Geschichten:Streben nach Höherem - Im Blick der Stadt
Nachdem Alissa sich mehr oder weniger freiwillig dazu bereit erklärt hatte, die Stadt Bärenau etwas näher unter die Lupe zu nehmen, überlegte sie, wie sie das am Besten anstellen sollte.
Am liebsten hätte sie selbst gehen wollen. Jedoch war sie sich im Klaren darüber, dass ihr Wissen und ihre Fähigkeiten an anderer Stelle gebraucht würden. Da sie jedoch auch nichts überstürzen wollte und einen ihrer fähigsten Waldläufer dafür einsetzen wollte, ließ sie sich mit ihrer Entscheidung etwas Zeit.
Sie überlegte sehr genau, wer von ihren Leuten wohl am geeignetsten erschien und entschied sich letztendlich für Gesa, die schon recht lang zu den erlenstammer Waldläufern zählte und von der Alissa wusste, dass sie loyal war.
Alissa überlegte lang, welches wohl die beste Tarnung für ihr Unterfangen sei und sie war recht schnell sicher, dass Gesa einfach auf der Durchreise war, um Verwandte zu besuchen.
So wurde schnell die passende Kleidung organisiert, denn nichts wäre auffälliger gewesen, als eine erlenstammer Waldläuferin ganz zufällig in Bärenau.
Gesa machte sich am Nachmittag auf den Weg, um zu entsprechender Zeit in der Stadt anzukommen und dort eine Unterkunft für die Nacht zu finden. Schon von Weitem konnte Gesa die Stadttore von Bärenau ausmachen, sie war jedoch sehr überrascht, da sie eigentlich etwas anderes erwartet hatte: Man sah, dass Bärenau einstmals eine blühende Stadt gewesen sein musste, doch die Stadtmauern waren zum Großteil schwer beschädigt oder ganz zerstört.
Mit einem mulmigen Gefühl und weichen Knien ging Gesa weiter und erreichte bald das Stadttor.
Von mißtrauischen Wachen beobachtet konnte Gesa ungehindert die Stadt betreten, doch das, was sie sah, verschlug ihr fast die Sprache: sie hatte noch nie eine solch zerstörte Stadt gesehen. Eingestürzte Dächer von Häusern, die die Straße säumten, Trümmer, die die Straße säumten und noch nicht weggeräumt waren. Aber dennoch emsige Bewohner, die versuchten, sich ihr Heim wieder herzurichten.
Was Gesa jedoch auch auffiel: Jeder der Bürger Bärenaus war auf irgendeine Art bewaffnet. Einige trugen Dolche am Gürtel, andere liefen mit Spitzhacken umher oder mit improvisierten Knüppeln.
Gesa nahm ihren Mut zusammen und sprach einen der Bürger auf der Starße an: "Die Zwölfe zum Gruße. Sagt, warum sind hier alle so bewaffnet? Muss man hier mit Übergriffen oder ähnlichem rechnen?"
Der Mann, den Gesa angesprochen hatte, schaute sie grimmig an. "Ihr seid nicht von hier, oder?"
"Nein", antwortete sie. "Ich bin nur auf der Durchreise."
Der Mann musterte Gesa von oben bis unten und meinte: "Naja, der Baron ist wieder in sein Gemäuer eingezogen und dann wissen wir von einer Baronin von Bärenau. Ganz merkwürdige Sache. Da wissen wir auch nicht so genau. Und bevor wir böse Überraschungen erleben, bewaffnen wir uns lieber." Gesa nickte. "Dann hoffen wir, dass es zu keiner solchen Überraschung kommt."
Der Mann ging seiner Wege und Gesa versuchte, ein Gasthaus auszumachen, in dem sie unterkommen könnte. Sie fragte zum Teil nach dem Weg und landete schließlich bei einer Taverne, die kaum Schaden genommen hatte. Sie fragte den Wirt nach einem Zimmer, zahlte den angegebenen Preis und ließ sich im Schankraum nieder, wo ein paar Bärenauer Bürger sich ein Bier zu Gemüte führten.
Gesa lauschte ihrem Gespräch über das Wetter, die zerstörten Häuser und auch über die momentanen Gegebenheiten in der Baronie. Es kamen, je später es wurde, immer mehr Leute dazu, die Gesa dann auch zum Teil in ein Gespräch verwickelten. So erfuhr sie dann auch über die Haltung der Leute über die beiden Anwärter auf den Baronstitel. Zu später Stunde begab sich Gesa dann auf ihr Zimmer und legte sich zur Ruh, um am nächsten Morgen ausgeruht den Rückweg zu den erlenstammer Truppen anzutreten und Alissa von Erlenstamm Bericht zu erstatten.