Geschichten:Schmerzen und Glück - Ein neuer Anfang (1. Teil)
Der Baron hatte die Gäste gleich in die Kemenate bitten lassen, nachdem er von ihrer Ankunft erfahren hatte. Gewandet in teuren blauen Brokat mit goldenen Säumen und geschmückt mit einem Barrett, das seinerseits mit einer kecken Fasanenfeder geziert war. Einer seiner Bedienten reichte ihm eine Tasse heißen Kräutertees zur Entspannung. Denn auch Erlan von Zankenblatt zu Syrrenholt hatte Einiges erleben müssen dieser Tage. Erst vor wenigen Stunden hatte er eine ganze Reiterschwadron aussenden müssen, um einer Bedrohung durch marodierende Mietlinge Herr zu werden. Seine Base Kortruda von Zankenblatt würde sich dieses Problems annehmen – er würde für Ruhe und Ordnung in Syrrenholt sorgen.
Müssen.
Das Familienwappen der Zankenblatts – welches in seiner Pracht über dem dem Türbogen zur Kemenate hing. Darunter der Wahlspruch derer von Zankenblatt „venio ex virtus“ Erlan war stolz auf dieses Wappen, denn es verdeutlichte ihm immer wieder den Adel seiner Familie. Den Herrschern von Syrrenholt.
„Liebster ...“, raunte die sanfte Stimme seiner Gemahlin an sein Ohr. Erlan blickte auf und in den Gesicht seiner treusorgenden Ehefrau Trautmunde, die ihn aus besorgten Augen heraus ansah. Widerwillig musste Erlan lächeln.
„Mach dir keine Sorgen, ich bin wohlauf. Ich habe nur gegrübelt.“
Die Baronin von Syrrenholt nickte verständnisvoll. Und wunk dem Bediensteten, der in einer Ecke des Raumes wartete, mit einer eleganten höfischen Bewegung.
„Das habe ich bemerkt. Grüble nicht zuviel, du brauchst noch all deine Kraft.“
Es war der Baronin nicht anzusehen, denn sie bemühte sich um eine starke Ausstrahlung – doch im tiefen Inneren ihrer Seele da war sie ängstlich angesichts der drohenden Verheerung ihrer Heimat.
„Ich werde mich nun zurückziehen. Mir ist nicht sehr wohl, es ist zu warm."
Tatsächlich wirkte die Baronin ein wenig blass, obschon sie sich nach außen hin um Stärke bemühte. Erlan wollte seiner Gattin Linderung verschaffen, doch der alte Medicus, den die Baronin konsultiert hatte, hatte ihr Ruhe verschrieben. Einfache Ruhe. Und die würde sie bekommen. Sanft, geradezu zärtlich griff der Herrscher über Syrrenholt nach der geschmeidigen Hand seiner Angetrauten und streichelte über die zarte Haut.
„Geh, Liebste. Ruhe dich aus. Ich werde der Edlen von Syrrenmaar deine Grüße ausrichten.“
Die Baronin von Syrrenholt und Traviadane von Rothammer-Gorsingen hatten sich immer wunderbar verstanden und im Laufe der Jahre war zwischen den beiden Edeldamen eine zarte Freundschaft gewachsen. Leise zog sich die Baronin nun zurück und ließ ihren Gemahl nun allein in diesem großen Raum, der nur leicht gekühlt wurde durch ein Lüftchen, welches durch die Fenster blies. Der gerufene Diener stellte einen Kelch mit Wein vor seine Hochgeboren, ein kostbares Silbergefäß mit zarten Gravuren an der Außenseite. Erlan spielte nur mit dem Kelchrand, seine Finger glitten über die Gravuren, fühlten das kostbare Metall. Langsam glitt er wieder hinüber in seine eigene trübe düstere Gedankenwelt ...