Geschichten:Tsas Tränen - Auf gen Süden!

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Grafschaft Hartsteen, Feidewald


Die Ansprache Bodeberts hatte das Fest beendet und gewirkt wie ein Kübel Eiswasser ins Gesicht. Wie weggeblasen waren Stimmung und Fröhlichkeit, mit betretenen und besorgten Blicken schauten sich die Soldaten und die Ritter an. Und langsam erhob sich ein Gemurmel, das in einem wilden Wutgeschrei endete. Rufe wurden laut: „Nieder mit Geismar!“, „Es lebe Graf Luidor von Hartsteen!“ und „Hartsteen für Hartsteen!“

Beunruhigt schauten sich die Reichsforster Ritter an und sahen, dass Raulfried von Schwarztannen Seite an Seite mit dem Hartsteener stand. Seine Worte, dass der Reichsforst seinen Brüdern in dieser schweren Stunde beistehen müsse, riefen blankes Entsetzen und tiefe Fassungslosigkeit auf den Mienen der Grafenritter hervor. Der Baron von Schwarztannen befahl ihnen eine weitere Schlacht!

Der nächste Morgen brachte eine geschäftige Hektik unter den Kämpfern. Das provisorische Lager wurde abgebaut, Proviant requiriert und der Abmarsch vorbereitet. Niemand sprach mit niemanden, aber die Pfeile aus den Augen der Ritter des Reichsforster Grafenhof spürte Raulfried in seinem Rücken. Er würde es erdulden und daraus seinen Vorteil schlagen.

Noch vor Mittag brach der Tross auf und begab sich auf der Straße durch den Feidewald Richtung Süden. Der Weg war beschwerlich, das Unterholz des Waldes war an einigen Stellen bis auf die Straße vorgewuchert und häufig war nur Platz für zwei Reiter nebeneinander. Jeder hoffte still, dass es keine bösen Überraschungen geben würde, dass kein Räuber ihnen in den Weg trat und die Situation ausnutzte. Aber nichts geschah. Als man etwa dreißig Meilen weit gekommen war, es fing bereits langsam an zu dunkeln, wurde der Wald dünner und öffnete sich in ein weites Tal. Hier rasteten sie die Nacht über und setzten ihren Weg am frühen Morgen weiter fort.

Wenig später erreichten sie einen kleinen Markt. Auf einer kleinen Anhöhe stand die trutzige Burg Orbetreu. Zu gerne hätte mancher Hartsteener Ritter die Gelegenheit genutzt und dem treuesten Vasallen der Quintian-Quandts zurechtgewiesen. Doch Bodebert trieb seine Leute weiter an und in einem gebührenden Abstand umrundeten sie die Wehranlage der Schwingenfelser.

Der Burgherr, Hadrumir von Schwingenfels, hatte bereits am Abend den Trupp bemerkt und einen Boten nach Feidewald gesandt. Er wusste, was der Aufmarsch bedeutete. Mit seinen Leuten konnte er die feindlichen Ritter unmöglich aufhalten, und er wollte es auch nicht. Die Männer und Frauen vor seiner Burg hatten vor Appelhof gegen Dämonenpaktierer gekämpft und dafür ihr Hab und Gut ungeschützt gelassen, auch auf die Gefahr hin, dass ein Graf Geismar ihnen in den Rücken fiel. Hadrumir hatte Respekt vor dieser Entscheidung. Mit einem knappen Befehl gab er seinen Leuten zu verstehen, dass er die Kämpfer ziehen lassen würde, wenn sie sich nicht an seinen Gütern vergriffen. Ein Blick auf seine Braut Tanira von Natzungen, die ihm schweigend zunickte, bestätigte seine Entscheidung. Sie fühlten sich keinem Grafen mehr Untertan.

Um den frühen Nachmittag hatten die Hartsteener und die Reichsforster den Fuß des Grafenhauptes erreicht. Die wuchtige Festung Feidewald lag knapp unterhalb der Spitze des Berges und war nur über steile Serpentinen zu erreichen. Im Wind flatterte das rot-weiß-blaue Banner der feindlichen Grafenfamilie neben dem goldenen Igel auf grünem Grund. Die Schießscharten waren mit Bogenschützen besetzt, das schwere Tor geschlossen. Und unterhalb der Burg standen die Söldner Geismars kampfbereit und mit gezückten Waffen. Sie warteten darauf, dass ihre Klingen Blut saufen durften, damit sie dem Sohn der Kriegsherrin die Ehre erweisen konnten.

Der Wind flaute ab. Die schwere Reiterei war in Stellung gebracht. Die Bogenschützen hatten ihre Pfeile auf der Sehne und warteten auf das Signal. Die Fußsoldaten standen in Reihe und schauten auf die beiden Anführer, die fest und ernst gen Rahja blickten. Alle warteten gespannt auf die entscheidende Schlacht, die das Schicksal der Grafschaft Hartsteen bestimmen sollte.