Geschichten:Spenden für die Ostmarken - Luchs und Fuchs

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Grafschaft Hartsteen, Baronie Aldenried, Burg Aldengrund, Ende Boron 1040 BF

Voltan saß in seinem großen, aber karg ausgestatteten Gästezimmer auf Burg Aldengrund. Dort war er heute Morgen angekommen, mit einem bedeutend kleineren Tross als noch in Bärenau, in dem er noch ein paar Tage geblieben war, auf eigene Kosten, versteht sich. War ihm doch bewusst geworden wie ein solcher Luxus auf die gebeutelten Hartsteener wirken musste, er hatte sich ein wenig dafür geschämt, wenn er dies auch nicht aus absichtlicher Böswilligkeit getan hatte. Dennoch war es ihm aufrichtiger erschienen den Großteil des Troßes wieder nach Hause zu schicken – vorallem den Spielmann - während er sich von Bärenau nach Aldenried aufgemacht hatte, nur seinen baldigen Schwiegersohn Ucurian, einen Boten für die Korrespondenz zwischen ihm und Ochsenblut und vier Gardeleute Bedeckung dabei, 1 Sturmflüglerin, 1 Ochsenbluter und zwei Heiterfelder. Nur auf eines hatte er nicht verzichten können – seine drei Lieblingspfeifen und das gute Methumiser-Pfeifenkraut, welches er auch schon in Heiterfeld versucht hatte anzubauen, doch war dort wohl das Klima nicht das rechte gewesen und er war gescheitert. Ganz anders sollte es seinem Vorhaben in Hartsteen ergehen, so sein Wunsch. In Bärenau war er mit dem bestmöglichen Gefühl abgereist welches er dort wohl hatte erlangen können – und damit konnte man arbeiten.

Selbiges hatte er sich für Aldenried erhofft. Er hatte vor die Einstellung gegenüber der Spendenaktion auch hier etwas versöhnlicher stimmen und – das sah er auch als seine Aufgabe als Almosenmeister – hier ebenfalls helfen wollen, zumindest so wie es in seiner Macht stand. Weil viel Verhandlungsmasse hatte er schon in Bärenau verspielt, auch weil Iralda eine wirklich gute Bekannte war. Doch noch mehr großzügige Ausreißer konnte er sich nicht erlauben. Doch hatte er dennoch einige Ideen in der Hinterhand.

So könnte er dem Aldenrieder unterbreiten, dass er das Heiterfelder Perainekloster um geschwisterliche, personelle Hilfe für das hiesige Dreischwestern-Kloster bitten könnte, der Winter würde hart und man würde jede helfende Hand gebrauchen können.
Oder er könnte die Ochsenbluter Burggräfin davon überzeugen, die Bedingungen für Hartsteener Händler auf den Ochsenbluter Märkten für das nächste Jahr zu verbessern und diese mit Sonderprivilegien auszustatten.
Auch würde er dem Baron die Idee an die Hand gegeben können die Jagdprivilegien für den Winter zu lockern, damit die Leute sich über diese Zeit sich besser selbst versorgen könnten.
Für die, die dies dennoch nicht konnten, könnte man eventuell einige Sachspenden wie alte Kleidung etc. von den Ostspenden abzwacken oder den armen Leuten ein Gastarbeitsrecht für den nächsten Frühling in der Kaisermark zusprechen, so dass sie hier nicht weiter zu Last fielen und selber noch etwas erwirtschaften konnten, dass sie wieder mit nach Hartsteen brächten. UND ganz nebenbei einen guten Dienst an denen leisten, die ihnen jetzt Hilfe leisten wollten.
Und natürlich sein Bericht an die Königin.

Doch all dies wollte Voltan nicht einfach leichtfertig sofort auf dem Gabentisch ausbreiten, ein bisschen Politiker war er dann doch noch, der ganzen wohlwollenden Güte zum Trotz, doch wenn ihm der Baron ein wenig entgegengekommen wäre, hätte er diese Ideen gerne angebracht. Doch weit gefehlt. Denn als er gestern die Baronie, bei schon etwas stärkerem Schneefall, bis zur Burg durchquert hatte, hatte diese zwar keinen ganz so schlimmen Eindruck gemacht wie Bärenau, dennoch mangelte es auch hier an allen Ecken und Enden. Worüber er sich fleißig Notizen für sich selbst und seinen Bericht gemacht hatte.
Heute Morgen dann war er an der Burg angekommen und auch dort hatte sich ihm kein besseres Bild geboten. Der Baron Felan von Schallenberg hatte ihn, gemäß seines Standes und der traviagefälligen Gastung ensprechend, relativ freundlich empfangen. Doch die recht große Burg war nicht im allerbesten Zustand und schlecht ausgestattet, viele der großen Räume waren spärlich eingerichtet oder gar völlig ungenutzt. Wären da nicht die übermäßig vielen Leute aus dem einfachen Volk gewesen, die teilweise in den leeren Räumen einquartiert waren. Voltan war zuerst verwundert gewesen, doch hatte ihm der Baron erklärt, dass es sich bei diesen Leuten um einige seiner Schutzbefohlenen handelte, die bei Leibe nicht genug Nahrung und Habe hatten um damit von allein über den Winter zu kommen. Weshalb man hier beschlossen hatte diese armen Tröpfe hier den Leerraum zur Verfügung zu stellen, natürlich nicht ohne einige kleinere Gegenleistungen – wie Arbeiten an der Burg etc. – zu verlangen. Als sie gar mit einer dieser Familien zusammen bei Tisch gesessen hatten, bei einer dünnen Brotsuppe – „die man solange selbst aß solange die Bauern auch nichts anderes aßen“ – hatte der Schallenberger viel darüber erzählt und dabei auch immer wieder die Familie miteinbezogen. Dabei kam Voltan der Schallenberger beinahe so vor wie es einige dem Spendenaufruf nachsagten – tue Gutes und rede darüber. Die Schallenbergs waren hier noch nicht allzu lange Barone und so stellte man sich mit den einfachen Leuten gut, ob nun aus reinem Kalkül oder nicht. Und wie beim Aufruf war dies eigentlich einerlei, solange es letztendlich den Leuten half hatte jeder davon einen Vorteil – hatte Voltan sich gedacht und war deshalb auch guter Dinge gewesen als das Thema auf den Tisch gekommen war.

Er hatte von Bärenau berichtet und wie man dort verblieben war. Der Aldenrieder Baron war darüber deutlich bestürzt, hatte er doch selber nicht gewusst, wie übel es um seine Nachbarn stand. Er hatte davon gesprochen Iralda ebenfalls Hilfe anzubieten, DOCH dabei betont, dass man ja selber kaum etwas habe, wenn es ihnen auch nicht ganz so schlecht ging. Doch auch sie waren immer noch geschröpft durch die Grafenfehde, die Wildermark und zuletzt durch die Requirierungen des Blautanns Heerzug. Und dies hatte der gute Felan sehr häufig und eindringlich erwähnt. So dass Voltans Hoffnungen immer mehr geschwunden waren.
Auch hatte er immer wieder betont, was auch Voltan nicht ändern konnte, nicht jetzt. Warum spendete man so vermeintlich leichtfertig für die Marken im Osten und vergaß dabei das eigene Kind – Hartsteen? „Es ist ja irgendwie immer leichter in die Fremde zu spenden, als vor Ort zu helfen, oder?“, hatte der Baron Voltan vorwurfsvoll in das Gewissen reden wollen. Und hatte mit dem Satz „Nur wundert es umso mehr, dass Garetien so dahinter her ist zu spenden. Ist ja nicht so als wären die tobrischen Flüchtlinge, bis auf wenige Ausnahmen, mit offenen Armen empfangen worden. Ich hätte erwartet, die wollen alle zurückschicken.“ noch weitere Kritik geübt. Woraufhin Voltan ihm entgegnet hatte, das es doch schon lange nicht mehr um tobrische Flüchtlinge ging bei der Sache, da es solche ja kaum noch gab, da sie sich nach anfänglichen Schwierigkeiten doch zumeist gut eingefügt und hier einen Platz gefunden hatten. So dass es jetzt mehr darum ging denen zu helfen, die Heim, Haus, geliebte Menschen und vor Allem den Anschluß an die zwölfgöttliche Ordnung verloren hatten. Deren Land von dämonischer Seuche befallen war, nicht nur vom Winter. Tobrien hatte dieses Angebot ausgeschlagen, die Marken aber wollten ihre Hilfe und sollten sie auch bekommen. Doch er – Voltan – wollte die Königin auch über die Lage hier genauer in Kenntnis setzen und helfen.

Dies hatte den Baron von Aldenried zwar ein wenig erfreut, doch hatte er mit weitaus größerer Vehemenz klar gemacht, dass er dennoch Voltan nichts geben würde, schon allein weil er sein Amt als Almosenmeister nicht anerkannte, weil es nicht von der Königin vergeben worden war. Voltan hielt dies für eine ebenso politische Spitzfindigkeit wie einige über die Spenden selbst schimpften, hatte dies aber statt mit einer Gegenrede mit einem genüßlichen Pfeifchen kommentiert, um sich wieder etwas aufzuheitern. Doch war ihm dies nicht ganz gelungen – hatte er damals den Armenzug in Frage gestellt oder seine Wichtigkeit nicht anerkannt? Nein. Und so hielt sich seine Hilfsbereitschaft immer weiter in Grenzen, denn Hilfe funktionierte nie einseitig, egal wie selbstlos sie war. Hilfe war ein Gut, dass man annehmen musste, doch dieser Felan von Schallenberg verlangte nur und schimpfte und hatte Voltan sogar noch beleidigt in dem er ihn nicht anerkannte. Dabei ging es doch auch gar nicht um der Königin Wort, sondern Taten im Sinne der drei gütigen Schwestern, niemand hatte je behauptet offiziell im Namen der Königin zu agieren. Und dennoch war Voltan gewillt dem Baron zu helfen, wenn auch nun nicht mehr so bedingungslos, weshalb er nun in dem Gästezimmer saß und grübelte.

...



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Texte der Hauptreihe:
K41. Geißel
K50. Im Loch
K64. 2 Selos
Autor: Jan, Lichtbote