Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Wie man ein Grenzreiter wird
Grenzreiterlager in der Baronie Donfanger
Mitte Ingerimm 1033 BF
Dramatis Personae
- Ardo von Keilholtz ä.H., Baron von Kressenburg
- Urion von Reiffenberg, Rittmeister der Mark
„Aber zurück zu unserem Biwak. Hatte ich dir eigentlich erzählt, in welchen Schritten die Schwadronen ausgebildet werden und wie wir die Einsatzbereitschaft herstellen?“
„Nun, ich nehme an, das Biwak hier an der Finsterwacht ist nur ein kleiner Abschnitt der Ausbildung. Auf Rosskuppe findet auch ein Teil statt wie ich gelernt habe. Gibt es sonst noch Standorte?“
„Die Ausbildung teilt sich üblicherweise in zwei Hauptabschnitte. Der erste ist die Ausbildung an einer Kriegerakademie, vorzugsweise märkischer Männer und Frauen an der märkischen Akademie. Dorthin schicke ich bereits jährlich ein erkleckliche Anzahl von Schlachtrössern, damit die jungen Anwärter im Umgang geschult werden können. Die meisten erhalten das Angebot in den Dienst der Markgräflichen Truppen zu treten. Aus dieser Masse suche ich mir die fähigsten Reiter heraus und teile sie den Schwadronen zu. In der Phase der Neuaufstellung nach der Zerschlagung war das sehr schwierig, weil überwiegend Neue dabei waren. Jetzt ist es so, dass die Schwadronen nach und nach aufgefüllt werden und ich auch teilweise Reiter wieder aussortieren kann, die anderswo besser eingesetzt sind. Allein aus diesem Grund sind alle mit Feuereifer dabei. Das gilt im Übrigen auch für die Unterführer und Offiziere.“
„Das wird überall in der Mark ein großes Problem sein denke ich. Nach dem Blutzoll der letzten zwei Jahrzehnte findet man kaum noch unversehrte Veteranen, die man noch einsetzen könnte. Aber wenn die jungen Kadetten von der Akademie kommen, dann können sie doch zumeist schon recht viel. Gerade Lechdans Erbe hat da in der Mark doch einen guten Ruf. Was bekommen sie denn noch zusätzlich gelehrt?“
„Wenn die Kadetten dann bei ihren Schwadron ankommen, hat die Einheit erstmal ein halbes Jahr Zeit, sie zu integrieren. Dabei werden überwiegend die reiterischen Grundlagen geschult. Reiten in einer Formation und berittener Kampf sind dabei die Schwerpunkte. Es gibt Ausnahmen, aber grundsätzlich kommen die Neuen erst zum Einsatz, wenn sie die ganze Ausbildung durchlaufen haben.“
„Mhm.“ Der Baron nickte nachdenklich und verstehend. „Ich vergaß, dass eine Kriegerausbildung zwar Gemeinsamkeiten mit dem Weg des Ritters hat, aber dann doch solche Sachen nicht im Zentrum der Ausbildung stehen. Der Kampf zu Pferde ist für einen Knappen etwas Grundlegendes, was er zu beherrschen hat, wenn er einmal seinen Ritterschlag empfangen will.“
„Nach dem halben Jahr geht die Schwadron dann geschlossen ins Winterbiwak. Rosskuppe nutze ich zur Zeit nur für die taktischen Schulungen, aber solltest du mir die Zinnfiguren beschaffen können, ginge das auch im Felde.“
„Das würde dir wahrscheinlich Zeit sparen, da du die Grenzreiter für die Taktikschulung nicht mehr auf Rosskuppe zusammenziehen müsstest.“
„Das Winterbiwak ist, wie du dir vorstellen kannst, das Härtere von beiden. Hier lernt die Schwadron vor allem Überlebensfähigkeiten für Mensch und Tier. In unserem Konzept ist auch neu, dass auch Winterkampf geschult wird. Das ist einer Erkenntnis geschuldet, die mir im Rahmen des Befreiungskampfes kam. Da haben im Winter immer auch kleinere Gruppen, meist Ritter oder Edle mit Gefolge Jagd auf die Überreste der Schwarzpelze gemacht. Die kaiserlichen Truppen lagen immer in ihren Garnisonen. Aber du hast ja im Kosch erlebt, dass taktische Bewegungen einer größeren Gruppe mit den rechten Vorbereitungen auch im Winter möglich sind, zumal wenn sie den Feind überraschend treffen. Schon aus Sicherheitsgründen kann sich die Mark ein Winterlager nicht leisten. Welche Folgen eine statische Verteidigung gebracht hat, haben uns die Orks unter Whassoi gezeigt, als sie unsere Truppen auch im Winter zügig umgingen und dann letztlich erst auf den Silkwiesen zum Stehen gebracht wurden.“
„An der Firntrutz wäre ohne die entsprechende Vorbereitung und Taktik sicherlich mehr Blut geflossen, da gebe ich dir Recht. Es war so schon ein harter Kampf und dabei müssen die Schwarzpelze noch ausgehungerter und durchfrorener gewesen sein als wir. Letztlich können wir es uns nicht aussuchen, wann wir gegen den Schwarzpelz kämpfen müssen, insofern ist es ein guter Ansatz die Soldaten auf jede mögliche Jahreszeit einzustellen.“
„Das Sommerbiwak hat zum Ziel, die Grenzreiter in verschieden Szenarios auszubilden. Morgen bekommt der Kommandant zum Beispiel den Auftrag, schnell den Ausgang einer Passstraße zu erreichen und diesen innerhalb einer gewissen Zeitvorgabe zur Verteidigung vorzubereiten. Dabei wird den Soldaten zum Beispiel gezeigt, wie sie eine Felswand erklimmen, um sich im zerklüfteten Gebirge eine geschützte Stelle zum Einsatz von Fernkampfwaffen zu suchen. Genauso spielen Maßnahmen zur Abriegelung des Passes zum Beispiel durch eine Gerölllawine eine wichtige Rolle.
Aufgrund der wenigen Truppen über die die Mark verfügt, müssen die mobilsten Truppen am flexibelsten einsetzbar sein. Dazu kommt am Nachmittag die Ausbildung für den Spähtrupp beziehungsweise die Gefechtsaufklärung. Dann bekommen ANTLITZ und BOROMIL wieder ein wenig Bewegung.
Den Abschluss der Ausbildung bildet eine Gefechtsübung, die vorwiegend in den Baronien Hesindelburg, Hexenhain, Donfanger und Feldharsch durchgeführt wird. Dabei werden den Schwadronen unter einer Gefechtslage Aufträge erteilt, deren Erfüllung dann von Beobachtern bewertet werden. Dabei kommt es schon mal vor, dass es richtigen Feindkontakt mit Schwarzpelzen oder anderem Raubgesindel gibt.“
„Ich nehme an bei dieser Gelegenheit habt ihr dann letztens auch die Plünderer in Donfanger erwischt von denen Gerbald erzählt hat.“ Ardo kam der Gedanke, dass er sich wahrlich zu oft fern der Heimat aufhielt, hatte er doch seinen letzten Schwarzpelz schon vor über zweieinhalb Götterläufen vor das Schwert bekommen. Sicherlich, es hatte andere, nicht weniger gefährliche Gegner gegeben. Aber der Dienst an der Mark schien ihm doch zu kurz gekommen zu sein.
„Ganz genau, bei einem Spähtrupp entdeckte ein Soldat eine dünne Rauchfahne, die aber nicht weiß wie ein typisches Herdfeuer war. Da entschloss ich mich der Sache auf den Grund zu gehen. Und siehe da. Die Schwarzpleze hatten bereits Feuer gelegt. Sie waren gerade dabei, die wenige Beute und die gefangenen Bewohner fort zu schaffen, als wir wie Praios Blendstrahl mit Lanze und Stahl zwischen sie fuhren. Keiner dieser Mordbuben hat den ersten Angriff überlebt. Nachdem ich die Schwadron nachgeholt hatte und auch die Erlaubnis des Barons vorlag, begannen wir sofort mit dem Wiederaufbau des Hofes. Heute siehst du nicht einmal mehr die verkohlten Stümpfe, weil meine Männer alles umgegraben haben. Da es beim Bauern, von ein paar Schweinen abgesehen keine Verluste gegeben hat, kann man sagen, dass die ganze Sache vergleichsweise glimpflich ausgegangen. Das machen wir natürlich nicht mit jedem Bauernhof der niedergebrannt wurde. Aber in diesem Fall waren wir gerade zur Stelle und für die Soldaten war es handwerklich eine zusätzliche Ausbildung.“