Geschichten:Tal der Tränen - In Praios Namen

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Am 1. Phex war nun Irnfredes großer Tag gekommen, da sie zum ersten mal ein eigenes Lehen erhalten sollte. Es war eine große Erleichterung für sie, dass sie inzwischen ihre künftige Lehnsherrin Selinde von Ruchin als gute Freundin, ja durch ihren Pakt gar als enge Vertraute sah, und nicht als strenge Herrin. Die Aufräumarbeiten auf Burg Freudenstein von der gestrigen Hochzeit waren noch in vollem Gange, als sich die Gästeschar im Burghof im Halbkreis versammelt hatte, um an der feierlichen Zeremonie des Lehnseides teilzunehmen.

Irnfrede hatte ein prunkvolles rot-goldenes Wams mit ihrem persönlichen Luring-Hirschfurtenwappen angelegt. An der Seite hatte sie ein Kurzschwert gegürtet, was ihr Ludolf für die Dauer der Zeremonie geliehen hatte.

Feierlich trat sie auf Selinde zu, die ebenfalls für diesen Anlass festlich gewandet war. An ihrer Seite stand ihr frischvermählter Gatte und Irnfredes Vetter Ludolf von Hirschfurten. Die gemeinsam mit dem Baron zu Nettersquell angereiste Sonnfrieda von Halmenwerth vom Kloster St. Ukurien begleitete als Praiotin die heilige Zeremonie.

Baronin Selinde eröffnete den heiligen Lehnseid: „Im Namen der Zwölfgötter, Praios voran, dem das Recht und die Ordnung lieb sind. Ich habe mich versichert, dass Ihr frei und adlig in rechtmäßiger Ehe geboren seid, und dass Euch durch Eure Geburt und eure Fähigkeiten das zusteht, was Ihr fordert. Auch habt Ihr mir versichert, dass Ihr keine Magie anwendet, wie es seit dem Garether Pamphlet Voraussetzung für die Belehnung eines Adligen ist. Ebenfalls habt Ihr erklärt, dass Ihr keiner der Kirchen der Zwölfe als Geweihte verbunden seid. So frage ich Euch: Begehrt Ihr Euch durch Euren Schwur der Gemeinschaft des über die Erlenstammer Lande in Praios Namen herrschenden Adels anzuschließen?“

Irnfrede: „In Praios Namen, das will ich!“

Selinde fuhr fort: „Ihr begehrt, was groß ist, aber kennt Ihr auch die Pflichten, die Ihr als Lehensfrau erfüllen müsst? Seid Ihr bereit, Eurer Lehensherrin immer mit Eurem Rat zu helfen, wenn sie dessen bedarf? Seid Ihr bereit, ihrem Ruf mit Euren Bewaffneten zu folgen, wie es die Lehnspflicht gebietet? Werdet Ihr all Eure Fähigkeiten und Euer Leben in ihren Dienst stellen, wie es recht und billig ist?“

Irnfrede zog das Schwert an ihrer Seite, kniete nieder und reichte es mit dem Griff voran Selinde, und antwortete: „In Praios Namen schwöre ich, Irnfrede von Luring-Hirschfurten, dass ich meine Lehnspflichten mit allen meinen Kräften erfüllen will. In Rondras Namen schwöre ich, dass ich Euch mit meinen Bewaffneten folgen werde, wenn Ihr mich zu den Waffen ruft. In Hesindes Namen schwöre ich, Euch mit meinem Rat zu dienen, wann immer Ihr dessen bedürft. Mein Leben und meine Fähigkeiten sollen dem Wohle Erlenstamms dienen. Mögen die heiligen und ewigen Zwölfe über diesen Schwur wachen, bis ich dereinst über das Nirgendmeer ziehe.“

Selinde und die Praiosgeweihte legten während des Schwurs ihre Hände auf Irnfredes Hand am Schwert, um ihn zu bekräftigen. Anschließend schob sie das Schwert wieder in die Scheide zurück. Selinde fuhr fort: „Ihr habt Eurer Lehensherrin bei den heiligen und ewigen Zwölfen die Treue geschworen und Treue soll mit Treue vergolten werden.“

Daraufhin streckte Irnfrede die gefalteten Hände vor, und Selinde umschloss diese während des Schwurs mit den eigenen.

„Und so schwöre ich Euch unter den Augen der unsterblichen Zwölfe, dass ich Euch ebenfalls die Treue halten werde, dass ich nichts von Euch verlangen werde, was ich nicht selbst zum Wohle meines Landes zu geben bereit bin, und dass ich Euch Schutz und Schirm vor den Feinden der zwölfgöttlichen Ordnung zusichere.“ Die Baronin nahm ihre Hände von denen Irnfredes, die ihre an der Seite niedersinken ließ.

Abschließend sprach sie: „So ist ein heiliger Bund der Treue geschlossen worden zwischen mir und Euch unter den Augen der Götter und den Zeugen Eures Standes, wie es seit den Tagen Rauls des Großen Brauch ist. Diesen Bund soll keiner brechen, doch so Ihr uns untreu werdet, werdet Ihr des Titels und Lehens verlustig gehen. Wir fordern Euch auf, götterfürchtig, gerecht und weise und eurer Verantwortung gemäß als Edle über die Herrschaft Erlenkrone sowie als Vögtin über die Freiherrlich Freudensteiner Lande zu herrschen, dass wir Euch hiermit zum Lehen geben. Doch nun erhebt Euch und seid willkommen in unserer Gemeinschaft Edle Irnfrede von Luring-Hirschfurten zu Erlenkrone.“

Irnfrede erhob sich, und unter tosendem Jubel der Umstehenden umarmte sie zunächst Selinde und dann Vetter Ludolf aufs Herzlichste. Später reihten sich dann die Gratulanten auf, um sie zu beglückwünschen. Nimmgalf, der einen Ehrenplatz in der ersten Reihe hatte, platzte nahezu vor Stolz, und musste sich manch eine kleine Träne wegblinzeln. Sie war nun endlich ein fester Bestandteil der garetischen Adelswelt, und ihres Vaters ganzer Stolz! Fürwahr, seine kleine Tochter Irnfrede war nun wirklich erwachsen geworden. Welch ein freudiger Tag! Völlig euphorisch stimmte er mit in die zahlreichen Hochrufe ein und klatschte begeistert Applaus.



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1. Phe 1044 BF 14:00:00 Uhr
In Praios Namen
In Travia vereint


Kapitel 5

Prolog
Autor: Nimmgalf