Geschichten:Schwarze Schwingen - Verloren und gewonnen

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Mit zwei Fingern schob Demeya den Seidenschleier zurück, um das Geschehen um Nurhans Rückkehr auf dem Hof besser verfolgen zu können. Es war wirklich bemerkenswert, was der "Fund" der ehemaligen Bashari für ein Schauspiel auslöste. Und dieses wurde immer besser! Als schließlich ihr Schwiegervater zusammenbrach, ballte sie triumphierend die Faust. Wer hätte gedacht, dass Liebe einen dermaßen schwach machte? Die Ironie an der Szene war schon beinahe grotesk. Aber ihr sollte es recht sein - nun war der Weg für Kian frei.

Drei Tage zuvor ...

Die Verschleierte blickte ruckartig auf, als sie das Geräusch vom Eingang her hörte. Eine der fein geschwungenen Brauen über den grünen Augen hob sich unwillig. Der auf die große, teppichbedeckte Steinplatte in der Mitte des geräumigen Felsensaales Gefesselte zuckte unwillkürlich zusammen bei der schnellen Bewegung seiner Peinigerin zusammen und sein Blick glitt ängstlich zu der stachelbesetzten Reitgerte, als die behandschuhte Rechte sich an den Gürtel des Blutroten Seidenkleides legte. "Was willst du?", herrschte die Gestörte den Neuankömmling ungehalten auf Tulamidisch an. Der kaum durchsichtige schwer bestickte Schleier bewegte sich kaum im Hauch der Worte. Dafür aber wogten die Haare wie eine schwarze Flut über die freien Schultern der im flackernden Feuerschein beinahe unwirklich scheinenden Schönen.

Die Kriegerin, die eingetreten war, legt die Hände vor die Brust und verbeugte sich. "Verzeiht die Störung, Herrin, aber es nähert sich jemand. Ich glaube, es ist die Harani. Sie hat offensichtlich tatsächlich Verdacht geschöpft und ist nicht mit dem fetten Hengst in den Ketzerpfuhl aufgebrochen." Langsam richtete sich die Kriegerin wieder auf. Die Herrin nickte knapp und beugte sich dann zu ihrem Opfer hinunter, um ihm ins Ohr zu raunen: "Du wirst noch etwas auf mich warten müssen. Aber sei unbesorgt - ich werde dir schon bald die Gnade der Einen und Einzigen offenbaren. Meine Schenkel gieren schon nach deinem Fleisch."

Dann folgte Sie der Kriegerin durch den dicken Teppich, der den Ausgang der Höhle verbarg und alle Geräusche von innen oder außen sehr gut dämpfte, sodaß nicht einmal die schweren Stiefelschritte oder das Klirren des Kettenhemdes der Kriegerin zu hören waren, sobald der Teppich fiel. Lediglich das laute, zweimalige Krächzen einer Krähe war dermaßen laut und nah, dass es sich auch bis in das von Alkohol und Rauch benebelte Bewußtsein des Verbliebenen schob.

Auf einem Felsvorsprung nahe des recht gut verborgenen Einganges zu der Höhle standen die beiden Frauen und beobachteten, wie in einiger Entfernung zu ihnen eine Reiterin von einem großen Schwarm schwarzer Vögel angegriffen wurde. Von schwarzen Schwingen bedeckt stürzte sie in diesem Augenblick vom Rücken ihres Pferdes. Ihr Schrei wurde von Federn gedämpft und vom Krächzen vieler Schnäbel übertönt. Verzweifelt versuchte sie, die Tiere von sich abzuschütteln, wälzte sich auf dem Boden. Doch die Tiere griffen wie von Sinnen immer wieder an. Erst, als sich nicht mehr rührte, wurden sie ruhiger. Einige flogen davon, andere begannen ihren Hunger zu stillen.

Die Verschleierte hob nach einigen Augenblicken die Hand zu einem knappen Wink und alle Tiere verschwanden so plötzlich, wie sie aufgetaucht waren. Zu ihrer bewaffneten Begleiterin gewandt erklärte sie ohne die Möglichkeit eines Widerspruchs in Betracht zu ziehen: "Du wirst sie von dort wegschaffen. Bring sie ins Geierholz und lass sie auf dem Stein ausbluten. Ich habe noch eine nette Trophäe, die wunderbar zu einer Opferungszeremonie durch die Blutsäufer passen wird. Ich gebe sie dir, wenn du zurück bist und bevor wir die Suchtrupps aussenden. Du wirst die Harani dann finden und dem Hengst Leiche und Beweisstück aushändigen."

Die Angesprochene legte wieder die Hände vor die Brust, verneigte sich und machte sich sofort an den Abstieg, während ihre Herrin sich wieder in die Kühle der Felsen zurückzog.


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Texte der Hauptreihe:
27. Rah 1037 BF zur mittäglichen Traviastunde
Verloren und gewonnen
Vereint


Kapitel 2

Autor: cam