Geschichten:St. Rakulls Turney - Finale
Nur eine Stunde nach den Halbfinalritten stand dann das große Finale der St. Rakulls Turney an. Ryanes Gegner hieß Udilbert von Hardt, der Pfalzgraf von Kaiserlich Randersburg. Ryane war auf den Mann keineswegs gut zu sprechen, war er es doch gewesen, der ihren Onkel, den Gemmenritter Geldrion Drakan von Sichelaue, bei dem Eslamsgrunder Ingerimmsturnier 1044 BF so schwer getroffen hatte, dass er noch vor Ort seinen schweren Verletzungen erlegen war. Überhaupt war der Stil des Pfalzgrafen als rüpelhaft und rücksichtslos zu bezeichnen, was sich auch in häufigen Unmutsbekundungen und Schmährufen aus dem Publikum bemerkbar machte. Dies allerdings kam ihr zugute, da nahezu jeder in der Menge mit ihr, der jungen Ritterin aus Rubreth, mitfieberte.
Als sie über die Tribüne blickte und in die Menge grüßte, sah sie viele vertraute Gesichter. Baron Nimmgalf von Hirschfurten und Tsaiane von Talbach waren extra aus Samlor angereist, um ihre finalen Ritte mit zu verfolgen, was sie mit großem Stolz erfüllte. Weiter rechts saßen ihre Freunde Firnwulf und Eberhardt, die ihr begeistert zujubelten. Dann entdeckte sie auch noch Landvogt Rondradan und... oh... direkt neben ihm saß sein Vetter Danos von Pfortenstein - ihr Ehegatte. Diesen hätte sie lieber nicht hier gesehen. Aber gut, sollte er sich doch ruhig anschauen, wie sie sich in der Tjost so machte.
Aus Höflichkeit grüßte sie ihren Gegner vor dem ersten Ritt, was von diesem jedoch nicht erwidert wurde. Nun ja, sie hatte auch nichts anderes von ihm erwartet. Nachdem beide Tjoster ihre Startposition erreicht und eine Lanze bekommen hatten, gab der Herold das Startsignal.
Im nächsten Moment setzten sich beide Reiter in Bewegung. Schneller, immer schneller preschten die Rösser aufeinander zu. Ryane zielte zunächst hoch, in der Hoffnung, dass er seinen Schild heben würde. Doch leider passierte nichts dergleichen. Also senkte sie die Lanze wieder und zielte auf seinen Schild.
Der Aufprall war gewaltig. Ryane konnte zwar ihre Lanze brechen, doch der Stoß des Pfalzgrafen war so stark, dass sie aus dem Sattel geworfen wurde, und sich nach dem Aufprall am Boden noch ein paar mal um die eigene Achse drehte, und dann auf dem Rücken liegen blieb. Entsetzt schrie die Menge auf. Nahezu jeder hatte sich ein anderen Ausgang erhofft.
Der Pfalzgraf wendete noch einmal sein Pferd und ritt mit abschätzigem Blick an der liegenden Ryane vorbei. "Ihr seid keinen Deut besser als Euer Onkel! Ihr werdet niemals aus seinem Schatten treten können!" sagte er voller Verachtung.
Ryane - sonst immer eine passende Erwiderung parat - konnte nur keuchen und husten, und hoffen, dass bei ihr nichts gebrochen war. Nachdem der Pfalzgraf zum Sieger erklärt worden war, kamen Firnwulf und Eberhardt zu ihr gelaufen, und halfen ihr wieder auf die Beine. Ryane setzte den Helm ab und signalisierte der Menge, dass alles in Ordnung war, was diese erleichtert zur Kenntnis nahm. Ihr Körper schmerzte zwar sehr, doch es war wohl nichts gebrochen oder verstaucht. Viel schlimmer wog aber die Demütigung durch ihren unbarmherzigen Gegner.
Nach dem Ende des Turniers kam Baron Nimmgalf auf sie zu, und gratulierte ihr persönlich zu einem guten zweiten Platz. "So hat es damals bei mir auch angefangen, Ryane. Man sollte stets auf das Erreichte stolz sein, und zugleich aus seinen Fehlern lernen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg! Und irgendwann klappt es dann auch mit dem Gesamtsieg." Ryane nickte. Sie war froh und dankbar, einen solchen Mentor gefunden zu haben.
Kurz nach dem Finale trat eine Ritterin an Ryane heran, die sich ihr als Meinir ni Rian vorstellte. Sie überbrachte ihr die Nachricht, dass der 'Herr von Pfortenstein' sie zum Abendmahl auf Burg Rubreth einladen möchte. Ryane war etwas überrascht, ließ die Ritterin jedoch wissen, dass sie die Einladung gerne annähme.
Nun musste sie aber erstmal ihre Rüstung loswerden, und ein Bad im großen Zuber wäre auch keine schlechte Idee. Dem schlossen sich Firnwulf und Eberhardt gerne an.
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