Geschichten:Schwarz, Schwärzer, Schwarztannen – Die drei Klageweiber (Erster Teil)
Stadt Schwarztannen, 15. Rahja 1043
„Du weißt, was auf Dich zukommt?“, hob Scanlail zaghaft an.
Ailsa ließ sich in das heiße Wasser des Zubers gleiten und nickte. Die letzte Nacht hatten sie in Schwarztannen verbracht. Keine von ihnen hatte Schlaf gefunden. In die Dunkelheit der Nacht hatten sie hineingestarrt. Voller Gedanken, voller Zweifel und voller Angst.
„Wir hatten kein schlechtes Leben“, wisperte Ailsa gedankenverloren, „Wir hatten uns.“
„Ja“, die Skaldin nickte und rang sich ein Lächeln ab, „Wir hatten immer uns. Drei Schwestern.“
„Drei Schwestern“, bekräftigte die Ritterin.
„Wie in der Geschichte der drei Klageweiber...“, erinnerte sich Scanlail und stieg zu ihrer Schwester in den Zuber. Ailsa blickte sie fragend an.
„Kennst Du... die denn etwa nicht?“, erwiderte die Skaldin den Blick ihrer Schwester.
Die Ritterin schüttelte den Kopf.
„Die Geschichte von den drei Klageweibern?“
Erneut schüttelte die Ritterin den Kopf.
„Ailsa Orknase“, entfuhr es Scanlail da, „Was weißt Du eigentlich über Dein Lehen?“
„Praiosborn... oder Schwarztannen?“, erwiderte die Angesprochene trocken.
„Praiosborn.“
Ailsa zuckte mit den Schultern und forderte: „Na dann, erzähl! Vielleicht lenkt es uns beide von diesem absolut unwürdigen Schauspiel ab...“
Da hob sie an zu erzählen: „Um die erste Dämonenschlacht herum, lebten in Praiosborn...“
„Welchem...“, fiel Ailsa da keck dazwischen, „... Praiosborn?“
Die Skaldin schenkte ihrer Schwester einen vielsagenden Blick: „Ganz so schlecht scheint es Dir ja gar nicht zu gehen.“
„Ach!“, winkte die Ritterin da ab, „Du hast doch keine Ahnung, thorwalsche Rose. Ich verschachere mich an irgend so einen dahergelaufenen Ritter. Einen absolut langweiligen, durchschnittlichen Ritter, der keinerlei Ambitionen auf irgendetwas hat. Ja, nicht einmal eine eigene Meinung hat er.“
„Dafür wirst Du Baronin, weiße Lilie.“
Ailsa seufzte schwer: „Und das ist es wert?“
„Ach Ailsa“, stöhnte die Skaldin da, „Nicht nur das Du Baronin wirst und er Dir seine Baronie zu Füßen legen wird, er wird auch in unser Haus einheiraten.“
„Ja, aber ist es das wirklich wert?“
„Warum denn nicht?“, warf Scanlail auf, „Was hast Du denn zu verlieren? Er mag langweilig, durchschnittlich und ambitionslos sein, aber das alles kannst Du zu Deinem Vorteil nutzen.“
„Hm“, machte die Ritterin da nur zweifelnd.
„Sei einfach ein bisschen nett zu ihm und er wird tun, was auch immer Du verlangst.“
„Ich weiß wie das geht“, erwiderte Ailsa da eingeschnappt und verschränkte ihre Arme, „Was glaubst Du, wie ich ihn dazu bekommen habe für mich zu streiten?“
„Na also. Und was den Rest anbelangt: Du hast noch Praiosborn. Und damit immer eine gute Ausrede um nicht in Schwarztannen sein zu müssen. Und was in Praiosborn passiert, bleibt in Praiosborn.“
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