Geschichten:Schlacht bei Zwingstein - Marschallswahl auf Garetisch
Vierok, 20. Praios 1040 BF
Ritter Wulfhart war gelinde gesagt überrascht gewesen. Graf Ingramm vom Schlund, höchster Vertreter des garetischen Adels und vom Reichserzkanzler dazu bestimmt, die letzte Verteidigungslinie wider Haffax vor Gareth zu organisieren, hatte mit einer kurzen Ansprache die Verantwortung für dieses Unterfangen in die Hände des kurzfristig zusammengetrommelten Adels gelegt. Einen aus ihrer Mitte sollten sie küren, das letzte Aufgebot des Königreiches wider den Erzverräter anzuführen. Sicherlich waren viele der besten Heerführer mit der Kaiserin vor Mendena. Es gab aber tatsächlich den einen oder anderen geeigneten Kandidaten in den Reihen der Anwesenden.
Da war zum einen Tonur von Krähenklamm. Der ehemalige Meister der Mark, erfahren im jahrzehntelangen Abwehrkampf wider den Schwarzpelz, war mit dem Greifenfurter Aufgebot nach Vierok gekommen. Als Zweites war Baron Nimmgalf von Hirschfurten zu nennen. Der Oberst des Reichsforster Ritteraufgebots war mit Graf Danos’ sterblichen Überresten kurz zuvor aus den Schwarzen Landen heimgekehrt. Ein dritter Kandidat war der überraschend anwesende Heermeister des Kosch, Thorben von Hammerschlag, der zusammen mit dem Grafen von Ferdok eingetroffen war. Doch statt einfach einem dieser hoch dekorierten Recken das Kommando zu übertragen, sollten die Adligen, vom Baron bis zum einfachen Ritter, Graf Ingramm diese Wahl abnehmen.
Nicht, dass es dadurch einfacher wurde. Ganz im Gegenteil. Sich selbst überlassen, hoben die verschiedenen Grafschaften und Interessengruppen ihre eigenen Kandidaten aufs Schild, von denen Wulfhart teils noch nie gehört hatte. Barone, Junker, einfache Ritter, jeder der zu wissen glaubte welches Ende des Schwertes auf einen Gegner zu richten sei, schien sich auf einmal zum Marschall berufen zu fühlen. Nach längeren hitzigen Diskussionen hatten es schließlich fünf Kandidaten geschafft, sich jeweils eine annehmbare Schar von Unterstützern zu sichern.
Für die Mark Greifenfurt und den Garafanbund hatte sich Baron Anselm von Hundsgrab zur Wahl gestellt, nachdem Tonur von Krähenklamm mit Hinweis auf sein fast greises Alter auf eine Kandidatur verzichtet hatte. Der Hundsgraber wurde zudem noch von einigen Niederadligen aus Waldstein unterstützt, die selbst keinen namhaften Vertreter aufzubieten hatten und in guter Erinnerung von Auenwacht einen Greifenfurter Marschallskandidaten akzeptieren konnten. Die Koscher hatten wie erwartet ihren Heermeister ins Rennen geschickt, während die wenigen anwesenden Reichsforster und Hartsteener sich hinter Nimmgalf von Hirschfurten stellten. Da mit Nimmgalf ein Vertreter der Pfortenritter ins Rennen ging, ließen sich wenig überraschend auch die Pulethaner nicht lumpen und riefen Baron Malepartus von Helburg zu ihrem Favoriten aus. Angesichts solcher Namen war der Vorschlag der Schlunder dagegen wohl nur als Versuch zu verstehen, überhaupt einen Vertreter zur Wahl zu stellen, nachdem ihr Graf auf die Ehre verzichtet hatte, den Oberbefehl persönlich zu übernehmen. Der landlose und völlig unbekannte Ritter Praiosmar von Hinn konnte zu Beginn tatsächlich nicht nur die Schlunder Ritter, sondern auch diverse Perricumer Edle um sich scharen.
Diese fünf Kandidaten wurden vor den Schlunder Grafen bestellt und der anwesenden Schar der Adligen nach kurzer Vorstellung zur Wahl gestellt. Schnell stellte sich heraus, dass der Koscher Heermeister trotz bester Referenzen beim garetischen Adel nicht wohl gelítten wahr. Kaum einer wollte sich selbst und seine Truppen dem Befehl eines Auswärtigen anvertrauen, zumal böse Mutmaßungen darüber die Runde machten, warum der Hammerschlager als Heermeister nicht bei den Koscher Truppen vor Mendena stand, sondern daheim geblieben war. Nach einem kurzen Gespräch des Ferdoker Grafen mit seinem Schlunder Amtskollegen sammelten sich die Koscher Edlen zur Überraschung der anderen Kandidaten hinter Ritter Praiosmar. Von Kumpanei unter Zwergen darf hierbei durchaus ausgegangen werden. Auch Baron Nimmgalf musste rasch eingestehen, dass die wenigen anwesenden Reichsforster nicht genügen würden, um die Waagschale in seine Richtung ausschlagen zu lassen und trat alsbald von seiner Kandidatur zurück. Spätestens an diesem Punkt wurde die Wahl eine Farce aus persönlichen und politischen Animositäten. Die garetische Niederlage der bei der Marschallswahl zu Auenwacht hatten die Reichsforster anscheinen nicht verwunden und sie verschwendeten keinen Gedanken daran, eventuell den Greifenfurter Kandidaten zu unterstützen. Auf der anderen Seite wurden sie durch Baron Nimmgalf davon abgehalten sich den Pulethanern und Eslamsgrundern um Malepartus von Helburg anzuschließen. Also traten auch die Reichsforster geschlossen hinter den Ritter von Hinn, dessen Blick zu diesem Moment irgendwo zwischen Selbstbewusstsein, Stolz und Unglauben schwankte. Als nächstes schied nun der Helburger aus dem Rennen. Auch er äußerte sich strikt gegen einen weiteren Greifenfurter Marschall. Da sein wichtigster Konkurrent Nimmalf bereits ausgeschieden war, entschied auch Malepartus sich dazu, den Schlunder Ritter zu unterstützen, was Baron Anselm mit seinen wenigen getreuen Greifenfurtern und Waldsteinern recht einsam im weiten Rund stehen ließ. Mannhaft akzeptierte der Hundsgraber seine Niederlage und war sogleich der erste Gratulant beim neuen Garetischen Marschall Praiosmar von Hinn, der vom Ausgang der Wahl mindestens genauso überrascht wirkte wie alle anderen Anwesenden.
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Kam Hinn, sah und siegte | ▻ |
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Rätseln mit Poldoron Eslebon | ▻ |