Geschichten:Unangenehme Nachforschungen - Teil 3
Junkertum Breitenhof in der Baronie Greifenhorst
„Bei allen Göttern, so hohen Besuch hatte ich noch nie!“ Die junge Frau, sie mochte vielleicht fünfzehn Götterläufe alt gewesen sein, hatte sich mehrmals verneigt und den Junker dann in ihr bescheidenes Heim gebeten.
Sie war recht ansehnlich, mit glattem schwarzem Haar, welches ihr bis auf die Schultern fiel und dazu weibliche Rundungen, die anzusehen für viele Männer äußerst angenehm war. Auffällig war ihr deutlich hervorlugender Bauch, Tsa hatte sie gesegnet.
Das Quäken eines weiteren Säuglings war aus einem Nebenzimmer zu hören. Es war bitterkalt in der Hütte, denn es brannte kein wärmendes Feuer. Das sehr dämmrige Licht stammte von einigen Talgkerzen. Die Luft im Raum war kühl und doch auch stickig, denn es roch nach verfaulendem Holz Blättern, sowie nach Schweiß und verbanntem Talg.
„Seid ihr Raduvena Wasserthal, die Frau von Anselm Wasserthal?“ Rondrigo zog den Kopf ein wenig ein, denn die Decke war äußerst niedrig.
Die junge Mutter nickte und knickste artig. „So ist es, mein Herr. Aber, was bei allen Zwölfen führt Euch denn zu mir?“
Rondrigo blickte sich um und nahm dann wiederum das beharrliche Winseln des Kindes aus dem Nebenraum wahr. „Weißt du, was mit deinem Mann geschehen ist?“ fragte der Junker geradeheraus.
„Nein mein Herr und verzeiht, aber er kann sich auch gerne nach Brabak scheren, dieser Halunke! Lässt mich hier mit unseren Kindern allein, weil er, anstatt lieber ehrlich sein Brot zu verdienen das Lotterleben eines Abenteurers und Glücksritters führen wollte!“
Verachtung sprach aus den dunkelbraunen Augen der jungen Frau. Ihre schmalen Lippen bebten vor Wut und sie ballte die kleinen Hände zu Fäusten.
„Er war an dem Attentat auf mich und meine Bundesbrüder, sowie meinen Lehnsherrn beteiligt. Er ist nun tot.“ Die Worte des Junkers waren kalt und sachlich, frei von jedwedem Hass oder Zorn.
Raduvena stockte kurz, blinzelte und schluckte schwer. „Verzeiht mein Herr, ich hörte von diesem schrecklichen Zwischenfall. Hätte ich geahnt, dass Anselm...“ ihre Stimme versagte, und sie sackte zu Boden. Nun wurde ihr klar, warum er gar nichts mehr von sich hatte hören lassen.
Es dauerte einige Augenblicke bis sie sich wieder gefangen hatte. Rondrigo stand wortlos am Eingang und blickte sie durchdringend an. „Erzähle mir, alles was du über Anselm und seine Kameraden weißt.“
„Von Zeit zu Zeit kam er in den letzten Monden dann doch immer wieder her, um sich Rahjas Freuden zu holen und das letzte Mal berichtete er mir, dass er bald reich werden würde. Ein Fremder habe ihm und seinen Freunden, wie er sie immer nannte, eine Menge Gold angeboten. Er sagte allerdings niemals wofür. Hätte ich es geahnt, dann...“ Sie senkte den Blick.
„Schon gut, fahr bitte fort.“ Rondrigo kniete sich neben die junge Frau und sah ihr in die Augen. Er glaubte längst nicht mehr alles, was er hörte. Auch wenn der Pfalzgraf sicherlich der Schuldige war, so gab es an der ganzen Geschichte immer wieder Unstimmigkeiten. Bernhelm von Wetterfels war der perfekte Schuldige. Vielleicht sogar ein wenig zu perfekt.
Raduvena seufzte deutlich hörbar und blickte den Edelmann lange an. Dann erhob sie sich, um nach dem greinenden Kind zu sehen.
Als sie zurück kehrte hielt sie das Kind auf dem Arm und streichelte es sanft. Rondrigo bohrte weiter unerbittlich. „Hat Anselm etwas über den Auftraggeber gesagt, der ihn reich machen wollte?“
„Nein, er erwähnte lediglich, dass er ein kriegerisch gekleideter Mann war mit einer blauen Armbinde.“
Rondrigo zuckte mit den Achseln. Die Sache mit der Armbinde war der viel zu offensichtliche Versuch die Pfortenritter als Schuldige darzustellen und zu verleumden.
So hatten sowohl Pfortenritter und Pulethaner ihren Schaden von der Sache; was wiederum auf Bernhelm hindeuten würde.
„Das ist doch alles Orkmist!“ fluchte Rondrigo. Raduvena zuckte zusammen, doch sie schwieg unterwürfig.
„Sonst erwähnte Anselm nichts? Hoffentlich lässt Boron ihn in seinen Hallen verrotten, für diese dumme Tat!“ Rondrigo hing es zum Hals heraus, dass er in dieser Sache einfach nicht voran kam.
Das Kind erschrak sich auch und fing sofort wieder zu weinen an. „Da ist noch etwas, mein Herr,“ flüsterte die junge Mutter vorsichtig.
„Anselm war ein dreister Schurke, mein Herr, da habt ihr Recht. Ich musste es oft genug am eigenen Leib erfahren. Doch er war auch ein Dieb und Beutelschneider.“
Rondrigo stutzte kurz. „Das macht ihn vor Praios nicht besser, Mädchen.“ Wut funkelte in seinen Augen.
„Verzeiht Herr, aber er hat dem reichen Mann, der ihm den Auftrag wohl gab, etwas gestohlen.“
Mit einem Schlag war der Zorn des Junkers verraucht. „Er hat seinen Dienstherren bestohlen, sagst du? Was hat er ihm geraubt? Wie kommst du dann dazu?“
Raduvena legte das vielleicht etwas mehr als einen Götterlauf alte Kind auf eine Decke und verschwand im Nebenraum. „Anselm hat es mir geschenkt, nachdem ich ihm bei unserem letzten Treffen sagte, dass sein zweites Kind in meinem Leib heranwächst.“ Ihre Stimme war aus dem anderen Zimmer kaum zu verstehen.
Schließlich kehrte sie zurück und überreichte dem Junker das Geschenk, welches ihr verstorbener Mann ihr vor einiger Zeit gemacht hatte...