Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 86: Seegefecht II
Baronie Wasserburg, auf dem Darpat, später Praios 1034 BF
Während die Galeere im Takt der Trommel schnell Fahrt aufnahm, gab der Sturmfelser klare Anweisungen. „Ich will das Schiff entern. Das Gesindel soll in Perricum hängen. Wenn wir in Schussreichweite sind, wird die Rotze Brandgeschosse abfeuern. Sobald sie mit den Bränden beschäftigt sind, werden wir auf Rammgeschwindigkeit beschleunigen und an ihnen vorbeischießen. Die Hornissen sollen das Deck unter Feuer nehmen, die Rotze die Takelage. Wenn wir vorbei sein, werden eine Wende durchführen und sie erneut angehen. Dann entern wir sie. Die Ruderer sollen sich ebenfalls bereithalten. Klar soweit?“ Er blickte in die entschlossenen Gesichter seiner Offiziere, die zustimmend nickten. „Eins noch, womöglich werden sie versuchen auf der darpatischen Seite auf Grund zu laufen und sich an Land durchzuschlagen. Für diesen Fall Rammen wir sie und nehmen alles unter Beschuss.“ Schon kurz darauf wurde alles getan, um die Taktik in die Tat umzusetzen.
Auch wenn sie mit der Strömung fuhr, die Selene war der Dozman klar unterlegen. Sie hatten den ersten Treffer mit dem Brandöl zwar schnell im Griff gehabt, doch band es Kräfte. Kräfte die an anderer Stelle fehlten. Nicht weniger der Besatzung waren am Strand geblieben, als sie die Dozman entdeckt hatten. Wenn es jetzt zum Gefecht kommen würde, dann könnten sie gerade einmal die beiden Hornissen besetzen. Dann fehlte aber die Mannschaft für ausgefallene Manöver. Die Hände Omens krallten sich in die Reling der Selene, derweil die Dozman immer näher kam. „Sardis, Du versoffener Hurensohn! War das schon alles!“ Der Illusionist blickte sie aus müden Augen an. Er hatte Shedir solange er konnte angreifen lassen. Er konnte nicht viel, doch hierbei war er ein Meister. Auch eine Methelessa ya Comari hätte es kaum besser hinbekommen.
Omen dachte krampfhaft über eine Möglichkeit nach, der Dozman doch noch ein Schnippchen zu schlagen. Flaches Gewässer war kaum eine Alternative, dafür war es zu dunkel und die Bireme hat ebenfalls einen zu geringen Tiefgang. Die Schmugglerin blickte auf die Bireme. Was hatte dieser Sturmfels nur vor? Ginge es ihm um die Ladung, würde es auf ein Entern hinauslaufen. Doch bei seinem Ruf wäre es auch möglich, dass er sie anstandslos rammen und versenken würde. Der Kerl schien sich nicht, die eigenen Taschen füllen zu wollen.
Hakon von Sturmfels stand zufrieden neben dem Ruder der Dozman. Seit langem wieder ein Gefecht, indem er und seine Mannschaft sich beweisen konnten. Schon zu beginn hatte er sein Kettenhemd angelegt und das Schwert gegürtet. Die Dozman kam gerade auf Schussreichweite voran und sie Geschützmannschaft eröffnete das Feuer auf den Feinde. Die Maatin hatte in der Reichsflotte gedient und verstand ihr Geschäft. Wie Hakon, brannte sie darauf sich und ihr Können zu beweisen. Es trafen nicht alle Geschosse, doch genug um der Taktik gerecht zu werden.
„Bei den Niederhöllen, bringt endlich das Feuer unter Kontrolle!“ Omen kippte selbst einen der Eimer mit Sand auf das brennende Öl. Der Kerl wollte sie beschäftigen, das konnte nur eines bedeuten. Er wollte die Selene doch entern. Die abgebrühte Kapitänin lächelte. Noch war nicht alles verloren. „Die wollen uns entern. Wenn die an uns vorbeiziehen, dann feuert auf Ihr Deck. Yelmis, wenn sie auf unserer Höhe sind, wirf den Anker!“ Wenn Ihr Plan funktionierte, würden sie so eine schnelle Wende einleiten. Der Wind stand nicht so ungünstig, es durfte nur der Takelage nicht allzu viel passieren. Sie packte Sardis, der halbherzig versuchte einen der kleinen Brände zu löschen. „Du Auswurf einer Khoramsbestie. Wenn wir auf die Dozman feuern, dann sorge dafür, dass sie denken wir haben auch Brandgeschosse!“ Der gepackte schluckte schwer. „Ich, ich werde es versuchen.“ Für die Entfernung könnte es vielleicht reichen.
Direkt nach einem weiteren Schuss der Rotze beschleunigte die Dozman und schoss mit Rammgeschwindigkeit auf die Selene zu. Ihr Kapitän musste den Kurs nur leicht korrigieren, damit sie am Feind vorbei stoßen würden. Mit seitwärts ausgerichteten Geschützen schossen sie an dem Schmugglerschiff vorbei. Krachend schlugen die kleinen Geschosse der Hornissen auf den beiden Schiffe ein, bohrten sich in Holz und fanden vereinzelt den Weg in ihre menschlichen Opfer. Auf der Dozman schlugen sogar kleinere Brandgeschosse ein. Pfeile surrten durch die Nacht. Das effektivste Geschoss war jedoch das kleine Kettengeschoss, das krachend in die Takelage der Selene schlug.
Während die Ruderer der Dozman den Ruderschlag verlangsamten, um eine Wende einzuleiten, stoppte die Selene überraschend und fuhr eine enge und schnelle Wende. „Die haben den Anker geworfen. Doch das wird denen auch nicht helfen.“ Hakon nahm die Meldung der erneuten Illusionen nur am Rande war. Die Schmuggler hatten nur etwas Zeit gewonnen. Schon feuerte ihr Geschütz das nächste Brandgeschoss. „Klar zum Entern! Für Zwölfe und das Reich!“
Auch wenn das Manöver geklappt hatte, sie würden dem Feind nicht entkommen können. Mit der zerfetzten Takelage würden sie nicht weit kommen. Mit der normalen Besatzung hätten sie vielleicht noch etwas machen können, aber so? Entschlossen zog die Kapitänin ihr Säbel, auf Gnade musste keiner von ihnen hoffen. „Bei den Niederhöllen. Wenn sie den Kampf wollen, dann sollen sie ihn bekommen!“ Kurz darauf entließen die Hornissen erneut ihre tödlichen Geschosse auf die Decks. Die Dozman war auch hier im Vorteil, lag sie doch höher, als das kleine Schiff der Schmuggler. Schon schwangen sich und sprangen Männer und Frauen der Galeere auf den Segler. Es entbrannte ein verbissenes Hauen und Stechen, bei dem sich keine der beiden Seiten etwas schenkte. Auch wenn die Schmuggler ihr Handwerk verstanden, der Feind war ihnen zahlenmäßig deutlich überlegen und nutzte diesen Vorteil, wo er konnte.
Hakon fand in dem wilden Durcheinander dennoch schnell die Kapitänin der Selene. Die stämmige Frau unbestimmten Alters erwehrte sich mit Leibeskräften, doch mußte auch sie ihre Niederlage eingestehen.
„Ergebt Euch!“, fauchte Hakon sie mit seiner Klinge an ihrer Kehle an. Omen atmete schwer und schien einen Moment die unterschiedlichen Möglichkeiten abzuwägen. Schneller Tod im Kampf, oder langsamer Tod am Strang? Die Käpitänin suchte den Blick des Sturmfelsers um abschätzen zu können, wie weiter er gehen würde. Dann löste sich ihre Anspannung und es schien fast so als würde sie in sich zusammen sacken. „Ich ergebe mich und übernehme die volle Verantwortung über das Tun der Selene. Meine Mannschaft hat nur meine Befehle befolgt. Bitte verschont diese ...“