Geschichten:Unendliche Tiefen - Blick in die Zukunft

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Pelkhafen, Lande der Reichsstadt Perricum, Ende Praios 1043 BF

Nahezu jeden Tag verbrachte er am Hafen. Hier wimmelte es nur so von Leben. Schiffe wurden be- und entladen, die Waren in Lagerhäusern verstaut oder für den Abtransport in den Moloch Perricum auf Karren geladen. Er liebte dieses Gewimmel, das scheinbar chaotisch war und planlos – und doch war es zielgerichtet und folgte einer komplexen Choreographie. Und er war mitten drin. Mal verdingte er sich als Hafenarbeiter, mal als Schreiber für einen Händler. Auch suchte und fand er den Kontakt zum 'Efferd-Tempel zur salzigen Woge'. Es lief also alles nach Plan für ihn.


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Wie so oft kamen Rylara und Jovis schon angelaufen, als er sich nach einem harten Arbeitstag auf seinen Stammplatz auf der Kaimauer unweit der neuen Hafenbastion niederließ. Die beiden Novizen hingen stundenlang an seinen Lippen, wenn er begann Geschichten aus fernen Ländern zu erzählen, oder über das Wesen des Meeres philosophierte. Immer öfter schloss sich auch der junge Geweihte Velmar den Novizen an.

„Wenn ihr auf das Meer blickt, was seht ihr dann?“, begann der charismatische Mann Anfang dreißig.

„Wellen“, sprudelte es aus der jungen Rylara heraus.

„Das Efferd gefällige Auf und Ab der Gezeiten“, antwortete der junge Geweihte Velmar betont abgeklärt.

„Die Weite des Horizonts.“ Die Stimme von Jovis war ruhig und gesetzt.

Ihr Lehrmeister schwieg eine Weile bis er fortfuhr.

„Doch was ist die Essenz davon? Ist es das was wir sehen? Oder ist es das Verborgene?“

„Die unstete Kraft des Launenhaften, die Macht der Gezeiten, das ist die Essenz unseres Herrn.“ Velmar wirkte etwas oberlehrerhaft.

„Ist es nicht vielmehr die unergründliche Tiefe des Meeres? Oder der unendliche Horizont?“, widersprach ihm Jovis.

„In der Tiefe gibt es nur den Tod. Es ist das Reich der unbarmherzigen Ersäuferin.“, antwortete Velmar bestimmt.

„Nein, nicht die Allesverschlingende gebietet über die unendlichen Tiefen, sie ist Herrin des verdorbenen Wassers und tödlicher Fluten, aber nicht über die Tiefe des Meeres.“ Wieder war es Jovis, der den etwas älteren Vellmar widersprach.

„Stellen wir uns drei Geschwister vor.“ Sanft ließ der tiefe Bass die Streitenden verstummen. „Zwei Brüder und eine Schwester. Sie alle hatten ihren Platz und ihre Aufgaben in der Familie eines Fischers. Doch die Schwester war nicht zufrieden mit dem was sie hatte und neidete was ihre Brüder besaßen. Ihr einst reines Herz würde nachtschwarz und kalt, bis es so verdorben war, dass sie sich den Tod ihrer Brüder wünschte und alles tat um ihnen zu schaden. Der älteste Bruder bemerkte die Veränderung im Wesen der Schwester nicht, oder wollte sie nicht bemerken. Er war zu sehr mit sich und seinen wechselhaften Launen beschäftigt. Es war der Jüngste von den Dreien, ruhig und unergründlich vom Wesen und dennoch von großer Weisheit, der den Verrat der gefallenen Schwester aufdeckte und für ihre Verbannung sorgte.“

„Aber es war doch seine Schwester, konnte sie nicht wieder auf dem Pfad des Guten gebracht werden?“, fragte Rylara mitleidig.

„Sie wollte ihre Brüder töten, da ist die Verbannung schon gerechtfertigt“, mahnte Velmar.

„Die Taten der Schwester sind das eine, aber was ist mit dem älteren Bruder?“ Jovis wirkte ernst. „Hat er mit seiner Gleichgültigkeit nicht die Familie ebenso gefährdet?“

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Mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Lippen wandte er sich von seinen Schülern ab und blickte in die Weite des Horizonts. Ja, es verlief alles nach Plan seines unergründlichen Herrn.




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21. Eff 1043 BF
Blick in die Zukunft
Ruf der Vergangenheit


Kapitel 4

Autor: Bega