Geschichten:Turney in Grambusch
Ein wenig lustlos scheuchte der Reichsvogt zu Sertis die lästigen blauschimmernden Fliegen fort. Was mochte es nur sein, dass diese dreizehnmal verfluchten kleinen Biester nur dauernd in seine Richtung lockte? Nachdem er jedenfalls schon recht frühzeitig durch einen kapitalen Fehler in der Tjoste gepatzt hatte - nie wieder würde er ab nun sein Schild zu niedrig halten - und der dumpfe Schmerz in der Brust verklungen war, hatte er mit großer Genugtuung seinen Bezwinger, den letzten Ritter von Karseitz in seinem gold-grünen Wappenrock, von seinem Waldsteiner Nachbarn Nimmgalf von Hirschfurten zu Staube fallen sehen.
Der nächste Ritt würde den jungen Pfortenritter, dessen Verlobte Comtessa Simiona di Silastide-Marvinko ihn auf dem ganzen Turnier zum Tagesgespräch machte, gegen den alten Eovan von Waldshut antreten lassen, ein spannendes Duell zweier interessanter Recken. Wenn nur diese lästigen Fliegen nicht... Hilbert schlug mit Schwung ein besonders prächtiges Exemplar zu grünlichem Brei, was ihm einen etwas schiefen Blick des Reichsforster Grafen, der unweit von ihm zusammen in der Gruppe der Pfortenritter saß, der seit einiger Zeit auch Hilbert angehörte, ein besonderes Privileg, dass er durchaus zu schätzen wußte. Seine Aufnahme hatte er durchaus auch der besonderen Hilfe und Fürsprache des Leihenbutter Barons zu verdanken, dem Hilbert sich seit seinen Pulether Erlebnissen verbunden fühlte. Ein Lächeln umspielte sein Gesicht, wenn er sich die köstliche Szene vorstellte, wie sie der Baron von Halhof mit Genuß geschildert hatte: der Leihenbutter breitbeinig und mit gezücktem Schwert, der eine Dorfgasthaustür eintrat und mit einem geworfenen Bierseidel zeitweilig in Borons Reich der Träume befördert worden war.
Ob er seiner Verlobten diese Geschichte ebenfalls erzählt hatte... aber nein, wie töricht, es war doch königliche Anordnung über jene Geschehnisse, die die Gruppe von Adligen weit hinein ins Weiden'sche Land geführt hatten, wo sie den Bruder des soeben vom Platz geführten Ritter von Karseitz stellen mussten, um zurückzuholen, was der Königin gehörte... furchtbar, diese Schmeißfliegen! ärgerte sich der Vogt.
Sein Blick glitt über die Tribüne und blieb bei einem leeren Platz hängen. Nanu, wo ist denn die zukünftige Leihenbutterin, fragte er sich. Zwar fand auch er sie durchaus äußerst attraktiv und bezaubernd, so wie er ihren kleinen Sprachfehler zugegebenermaßen geradezu schnuckelig fand, doch eine echte Begeisterung konnte er für die Comtessa aus dem Horasischen nicht aufbringen. Sie wirkte irgendwie... Hilbert fand das rechte Wort nicht gleich. Aufgesetzt. Vielleicht zu selbstbewußt und zu wenig devot.
Schließlich sah er sie abseits stehen und in ein Gespräch mit dem alten Recken von Waldshut vertieft. Man, die heizt dem alten Knacker doch ziemlich gut ein. Aber auf die Entfernung konnte er beim besten Willen nichts erkennen. Doch, irgendwas blaues band die Comtessa dem Ritter da um den Hals... ein Halstuch?
Er kam nicht mehr dazu, sich noch länger über diese Beobachtung den Kopf zu zerbrechen, denn gerade redete der Baron aus Syrrenholt wieder auf ihn ein. Was für eine großartige Sache doch eine Verbindung zwischen Westmeer und Perlenmeer sei... der Halkanal. Höflich und freundlich lächelnd hörte er zum zigsten Male das gleiche. Naja, dachte sich der junge Hartsteen, mal sehen was der gute Zankenblatt als nächstes vorhat. Einen Siegestempel zu bauen, dem war ihm der olle Luring ja schon zuvor gekommen.
◅ | Ein Gespräch am Rande (was in Greifenfurt noch so geschah) |
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Orkgefahr | ▻ |