Geschichten:Und der Wald schweigt – Sorge
Tannenwäldchen unweit von Tannhus, Peraine 1044 BF
„Wo ward Ihr?“, stellte Elene von Immenhort ihren Schwertvater mit harscher Stimme zur Rede, „Könnt Ihr Euch vorstellen, was für Sorgen wir uns gemacht haben? Könnt Ihr das?“
Einen Moment war Drego von Altjachtern vom Verhalten seiner Knappin so eingeschüchtert, dass er überhaupt nicht wusste, was er sagen oder gar tun sollte, dann gelang es ihm jedoch sich ins Gedächtnis zu rufen, dass er ihr Schwertvater war und sie seine Knappin. „Mir ist nichts geschehen“, beschwichtige er ruhig, „Es ist alles in Ordnung und es gibt keinen Grund sich hier so aufzuführen.“
„Könnt Ihr Euch vorstellen, dass wir uns wirklich Sorgen gemacht haben?“, wiederholte sie erneut energisch, „Könnt Ihr? Die Waldsteiner lauern an der Grenze auf den Ablauf der Frist, die Erlenfaller wollen Euch nicht nur den Baronsreif stehlen, sondern Euch auch in die Schulknechtschaft schicken und die Schwarztannener sitzen nach wie vor auf Scharfenstein und warten nur darauf, dass ihr einen Fehler macht, der Euch Euren Baronsreif oder aber am besten gleich Euren Kopf kostet. Und Ihr habt nichts Besseres zu tun als Mitten in der Nacht allein im Wald herum... herum... herumzu... zu...“
„... irren?“, schlug Baron Drego nun da vor.
„Ja“, meinte Elene nickend und wirkte plötzlich seltsam kleinlaut, „Genau. Herumzuirren.“
„Ich weiß“, stimmte er ihr da nun zu, „Und du hast mit allem Recht, dennoch wirst du so nicht noch einmal mit mir sprechen. Hast du das verstanden?“
Sie schluckte und schaute plötzlich recht beschämt drein: „Habe ich. Werde ich nicht mehr.“
„Gut“, schloss der Schwertvater da, „Wir gehen nun zurück. Kommt.“
„Wir haben uns aber wirklich Sorgen gemacht“, stellte sich Jast nun auf die Seite Elenes, wobei Blasius von Gerbachsroth seine Worte mit heftigem Nicken bekräftigte, „Keiner von uns weiß, wo Eure Feinde überall auf Euch lauern und wir haben doch schon einen Schwertvater verloren...“
„Und Ihr glaubt, Ihr könntet meine Feinde davon abhalten?“
„Ist das nicht unsere Aufgabe?“, erwiderte der Schwippinger schulterzuckend, „Wir sind Eure Knappen. Dafür sind wir doch da. Wir sollen uns schützend vor Euch stellen...“
„So wie das letzte Mal?“, der Ritter lachte kehlig. Einen Augenblick war es totenstill. Es war eine drückende, eine unangenehme Stille, die nicht einmal der Regen zu durchdringen vermochte.