Geschichten:Sertiser Elfengrotten – Schweinedämon
Elfengrotte bei Pfalz Breitenhain, 10. Efferd, abends
Das Zirpen der Grillen verstummte langsam, je tiefer Grimhart von Bothrom abgeseilt wurde. Seitdem er dem Zwerg die Frage zu stellen gewagt hatte, warum sie denn ausgerechnet in der Dunkelheit der Nacht hinunter in die Höhle gingen, hatte der Angroschim dem Menschen sehr klar und deutlich mit wenig diplomatischen Worten mitgeteilt, dass es für jeden gesunden Zwergenverstand klar sei, dass es unter Tage stockfinster und das Licht über der Erde egal sei. Davon abgesehen würden sie in der Dunkelheit der Abendstunden weniger Aufsehen erregen und von deutlich weniger neugierigen Augenpaaren verfolgt werden. Grimhart verstand den Wink und entschied, den Zwerg nicht erneut mit einer Frage zu konfrontieren.
Bothrom hatte das Seil an einer abgelegenen Seite des Kraters so befestigt, dass es im aufgerissenen Wurzelwerk nicht weiter auffiel. Gerade band er es an einen herausragenden Felsvorsprung fest, so dass es nicht offensichtlich mitten im Raume baumelte.
»Und nun, beginnen wir mit der Suche.« Der Zwerg rieb aufgeregt seine Hände gegeneinander und schnüffelte deutlich hörbar in die Umgebungsluft hinein. Er schien wie ein Bluthund eine Fährte aufnehmen zu wollen. Grimhart hatte bereits häufig von dem legendären Talent des Bergvolkes gehört Erzadern und Schätze der Tiefe zu erspüren, aber er hatte das immer als Mär oder grobe Übertreibung gehalten. Er schien sich in diesem Punkt getäuscht zu haben.
Vorsichtig mit einer kleinen Laterne gewappnet, um die nähere Umgebung deutlicher zu sehen und vor gefährlichen Stolperfallen gewarnt zu sein, stiegen sie eine Schutthalde aus Gesteinsbrocken, losem Erdboden und zerborstenen Waldbäumen hinab in die undurchdringliche Finsternis. Ein jäher Schrei hinter sich ließ den Zwerg erschaudern und ruckartig drehte er sich um, die Hand griffbereit am Knauf seiner Streitaxt. Grimhart, blass und zitternd, zeigte auf etwas einige Schritt neben ihnen. »Ein Dämon«, zitterte seine Stimme.
Bothrom, dessen Sinne kühl und entspannt waren, ging einen Schritt auf die seltsame Formation zu. Grimhart hielt verkrampft seine Spitzhacke, die er als Werkzeug, aber auch als Waffe mit hinunter gebracht hatte. Gegen Dämonen, so wusste er genau, würde sie nichts anrichten. So stieß er ein kurzes Stoßgebet an den Heiligen Parinor, über den Bruder Perainslob im Peraine-Tempel zu Hornbeil so regelmäßig predigte.
»Das ist kein Dämon. Das ist nur ein Schweinskopf, der auf einem spitzen Stalagmit aufgespießt ist.« Ein paar dicke schwarze Fliegen lösten sich von der zerschundenen Schnauze und den glasigen Äuglein. »Zugegeben ein ungewöhnlicher Anblick, aber nichts, vor dem man sich fürchten müsste«, erklärte der Zwergensöldner mit breitem Grinsen und einem verächtlichen Pfeifen, als ein kleiner Stein hinunter fiel und knapp neben Grimhart aufschlug.
»Still, dort oben ist jemand!«
Hastig und gleichzeitig so ruhig wie möglich rutschten die Beiden weiter hinab in die Höhle. Hinter einem weiteren Felsvorsprung kauerten sie sich nieder und schauten mit unterdrücktem Atem hinauf zum Kraterrand, wo ein kleiner Lichtpunkt erschienen war und munter hin und her wippte. Fetzen von Stimmen trug die Luft zu ihnen hinab. Bothrom hatte seine Axt gezogen und nickte dem Köhler langsam zu.