Geschichten:Tröste die Trübseligen

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Seine Hochwohlgeboren

Danos von Luring,

von der Götter Gnaden Graf von Reichsforst, Baron von Luring und Rubreth, Herr auf Luringen und Ritter nach alter Sitte und rondragefälliger Tradition, König der Ritter und Edler von Gnadenthal, Erbe und Hüter der Klauen Luringans des Goldenen, Ritter unter Gleichen in der Bruderschaft der Trollpfortensieger,

grüßt seine vielgeliebte Vasallin

Tsaiana von Waldfang-Angerwilde,
Baroness zu Waldfang, Schwester in der Bruderschaft der Trollpfortensieger.
 
 
 
 
Euer Wohlgeboren, liebe Tsaiana,

wer ist Dein Schwertvater? Wer Deine Schwertmutter? Mit jenen möchte ich gern reden und sie in meine Knappenschaft nehmen, weil sie Dir nur einen Teil dessen beigebracht zu haben scheinen, was Ehre ist und wie man sie erwirbt.

Es fängt damit an, dass man Ehre nicht besitzen kann wie einen Sack Gold. Man kann sie erwerben durch Taten, durch vorbildhaftes Verhalten, sie pflegen, indem man sie immer wieder erneuert und verhindert, dass man selbst oder andere sie beschmutzen. Ehre entsteht nicht in einem selbst, sie ist nicht Ausgang ehrenhaften Handelns, sondern ihr Produkt: Indem man göttergefällig und edel, selbstlos und stark, mildherzig und bescheiden lebt, erwirbt man Ehre für sich und in den Augen der Anderen: den Augen der Götter, der Welt und den Menschen. Ehre ist jenes Maß an Edlem und Wahrem, dass die Menschen jenem zumessen, der edel und wahrhaftig handelt.

Man verliert seine Ehre, wenn man nicht mehr so handelt, wie es die Gebote des Anstandes, der Ritterlichkeit und der Götter bestimmen: Wer seine Tugenden bewahrt, bewahrt auch seine Ehre:

Was, Ritter, brauchst du zur höfischen Vollkommenheit?
Gewöhne dich an Tugend.
Bemühe dich um gutes Benehmen.
Rede nicht bösartig.
Sei brav und anständig.
Ertrage den Hass der Bauern.
Danke dem, der aufrichtig mit dir redet.
Lass dich jeden Tag von der Tugend belehren.
Fürchte die Niederhöllen.
Folge der Lehren der Götter.
Ehre Vater und Mutter.
Höre auf den Rat der Weisen.
Beschütze die Armen.
Tröste die Trübseligen.

Das sind die fünf und fünf Eigenschaften des Ritters: die fünf Dinge innerhalb und die fünf Dinge außerhalb des Körpers. Die inneren sind: Stärke, Behändigkeit, Lebensfreude, Schönheit, Geschicklichkeit. Die fünf äußeren sind: Adel, Macht, Reichtum, Ansehen, Herrschaft. Nur aber wer beide mit seiner Seele verbinden kann, die inneren wie die äußeren Dinge, der ist Ritter und Mensch.

Der Adel der Geburt muss dem Adel der Gesinnung entsprechen – doch auch andere können Ritterlichkeit erwerben, so sie den Tugenden des Rittertums sich unterwerfen, sie meistern und ihnen entsprechen. Eine Welt, in der alle danach streben, vollkommene Ritter zu sein, ist ein bsser Welt als eine, in der keiner Bauer sein möchte oder alle Grafen.

Ehre, das ist die Würde, die ehrenhafte Haltung und Gesinnung, die mit dem Ansehen, dem Ruhm, der Anerkennung und dem Rang in der Gesellschaft in Einklang stehen muss.

Wenn man nicht selbst, sondern jemand Anderes diese Ehre verletzt, beleidigt, herabwürdigt oder in den Schmutz zieht, so geschieht genau dieses, sofern man seine Ehre nicht verteidigt. Dies geht nur auf drei Wege, die alle ein und derselbe Weg sind, der Weg der Ritterlichkeit: durch die Queste, durch das Duell und durch die Fehde.

Bruder Hilbert hat die Fehde jenen erklärt, die nicht nur ihn, sondern auch die Bruderschaft der Trollpfortenritter angegriffen und ihren Ehrbegriff beschmutzt haben. Seit langem schon steht die Auffassung von Ehre und Ritterlichkeit zwischen den Pfortenrittern und den Pulethanern. Es ist ein ritterlicher Weg, dies in der Fehde zu entscheiden zu versuchen: Wer die Fehde aufrichtig führt und sie gewinnt, dessen Ehrbegriff wird geheilt und dessen Ehre wieder hergestellt – die Bruder Hilberts so wie Deine oder meine.

Doch ich stimme in Deine Sorge ein: Die Fehde verführt zu leicht die sie betreibenden Parteien, den Sieg um jeden Preis zu gewinnen. Doch wisse: Wer um jeden Preis zu siegen versucht, der zahlt zuviel. Eine Niederlage kann ehrenvoller sein als ein Sieg. Blicke nach Hartsteen und Du verstehst. Deine Sorge also teile ich, dass in einer Fehde der Einzelne sein Ziel aus dem Auge verlieren kann, und ich bin in großer Furcht, dass solcherlei geschehen kann. Ich bin auch aus diesem Grund nicht tatkräftig Teil der Fehde geworden, weil sie keinen solchen Stellenwert gewinnen darf, dass Grafen in ihr zu Felde reiten.

Doch wenn die Fehde ehrbar geführt wird, dann ist jeder Ritter fähig, weiterhin die Schwachen zu beschützen und die Hilfebedürftigen zu stützen. Umso mehr, da sein Geist geschärft, sein Schwert geschult wird!

Ich lade Dich ein, liebe Tsaiane, mich jederzeit zu besuchen und mit mir im Schwertkampf oder der Tjost zu Dir zu finden und von dort aus den Weg der allumfassenden Ehre zu beschreiten. Oder ich bitte Dich: Schließe Dich aufrechtem Rittertum an und begib Dich auf eine göttergefällige und dem Reiche dienliche Queste! Man lernt noch immer am besten, indem man es tut!

Gegeben auf der Grollenburg im Ebergau am 16. Tage des Mondes Rondra im Jahre 1034 BF. Es bezeugen Ritterin Kordara vom Berg, Ritter Reto von Luring-Mersingen und Ritterin Helidora von Treleneck-Sturmfels.
 
 
 
 
Klug und beharrlich!

Ritter Danos