Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 6: Das Grauen erwacht wieder V
Dramatis Personae:
Salva Charissia von Bleichenwang, Erbin des Junkertums Ochsweid
Gerion von Keres, Edelmann und Magier
Leomara von Keilholtz, Ritterin
Das Grauen erwacht wieder
Anfang Praios 1034 BF, Baronie Gnitzenkuhl
Nach einer kurzen Weile war es schließlich auch Leomara die das Lager, geschützt von einer Baumgruppe und ein paar Streuchern, entdeckte und die anderen beiden zu sich rief. Auf dem ersten Blick sah es aus als wäre das Lager nie verlassen worden. Es waren zwei Schlafstätten zu erkennen, die sich um eine Feuerstelle gruppierten und auch die persönlichen Habseligkeiten der Hirten waren noch vor Ort. „Offenbar wurden die Hirten überrascht,“ murmelte Salva, während sich die anderen beiden nach Spuren umsahen...
Sie gaben sich wirklich alle erdenkliche Mühe Spuren zu finden, doch es war wie verhext. Nichts, keine Fußspuren, Kampfspuren oder sonstiges. Leomara gab schließlich ein Zeichen, und richtete sich schwerfällig auf.
„Hier“ sie deutete auf nahezu parallel verlaufende ganz feine Rillen im sandigen Untergrund. „Es könnte so sein, dass man die wenigen Spuren die es gab verwischt hat, aber es kann auch sein, dass die Hirten selbst, wenn sie trockene Äste für Feuerholz her brachten, dies verursacht haben.“ „Sagt, Wohlgeboren Salva, wie sehen die Männer denn aus? Hatten sie besondere Kennzeichen? Angenommen wir finden …äh Personen und ihr seid nicht zugegen. Woran könnten wir sie erkennen?“
Die angesprochene überlegte einen Augenblick... „Der eine ist ein ... Nebachote ... Ende 20, von schlagsiger Gestalt ... ah ... er hat eine Narbe über seinem rechten Auge. Der andere dürfte die 50 Götterläufe schon überschritten haben ... er hat ein auffälliges Muttermal an seinem Hals ... mehr fällt mir nicht ein ... ach ja, er ist kein Nebachote.“
"So wie ich das sehe", sagte Gerion, "bleiben uns nur diese Spuren. Wir sollten es zumindest damit versuchen. Wir sollten uns später auch ihre Wohnstätten ansehen; vielleicht finden sich dort weitere Hinweise."
Leomara stimmte dem Plan zu, und man begab sich zur Heimstatt der Vermissten. Natürlich löste man dadurch einiges an Bestürzung bei den Hinterbliebenen aus. Die Ungewissheit schien sie zu plagen und sie bestürmten Salva von Bleichenwang mit Fragen darüber was sie denn nun zu tun gedenke und ob sie glaubte, dass die Verschwundenen tot seien.
„Unser Herr Boron hat den Schleier der Unwissenheit über den Verbleib eurer lieben Anverwandten gelegt ... so bald es der dunkle Herr für richtig hält, wir der ihn lüften. Wir werden bereit sein für diese schwere Prüfung. Habt Geduld und betet – für eine baldige Rückkehr der euren, oder für ihre Seelen. Seit gewiss, dass ich alles in meiner gescheidenen Macht tun werde, um Klarheit zu bekommen ... die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Leomara wie auch Gerion gleichermaßen, zeigten sich über diese, fast schon einer Predigt gleichenden Rede, sehr überrascht ...
Gerion von Keres hatte derweil ausreichend Zeit sich mit seinen Männern, die nun bereits angekommen waren, in den Häusern der Hirten um zu sehen. Die Vermissten waren nachdem sie verschwunden waren nicht zurück gekehrt, keine zusätzliche Kleidung fehlte und auch keine Vorräte. Leomara beäugte wachsam das Tun der Männer des Magus, waren sie ihr doch noch unbekannt. Der jüngere war vielleicht zwanzig Jahre und hatte einen grimmigen Blick, Gerion stellte ihn als Pieno Caravita vor, der andere war etwa mitte 30 und in Naturfarben gekleidet, dieser hieß Jobdan Mohrl. Beide waren mit Schwertern bewaffnet.
Die Krieger waren ihr wesentlich weniger unheimlich als ihr Herr, hatte sie doch schon immer Probleme mit Menschen gehabt, die Madas Gabe in sich hatten.
Zuletzt kam man am Dorfplatz Seeheims zusammen und schaute, dass man wieder unter sich war. Die Aufregung war noch immer groß und gerade die nebachotische Familie betrauerte laut und offen den vermuteten Verlust.
Leomara von Keilholtz, so hatte sie sich den Begleitern Gerions vorgestellt, schaute abwartend in dir Runde.
„Ritterin Leomara“, sprach Sava etwas verwundert, „Mir war nicht bewusst, dass ihr Euch wieder vermählt habt ... verzeiht mir meine Unwissenheit! Die allerbesten Glückwünsche!“
Auch Gerion war das nicht bekannt. Als sich Leomara als Keilholtz vorstellte, dachte er sich nichts dabei, doch wenn sie erst kürzlich geheiratet hat, wie Salva andeutete ... Nun, ihre Familie hat nichts dergleichen erwähnt. Er betrachtete die Ritterin mit neuen Augen.
Etwas verschämt schaute Leomara kurz zu Boden. „Danke Wohlgeboren für eure Wünsche. Wie ihr vielleicht wisst, freite ein Ritter des Zornesordens um mich auf der Turney zu Ehren Malina und Aurel von Brendiltales? Nachdem er die ... Bedingung des Vogtes zum Traviabund erfüllt hatte, wollten wir nicht erneut das Schicksal heraus fordern und so lange mit der Zeremonie warten, bis schließlich einer von uns an Rondras Tafel gerufen wird. Glaubt mir, ich weiß, wie schnell das gehen kann.“ Bitter lachte die Rittfrau auf.
„Mein ... Gemahl, Unswin von Keilholtz, kam lebend aus der Warunkei zurück, und auch ich hatte im Wall eine unliebsame Begegnung mit einem Riesenlindwurm ... daher beschlossen wir so schnell wie möglich im kleinen Kreis die Zeremonie zu feiern.“
„Ich verstehe Eure Beweggründe, Euer Vater kann sehr ... willensstark sein.“ Salva blickte Leomara verständnisvoll in ihre Augen.
„Solange die Hirten nicht gefunden sind, kann ich hier nicht weg. Ich denke aber, sobald ich ihre Leichen gefunden habe, werde ich entweder versuchen gen Wasserburg oder gen Haselhain zu reiten um mehr in Erfahrung zu bringen. Ich kann aber nicht sagen wie lange es dauern wird, bis ich hier los komme. Vielleicht geht uns wertvolle Zeit verloren, wenn man hier wartet…“
„Auch für mich hat der Verbleib der Hirten oberste Priorität, das bin ich meinen Untergebenen schuldig.“ Trotzig Blickte Salva in die Runde.
Gerion wandte sich an Salva: "Sagt, Wohlgeboren, gibt es in der Gegend vielleicht besondere Orte, die für einen Magiekundigen vielleicht von Interesse sein könnte? Ein Druidenhain, Steinkreise oder dergleichen? Vielleicht sollten wir uns dort ein wenig nach den Vermissten umsehen. Oder gibt es hier Gegenden, wo sich eine kleine Bande gut verstecken könnte? Des Weiteren würde ich ebenso die Flussufer absuchen lassen, falls es wirklich ein Wasserdämon ist. Man könnte hier mehrere Suchtrupps zusammenstellen lassen."
Salva schlug sogleich ein Schutzzeichen. „Zauberer und ... ähnliches haben wir im Herrschaftsbereich meiner Familie nicht!“ Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort. „Östlich von hier befindet sich ein großes Waldstück ... einige Köhler wohnen wohl dort ... dort kann man sich sicherlich versteckt halten.
Wir werden folgendermaßen vorgehen: Ich werde einen Suchtrupp zusammen stellen und den angrenzenden Wald nach den vermissten Hirten absuchen ... des weiteren muss Borons Schleier über den Vorkommnissen bei Gaulsfurt gelüftet werden ... Wohlgeboren Leomara, Wohlgeboren Gerion, dies wäre eine Aufgabe für Euch?! Sollte meine Unternehmung erkenntnislos verlaufen, werde auch ich nach Gaulsfurt reisen.“ Leomara schaute zögerlich. „Weder das Waldstück und die Felder, noch die Ufer um Gnitzenkuhl sind sonderlich licht. Wir werden schauen müssen, wie viel Zeit uns diese Suche kostet!“ Mit Grauen dachte sie an die vielen Disteln, Kletten, Zecken und die ganzen Stechmücken am Ufer. Hatte sie das nicht schon einmal alles durch gemacht. Schicksalsergeben seufzte sie auf. „Mittels Boten sollten wir den jeweils anderen mitteilen wenn wir fündig werden, ansonsten wünsche ich, dass Phexens Glück uns hold ist, und so zumindest die Ungewissheit für die Familien ein Ende findet.“
Mitleidig warf sie noch einen Blick auf die greinenden Kinder bevor sie sich zu den Männern umdrehte. „Wohlgeboren, meine Herren wollen wir?“
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