Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 42: Im Bluthai II

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Dramatis personae:


Markgräflich Perrinmarsch, Perricum-Stadt, Hafen, Spelunke Zum Bluthai, Praios 1034 BF, Spät Abends


Kain hatte sich derweilen – nachdem er mit Ri’djeto die Pferde aus der Stadt geschafft hatte - wie besprochen auf einem der Dächer der umliegenden Häuser versteckt. Von hier aus, konnte er gut die Vordertür der Spelunke im Auge behalten und hatte gleichzeitig die Möglichkeit nach hinten in einer anderen Gasse fliehen zu können so, er dies mußte. Seinen Bogen hatte er gespannt in der Hand und euch mehrere Pfeile lagen vor ihm, so dass er zumindest schnell – wenn auch in dem schlechten Licht der Gasse nicht gerade zielsicher – schießen konnte.

Doch was drinnen geschah, bekam er nicht mit. Er mußte sich in Geduld üben und zwang seinen Atem zur Ruhe. Wie auf der Pirsch lag er da und wartete…

Derweilen erhoben sich die beiden Nebachoten im Schankraum, um zu der Frau mit der Narbe über der Kehle zu gehen. Gerade als sie sich erhoben, sahen sie aus dem Augenwinkel, wie einer der Seebären sich aus einer Gruppe von mehreren heruntergekommenen Männern löste und sich am Tisch von Nedarna und Gerion aufbaute. Der Mann schwankte etwas, als er mit einem schmutzigen Zeigefinger auf die Ritterin deutete und mit einem nach verfaulten, stinkendem Atem sie ansprach. „Hä Kleine! Ich und die Jungs da drüber.“ Dabei deutete er auf die zu ihnen hinüberblickende Gruppe von Matrosen. „Wir hamn gewettet, dass Du spitze Schreie wie ne Möwe ausstößt die Fisch sucht, wenn man Dich so richtig rammelt.“ Dann deutete er mit dem Daumen auf seine Brust. „Und ich bin nu hier um zu beweisen, dass dem nicht so is. Klar? Also komm her und zier Dich nicht!“ Gerion schien der Kerl überhaupt nicht zu beachten. „Wie willste es haben?“

Kor’win gab Al’arik derweilen das Zeichen weiter fortzufahren. Eventuell würden die Raulschen sogar besser für Ablenkungen sorgen, als er gedacht hatte.

Al’Arik ließ sich also nicht weiterbeirren und orderte noch schnell eine Flasche Wein, ehe sie sich an den Tisch der Blondgelockten begaben. Diese dann in der Hand haltend baute er sich nun hinter Kor’win auf und überließ es diesem an die Frau heranzutreten.

Der alte Jäger setzte sich – ohne inne zu halten und eventuell um Erlaubnis zu fragen – an den Tisch der Frau. Schweigend ließ er einen Augenblick vergehen, in der er ihr Zeit gab ihn zu mustern, während Al’arik vor dem Tisch stehen blieb, um so einen Teil des Geschehens am Tisch vor neugierigen Blicken zu verbergen.

Doch auch die blonde Frau mit der Narbe über dem Hals konnte dieses Spiel spielen. War sie zunächst überrascht ob des dreisten Auftretens der Nebachoten, hatte sie sich jetzt doch wieder gefangen und lehnte sich entspannt zurück. Nur eine Augenbraue ging bei ihr fragend in die Höhe, während sie mit einem Nicken Kor’win aufforderte sein Anliegen vorzubringen.

Der Edle aus Feshaven stellte noch seine Flasche Wein auf den Tisch ab, mußte dann aber sein Augenmerk vom Tisch abwenden, bemerkte er doch wie die beiden ‚Stiernacken‘ zu ihnen herüber blickten und Anstalten machten sich ihnen zu nähern. Al’arik konzentrierte sich dann auf die beiden Großen und schaute ihnen mit einem lauernden Blick entgegen, hörte aber mit einem Ohr dem folgenden Gespräch hinter ihm zu.

Auf der anderen Seite der Kaschemme hob Nedarna in ihrer typischen Art ihre linke Augenbraue. Die Nebachoten würden ihre Ablenkung bekommen – auf die eine oder andere Art. Ein arrogantes Schmunzeln lag um ihren Mund als sie sich erhob, eine Hand locker in der Nähe des Dolches liegend. Ihre Stimme war ruhig fast ein wenig verführerisch als sie fragte: „Wie ich es haben will? Du fragst mich, wie ich es haben will?“ Ihre Augen wurden schmal - das Lächeln ein wenig breiter.

Zu Gerion gewandt fuhr sie fort: „Liebster, was meinst Du? Genügt er unseren Ansprüchen an einen guten Liebhaber?“ Die Frage schien jedoch nur rhetorischer Natur zu sein, denn sie wendete sich scheinbar grübelnd wieder ihrem schwankenden Gegenüber zu und fragte mit ernsthafter Miene: „Weißt du vielleicht, ob die Schankmaid noch zu haben ist? Sie ist doch wirklich nett anzusehen. Vielleicht mag sie ja meinen Liebsten und mich nachher ein wenig begleiten.“

„Öhm...Dbl...Hrhm....“ Der Matrose war sichtlich perplex ob der Reaktion Nedarnas und schaute sich unsicher zu seinen Kumpanen um, die ihn ermunterten weiter zu machen.

Erst war Gerion von Nedaras Offensive erstaunt (ließ sich aber nichts dergleichen anmerken) - auch der Seebär wußte vorerst nicht, was er darauf antworten sollte. Bevor dieser etwas erwidern konnte, sagte Gerion: "Sie ist durchaus nett anzusehen." Gerion blickte abschätzend der Schankmagd hinterher, doch dann sprach er Nedara an. "Aber Liebste, wo bleibt denn deine Höflichkeit. Dein neuer Freund soll sich doch zu uns setzen, damit wir ihn besser kennen lernen. Vielleicht genügt er ja unseren Ansprüchen." Um Gelassenheit vorzutäuschen schwang Gerion demonstrativ ein Bein über die Lehne und setzte sich etwas bequemer hin. Innerlich aber war er angespannt, und bereit sofort einen Blendzauber zu wirken, wenn es notwendig werden sollte.

Nedarnas Augen weiteten sich: „Verzeih mein Lieber. Wo sind nur meine Manieren?!“ Die Entschuldigung klang glaubwürdig. „Leiste uns doch ein wenig Gesellschaft bei einem Becher Wein.“ Mit einer Geste deutete die Ritterin auf Gerion und anschließend auf sich, um sie vorzustellen: „Das ist Erigon und mich nennt man Ardena.“ Absichtlich hatte sie ihm abgewandelte Namen genannt. Wusste sie doch, dass Gerüchte Namen weit tragen konnten. „Und welcher Name kleidet einen so starken Mann wie dich?“ fragte sie schnurrend und verwies einladend auf einen freien Stuhl.

Der Kerl hatte sich anscheinend wieder gefangen und brummte etwas, dass die beiden aber nicht verstanden. „Los! Leg Dich auf’n Tisch Ardena, dann zeich ich Dir mal, was’n richtiger Kerl so alles kann. Wir war’n sieben Wochen auf See und meine Hand hat schon Schwielen. Also komm. Dein Männchen hier kann sich derweilen ja anderweitig vergnügen.“ Gerade bei den ersten Worten klopfte der Kerl auf den Tisch und deutete an, dass Nedarna sich darauf legen sollte.

Mittlerweile hatten sich einige der Umstehenden zu der Szene am Tisch umgedreht. Manche die Ärger anscheinend vermeiden wollten, versuchten dabei von dem Tisch wegzukommen, die Meisten allerdings standen einfach nur da und gafften lüstern zu ihnen rüber.

In etwa zur gleichen Zeit sah Al’arik wie die beiden Stiernacken ihre Augen weit aufrissen und Anstalten machten zum Tisch gerannt zu kommen. Hinter sich hörte der Edle aus Feshaven nur, wie ein Kopf auf eine Tischplatte donnerte und eine Flasche zu Bruch ging.

Heimlichkeit hatte sich Al’Arik etwas anders vorgestellt, denn er ging davon aus, dass es sich bei dem Kopf der auf die Tischplatte knallte, nicht um den von Kor’win handelte. Aber so gefiel ihm das eh viel besser. Er zog seinen Krummdolch aus dem Ärmel, ritzte sich die Hand und fühlte wie sein Blut in Wallung geriet. Er machte ein, zwei Schritt auf die Stiernacken zu, nicht ausschließlich um sich ihnen schneller entgegen zu stellen, sondern in erster Linie um Kor’win Platz zu machen. In diesem Augenblick war auch schon Ri’djeto an seiner Seite, ebenfalls mit einem Krummdolch in der Hand, die er wie Al’Arik verdeckt hielt. Gierig starrten sie den beiden großgewachsenen entgegen. Al’Arik hatte gesehen wie diese agierten und stellte sich dementsprechend auf sie ein. Doch die beiden hatten anscheinend keine Lust auf einen Plausch und wollten die Nebachoten einfach grob zu Seite drängen, um zum Tisch zu gelangen, dies konnte aber mit zwei sauberen, schnellen Stichen neben ihre Schlagadern verhindert werden. Als die beiden davon zu Boden sacken wollten fingen Al’Arik und Ri’djeto die beiden flux auf und unterdrückten deren Schreie. Dabei kam ihnen der Lärm am anderen Ende des Raumes doch sehr gelegen und sie bucksierten die beiden schwerverletzten Brocken schnell an den Tisch hinter ihnen an dem sich gerade Kor’win die ebenfalls bewusstlose Blonde einhakte und sie vom Tisch wegbewegte. Das Gesicht der Frau sah arg zerschunden aus. Al’Arik griff Kor’win helfend unter die Arme und gab Ri’djeto das Zeichen die sie ihrem gemeinsamen Rückzug zu decken, vorbei an der Traube um Nedarna und Gerion.

Keiner achtete auf das kleine Mädchen, dass der Schankmagd bei der Bedienung der Gäste half. Wieso auch, die Kleine war doch höchsten neun Götterläufe alt.



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Texte der Hauptreihe:
K99. Politik
Pra 1034 BF
Im Bluthai II
Im Bluthai I


Kapitel 47

Im Bluthai III