Geschichten:Spenden für die Ostmarken – Mutter Garetias mildtätigen Gaben
Mutter Garetias mildtätigen Gaben
Reto schritt einen der langen Gänge des ehemaligen Fürstenpalastes entlang. Begleitet wurde er von Serima, seinem Knappen Salix, sowie seiner Schwester Yurika, die eine Delegation aus dem Hesinde-Kloster St. Ancilla anführte. Nach den offiziellen Feierlichkeiten sollten nun eine Reihe von Konsultationen stattfinden um weitere Detailfragen, wie etwa die Modalitäten der noch zu stiftenden Ehebünde, zu klären. Auch hegten die Ancillaner den Wunsch, in Altzoll eine Hesindeschule stiften zu dürfen. Ein weiterer Beitrag um die armen Seelen wieder auf den Weg der Zwölfe zu führen. Serima, deren Tante für den Markgrafen als Vögtin Altzoll verwaltete, unterstützte dieses Anliegen, ebenso wie Reto. Beiden war die Förderung der hesindianischen Gaben eine Herzensangelegenheit. Doch ein wenig Skepsis schwang bei Serima mit, denn die in ihren Augen separatistischen und reichsfeindlichen Bestrebungen einiger großgaretischen Marken waren der Baronin von Hengefeldt ein Dorn im Auge. Darpatien war gescheitert und wurde mit der Ochsenbluter Urkunde endgültig zu Grabe getragen. Das war auch gut so. Noch nicht einmal 240 Götterläufe währte das Fürstentum – eine unbedeutende Randnotiz in der glorreichen Historie des Neuen Reiches. Dem standen fast 800 Götterläufe Zughörigkeit der Marken zur Mutter Garetia gegenüber. Kein Wunder also, dass sich die großen Familien der Tollzacken, wie Zackenberg oder eben die ihre, auf ihren garetischen Ursprung besannen. Besonders nach den Ereignissen um Korgond und dem Wiedererscheinen des Altars der gerechten Herrschaft. Serima misstraute der Rabenmund-Markgräfin der Rommilyser Mark und ihrer reichsverräterischen Besinnung auf ein altes, langst untergegangenes Königreich. Für sie war das Reichsverrat. Das war der wirkliche Affront gegen die Kaiserin und nicht irgendein kleines großfürstliches Füchslein. Mit ebenso scharfen Blick beobachtete sie von den Zacken aus die Entwicklungen in der Rabenmark. Durch ihre Tante hatte sie aus zweiter Hand Einblick in die Machtstrukturen der Mark und vor allem in den Herrschaftsstil von Markgraf Gernot von Mersingen. Galt er anfänglich als Gegengewicht zur Rabenmund, schien er sich nunmehr zunehmend von dieser intriganten Schlange vereinnahmen zu lassen. Ein Fehler wie Serima empfand. Vielmehr sollte der Markgraf verstärkt Bande nach Perricum, oder Warunk und Beilunk knüpfen. Doch all dem Unmut zum Trotz, wollte sie dennoch ihren Beitrag zur Gesundung des Landes leisten.
Der Gruppe entgegen kamen der großgaretische Almosenmeister Udalbert von Cletzau und Burggraf Oldebor von Weyringhaus. Beide hatten noch ausgiebige Gespräche mit den Heiligen Paar geführt, wie Reto wusste.
„Das Heilige Paar hat seine Entscheidung getroffen“, eröffnete der großgaretische Almosenmeister das Gespräch. „Je ein Viertel der Spenden geht an die drei Marken, ein weiteres an den Dreischwesternorden.“
„Eine weise Entscheidung des Heiligen Paares.“ Reto lächelte süffisant in sich hinein.
„Aber Herr“, Salix schaute zu seinem Schwertvater auf, „das wollten wir doch nicht, der Orden wird unsere Spenden doch den Tobriern geben.“
„Mein lieber Junge“, Reto schaute väterlich zu seinem Knappen herab. „Wer sagt denn, dass wir unseren tobrischen Brüdern nicht helfen wollen? Auch uns ist an der Gesundung Tobriens gelegen. Dafür ist der Dreischwesternorden genau das richtige Werkzeug.“
„Mit der Entscheidung des Heiligen Paares steht nun auch der Orden in unserer Schuld – zumindest moralisch.“ Cletzau grinste über das ganze Gesicht. Serima und Reto nickten zufrieden.
„Cletzau, du wirst zusammen mit Zweifelfels und Heiterfeld die Verhandlungen bezüglich des Ehebundes zwischen Garetien und der Warunkei mit dem Bregelsaum führen. Oldebor, Ihr seid mit der Luring und der Rabenmund zu Gebäck verabredet, wenn ich mich recht entsinne.“ Oldebor nickte zustimmend, während Reto fortfuhr. „Meine teure Serima und ich werden uns um die Hesindeschule kümmern und jetzt beim Mersingen vorstellig werden. Unserer närrischer Freund Selo wird sich um den Bund zwischen Perricum und der Rabenmark bemühen – möge da keine Narretei herauskommen. Anschließend werden wir uns wieder zusammenfinden. Zwölf gesegnete Apfelkerne möchten in die befreiten Lande gebracht werden, das bedarf präzise Planung!“ Reto nickte allen Anwesenden zu. Die neusten Entwicklungen waren sehr erfreulich, wie der Reichsvogt empfand. Auch wenn er sich sicher war, dass dies nicht alle so sahen.
Hesindes Gaben für Altzoll
Zufrieden lächelnd stand Yurika Eorcaïdos von Aimar-Gor auf einem der Balkone des ehemaligen Fürstenpalastes. Der Markgraf der Rabenmark hatte sich sehr offen für den von ihr unterbreiteten Vorschlag im Namen des Hesinde-Klosters St. Ancilla gezeigt: Das Kloster hatte nun die Erlaubnis in Altzoll eine Hesinde-Schule samt Schrein zu stiften. Der Abt würde mit dieser Entscheidung sehr zufrieden sein, das wusste die Proculatorin des Klosters mit Sicherheit. Die Hesinde-Geweihte hatte bereits einen Boten nach Ancilla schicken lassen, so dass im Kloster die Vorbereitungen beginnen konnten. Sehr erfreulich war, dass auch der hiesige Hesinde-Tempel und sogar die Stadtvögtin von Rommilys bereit waren die künftige Hesinde-Schule mit Spenden zu unterstützen. Sogar die Travia-Kirche wollte sich mit einer Buchspende daran beteiligen. Die Federführung würde allerdings bei den Ancillanern liegen. Der Abt verfolgte hierbei Zweierlei: Zum einen sollte dies ein Beitrag sein um die verlorenen Seelen der befreiten Lande auf den 12göttlichen Weg zurück zu führen. Zum anderen sollte es auch zu Erforschung der Hinterlassenschaften der Verderber des Landes dienen. Eins war indes klar: Die Allwissende würde ihren Dienern viel Geduld schenken müssen, denn dieses Unterfangen war eine riesige Aufgabe. Vermutlich eine Aufgabe von Generationen, wie Yurika befürchtete.
◅ | Feierliche Übergabe im Friedenskaiser-Yulag-Tempel |
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