangen. Es gab bereits einmal solche Vorfälle... zumindest Vorfälle in dieser Art.
Sagt euch: Das Ungeheuer vom Darpat noch etwas?”
Die Mundwinkel des Efferd-Geweihten zogen sich unmerklich nach oben, als Yanda die Vorfälle erwähnte, die ihn zu dem gemacht haben, was er heute ist. Bis auf ein leichtes Nicken blieb er allerdings stumm.
“Ihr seid vielleicht mein Feind, aber Ihr seid kein Feind des Herrn Efferds und auch kein Feind des Darpats. Er ist Eure Einnahmequelle und der Pfeiler Eurer Stellung in der Markgrafschaft. Es gibt in ganz Aventurien nur eine Person, die den Darpat so gut kennt wie ich. Und das seid Ihr.
Helft mir zu verstehen, was mit meinem Darpat los ist. Oder seid Ihr und Euer Gesindel etwa dafür verantwortlich?”, ein lauerndes Knurren mischte sich in den letzten Satz ihrer Ansprache.
Ludrian schritt gemächlich eine Armeslänge an Yanda vorbei, zum sandig braunen Ufer an dem die Wellen in regelmäßigen Abständen nippten.
“Ich will ehrlich mit Euch sein, Kapitänin.”, in seiner Stimme schwang jetzt etwas Besorgnis mit, “Ich bin ein einfacher Mann. Ich mag es wenn man mir schmeichelt. Also erhaltet Ihr diese eine Information von mir umsonst:
Ich habe diesmal nichts mit diesen Vorfällen zu tun.”
Bei den letzte Worten drehte er der plätschernden Strömung den Rücken zu und blickte zu Yanda.
“Wer ist dann dafür verantwortlich? Ist es wieder ein Reichsverräter? Müssen wir uns, Efferd hilf, wieder auf Krieg vorbereiten? Ich brauche Informationen, wenn ich unseren Darpat schützen soll. Sagt mir was ihr wisst!”
Die erste Information war zwar aufschlussreich, doch bestätigte sie nur, was die Kommandantin ohnehin bereits vermutet hatte. Die Vorfälle waren zu.. skurril um in ihrer Gesamtheit von Schmugglern erdacht zu sein.
“Nicht so stürmisch, Kapitänin. Ich habe bereits gesagt, dass lediglich die erste Information umsonst war. Von nun an ist es ein Tausch. Ihr gebt mir etwas und ich gebe Euch etwas.”
Yanda riss den Mund auf.
“Na na na... fangt jetzt nicht das protestieren an. Hätte ich vor Euch und Eurer Art nicht so viel Respekt wäre ich hier nicht einmal erschienen. Ihr kennt mich doch nun schon eine Weile.”
“Gut, dann wollen wir es wieder mit dem Herrn Phex halten, wie ich sehe. Ich kann Euch anbieten…”
Yanda überlegte kurz.
Ihr gingen einige Gedanken durch den Kopf.
Sie kannte viele Möglichkeiten ihren Einfluss an hoher Stelle auszuspielen und zu Ludrians Gunsten einzusetzen.
Doch würde dies auch gegen Ihre innerste Überzeugung verstoßen. Diese Art von Komplizentum mit Verbrechern und Schmugglern war der Grund warum sie sich überhaupt von ihrem Vater abgewendet hatte.
Es musste eine subtilere Lösung geben.
“Ich kann Euch für die Dauer dieser Krise zum offiziellen Efferd-Geweihten-Berater der Sonderflottille machen. Somit wären wir dann so etwas wie Verbündete… auf Zeit… und nur nominell...”
Ludrians Augenbrauen zogen sich zusammen. Der Gedanke schien ihm nicht zuzusagen. Das klang mehr nach Arbeit, als nach einem Handel.
“Am 05. Efferd ist eine Zusammenkunft der Bruderschaft von Wind und Wogen angesetzt. Das bedeutet, dass Ihr Zugang zu den höchsten Kreisen der Perricumer Efferd-Kirche erhaltet. Ihr könnt dort den Bewahrer von Wind und Wogen kennenlernen, die Arbeitsweise der Efferd-Kirche studieren und erhaltet, je nachdem wie Ihr Euch dort anstellt Zugang zu allen wichtigen Dokumenten bezüglich der Schifffahrt und den Kontrollen auf dem Darpat.
Eine Möglichkeit euren Ruf zu bessern, Eure Position zu heben, die aktuellsten Informationen über alle Entwicklungen am Darpat zu bekommen... oder eben einfach nur das zu tun, was Ihr am besten könnt.”, resigniert wartete Yanda Ludrians Antwort auf ihr moralisch fragwürdiges Angebot ab.
Still wägte dieser die Möglichkeiten ab, bevor er zu sprechen begann.
“Ich nehme die Beförderung zum offiziellen Efferd-Geweihten der Sonderflottille an, meine Kommandantin.”
Der Satz strotzte nur so vor Hohn. Dann wurde der Geweihte etwas ernster.
“Und Ihr erhaltet dafür etwas von mir im Gegenzug. Das was mit unserem Darpat passiert, ist nicht profaner Natur. Ich kann noch nicht genau sagen was es ist, aber es strebt gegen die göttergewollte Strömung. Der Vater des Fluten bäumt sich auf. Er lässt das Wasser schäumen, die Ufer übertreten. Er versucht es abzuschütteln, es auszuspülen, aber es sitzt tief in seinen Gedärmen, wie eine Krankheit.
Von Schlund bis zur Mündung hat es ihn befallen wie Seepocken und seine Kräfte schwinden schnell. Ich spüre es im Wasser.”
“Könnt Ihr ihn nicht befragen? Den Darpat? Ich habe dies schon einmal in den Korallengärten gesehen. Dort hat Hochwürden von Tyllis einmal eine Vision.. oder Prophezeiung in den Wogen des Darpats gesehen.”, beflügelt von den neuen Möglichkeiten schäumte Yanda fast über.
“Das ist keine leichte Aufgabe die Ihr hier verlangt. Dafür brauche ich Ruhe und Zeit...
Und natürlich noch etwas von Euch als Gegenleistung.
Wie wäre es hiermit:
Zur Zusammenkunft am 05. Efferd will ich Euch die Ergebnisse meiner Visionssuche mitteilen. Im Gegenzug nutzt Ihr Euren neu geplanten Stützpunkt in Wasserburg vornehmlich für die Ausbildung der Kadetten.”, Ludrian rieb sich die Hände behielt jedoch seine ernste Miene.
Eine unangenehm lange Sprechpause folgte auf dieses Angebot. Mit der Hand an der Stirn ging nun auch die Kapitänin ans Darpatufer und stellte sich direkt neben den Geweihten.
“Ich werde die Patrouillen gegen Schmuggler in Wasserburg nicht verstärken und mich dort nur auf die Ausbildung konzentrieren. Doch müsst ihr mir hier, beim Herrn Efferd versprechen, dass Ihr, solang diese Krise andauert alle Schmuggelei ruhen lassen werdet und Euch mit vollem Einsatz unserer Sache verschreibt.”
Sie drehte sich zu ihm und blickte ihm fest ins Gesicht.
“Ich glaube Ihr ahnt wie ernst es ist. Das hier können wir nur gemeinsam bekämpfen.”
Es war kein Hohn mehr in Ludrians Gesicht zu erkennen, als dieser nickte.
“Bei Efferd ich verspreche es.”
◅ | Bei den Reshminianern I. |
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