Geschichten:Spenden für die Ostmarken - Der Winter naht
Baronie Bärenau, Praiosburg, Mitte/Ende Boron 1040 BF
Rowena, die mit ihnen reiste, hatte ihn schon vorgewarnt. Und so hatte die Gesandtschaft von Voltan von Heiterfeld seinen Weg mit eher gemäßigter Laune fortgesetzt und blickte nun hoch hinauf zur Praiosburg. Den serpentinenartigen Weg hinab rollten zwei Kutschen, die von mehreren Berittenen angeführt wurden. Es war kalt geworden in Hartsteen. Die ersten Schneeflocken rieselten hinab. Der firungefällige Winter zog ein. Ein Winter vor dem sich die Hartsteener fürchteten, ja sogar mehr fürchteten als vor einer Schlacht, einem Scharmützel oder desgleichen.
Es dauerte eine Weile bis die Kutschen am Absatz des Berges angekommen waren.
Dornwill von Schroeckh, der Hauptmann der Praiosburger Garde, führte den Tross an. Er hielt an und ließ die Wagen passieren.
Voltan erblickte in den Reisekutschen, etwas das ihn überraschte. In der ersten Kutsche saß neben einer älteren Kinderfrau, die junge Rohaja Leonora von Ochs mit ihren Geschwistern Leobrecht Brander und Ophelia Korhilda. Neben den blonden Drillingen saß ein dunkelhaariger Junge, wohl der Bastard von Wolfaran. Während die beiden Jungen sich zankten, saß die kleine Ophelia eingemummelt in einer Decke. Sie fieberte und hustete stark.
Als sich ein unwirkliches Quak, quak in die Szenerie einschlich – auf dem Schoß der Baroness saß eine wirklich stattliche Kröte, eine dicke Koschkröte.
Die erste Kutsche passierte, als Voltan einen Blick in die zweite warf. Diese war ebenfalls besetzt mit 4 Kindern. Den jüngeren der Baronin, Trisdhan Tybalt, Lechmin Elea, Idamil Baduar und Thion Wolfaran. Die Amme hatte alle Hände damit zu tun die herum kletternden Rabauken im Auge zu behalten.
Voltan richtete sein Wort zum Hauptmann der Garde. „Hei da, guter und Hoher Herr, wohin den Weges? Ich bin Voltan von Heiterfeld, garetischer Almosenmeister, und ich möchte mit meiner Bekannten, der Baronin zu Bärenau, sprechen.“
Der stattliche Hauptmann wendete sich dem Almosenmeister zu. „Ihr findet sie auf der Burg, Herr. Reitet schnell hinauf und verbleibt nicht zulange. Unser Magister befürchtet einen kommenden Wintereinbruch. Wenn der Schnee zu hoch liegt, ist der Weg nicht mehr passierbar.“
Der kleine Tross um den Almosenmeister zog daraufhin eilenden Rittes hinauf zur Praiosburg. Die Wachen kündigten seine Ankunft bereits durch Rufe an, so dass die Baronin Iralda von Ochs auf der Bärenau ihn bereits im Burghof empfing. Ihre finstere Mine, verbarg sich hinter einem aufgesetztem Lächeln. Voltan war sich schnell klar, dass er in seinem Amt als Almosenmeister auch hier nicht gern gesehen wurde, doch erhoffte als alter Bekannter dennoch.
Iralda begrüßte ihn und sie zogen sich Richtung Rittersaal zurück. Es gab Knäckebrot, Wasser und ein wenig von diesem abscheulichen Bärenauer Medicus. Die Bärenauer waren stolz auf ihren Wein. Liebfelder würden dieses wohl nicht mal ihren Leibeigenen anbieten wollen, so sauer war dieses Gesöff, aber „Sauer macht heiter.“, dachte sich der stets an das Beste glaubende Voltan und wollte diesen Tag auch entsprechend angehen.
Sie redeten über die Geschehnisse der letzen Zeit, betrauerten die Toten – vor allem die Freunde die auf Golgaris Schwingen den Weg in Borons Reich genommen hatten. Doch umso mehr die wichtigen Themen aus ihrem Gesprächsinhalt verschwanden, wurde klarer wohin sich das Gespräch entwickelte. Über kurz oder lang kam es dann zu Sprache – was wollte Bärenau spenden bzw. konnte es überhaupt und wie stand es wirklich um seine Lage?
Iralda seufzte. „Mein lieber Voltan, als ihr den Berg herauf kamt, kamen euch Kutschen entgegen. Ich muss meine Kinder von hier fortbringen, ich kann sie nicht mehr ernähren. Ich wollte sie hier in Bärenau lassen, auch als Zeichen an meine Untertanen. Doch letzte Woche verstarb mein neugeborenes Kind Yandelind. Die Amme und ich konnten ihr nicht genug Nahrung geben. Dazu wurde sie krank und uns fehlten die Medikamente. Meine Kinder reisen nun nach Ochsenfeld in die Grafschaft Schlund. Auf dem Gut meines Mannes werden sie es besser haben im Winter.“. Die Tränen schossen Iralda ins Gesicht, es war ihr egal, dass sie jegliche Etikette verletzte. „Mein lieber Voltan, der Heerzug, welcher den Weg durch Hartsteen in Richtung Norden nahm, hat unsere Aufbauarbeit um Jahre nach Hinten geworfen. Wir waren auf einem guten Weg. Der Aufbau hatte begonnen, als Alrik von Blautann uns erneut schröpfte. Er knechtete uns, als er der Grafschaft vorstand und nahm uns den Rest als der mit dem Heerzug kam. Unser schwer eingefahrenes Korn nahm er sich auf Geheiß der Kaiserin, um die Truppen zu ernähren. Unser Vieh nahm er sich auf Geheiß der Kaiserin, um die Truppen zu ernähren. Nun kommt ihr auf der Geheiß der Kaiserin oder ihrer Häscher um den Tobriern oder Ostmarken, wie auch immer, zu helfen, nur um uns noch weiter ins Elend zu stoßen. Nein, falsch im Elend sind wir bereits, ihr stoßt uns den Abgrund herab. Sagt mir Voltan, warum sind die Marken der Tobrier unserer Kaiserin wichtiger als wir Hartsteener. Sie ist auch unsere Kaiserin und Königin. Ach Voltan, ich sollte aufhören zu reden, ich rede mich nur um Kopf und Kragen.“
Während sie schluchzte, wusste Voltan nicht recht mit der Situation umzugehen, so schlimm hatte er es nicht erwartet. Aus Verlegenheit bat er ihr eine seiner Pfeifen an und murmelte dann: „Schlimm. Schrecklich. Furchtbar….Also ist es wahr…Doch lasst uns doch sehen was wir aufbringen können. Es gibt immer einen Weg, gute Iralda. Ihr selbst habt das schon oft genug bewiesen." Und so bedachte man die weinende Baronin vorerst mit Trost und besuchte das Grab ihres verstorbenen Kindes. Bevor Voltan am Abend mit Rowena und Ucurian die Köpfe zusammen steckte um Vorschläge zu erarbeiten, welche sie der übermüden und geschlauchten Baronin am nächsten Tage unterbreiten wollten.
◅ | Der Winter naht |
|
Der Winter naht | ▻ |
◅ | Der Winter naht |
|
Der Winter naht | ▻ |