Geschichten:Träume von Korgond - Oldebors Traum
Du sitzt in der vordersten Reihe einer Beerdigung. Du kennst den aufgebahrten Leichnam vor Dir sehr gut – es ist Sigman, dein ältester Sohn. Dein Blick gleitet über die schattenhaften Trauernden, von denen du niemanden kennst. Ein schwarzer Chor singt Trauergesänge. Du kennst allerdings den Ort der Trauerzeremonie – der Stiftstempel des heiligen Sankt Parinor. Kurz kommt der Gedanke, ob man hier wirklich richtig ist. In dem Gefühl der Trauer, das du verspürst, mischt sich ein viel tiefer bohrender Schmerz – Schuld. Du weißt, dass nur du am Tod deines Erben schuld bist, auch wenn du keinen Gedanken an die eigentliche Todesursache verschwendest.
Du bist zurück in der Villa Geldana. Alles ist stumm. Es ist dunkle Nacht. Du sitzt an einem alten und wachsverschmierten Schreibtisch, ein Schülerpult. Du ringst um Worte, hast aber vergessen, was du niederschreiben sollst. Ein Geräusch von draußen. In den Augenwinkeln siehst du im Fenster eine Bewegung. Du glaubst, deinen ältesten Sohn gesehen zu haben. Du stehst auf und eilst zum Vorhang, den du zur Seite reißt. Dunkelheit und schwere Wolken an einem tiefpurpurnen Himmel, an dem vier Madamale stehen.
Ein Geräusch hinter dir. Du drehst dich um und schaust in das Gesicht von Sigman. Seine beiden Hände umfassen deinen Hals und drücken kräftig zu. Voller Angst mit einer heiseren, fremden Stimme sagst du: »Korgond!«
Dann erwachst du. Du weißt, dass dieser Traum sich von allen deiner anderen Träume unterscheidet, denn du vergisst ihn nicht. Auch nach Stunden, ja am nächsten Tag noch, ist das Traumbild so klar vor dir wie eine echte Erinnerung.
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