Geschichten:Träume von Korgond - Edorians Traum
Du sitzt an einem alten fleckigen Tisch in einer riesigen Bibliothek. Vor dir liegt ein aufgeschlagenes Buch in einer Sprache, die du nicht verstehst. Du weißt, dass von dem Wissen aus diesem Text das Schicksal tausender unschuldiger Menschen abhängt. Gegenüber am Tisch setzt sich eine in purpurne Gewänder gekleidete Person, die Kapuze weit über das Gesicht gezogen. Du weißt, dass dies ein Anhänger des großen Widersachers ist. Dein erster Impuls ist aufzustehen und die vor der Tür stehenden acht Wachen zu rufen. Aber aus Neugier bleibst du sitzen und wartest ab, was geschieht. Er beginnt das Gespräch.
»Worin unterscheiden wir uns?«
»In unseren Zielen.«
»Was ist mein Ziel?«
»Macht und Unterdrückung.«
»Was ist dein Ziel?«
»Erkenntnis und Lehre.«
»Wohin führt Erkenntnis?«
»Erkenntnis führt zum Verständnis.«
»Welche Folgen hat Verständnis?«
»Gleichgewicht der Kräfte und Harmonie.«
»Zu was führt Gleichgewicht der Kräfte?«
»Zur Minderung von Leid und Mehrung von Heil.«
»Wer erzeugt das Leid?«
»Die Herrschenden.«
»Wer gibt den Herrschenden das Recht?«
»Die Götter.«
»Was gibt den Göttern das Recht?«
»Ihre Macht.«
»Was unternehmen die Götter gegen ihren Rivalen, meinen Herrn?«
»Sie legen ihn in Ketten.«
Der Fremde steht auf. Mit einer langsamen Bewegung schlägt er seine Kapuze zurück und du erkennst sein Gesicht. Es ist dein eigenes. In deinen traurigen Augen siehst du den Ort, an dem das Ringen der Götter um die Macht über die Welt entschieden wird. Leise flüsterst du seinen Namen: »Korgond.«
Dann erwachst du. Du weißt, dass dieser Traum sich von vielen deiner anderen Träume unterscheidet, denn du vergisst ihn nicht. Auch nach Stunden, ja am nächsten Tag noch, ist das Traumbild so klar vor dir wie eine echte Erinnerung.
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