Geschichten:Unter Geiern – Forderungen
Burg Scharfenstein, Anfang Peraine 1044 BF
Drego von Altjachtern wirkte blass: „Und wie...“ Seine Stimme brach. „... wie lautet ihre Forderung?“
„Forderung?“, Yolande von Raukenfels lachte kehlig, „Ihr unterschätzt den Größenwahn Eurer Gegenüber. Es sind Forderungen. Mehrere! Drei an der Zahl.“
Der Baron atmete schwer. Ihn überforderte das alles zunehmend. Baron zu sein, dass hatte er sich leichter vorgestellt. „Und... und was wollen sie?“
„Zum einen die sofortige Freilassung von Eylrun von Erlenfall“, erwiderte die Vögtin.
„Das war zu erwarten“, meinte Drego da trocken, „Was noch?“
„Lösegeld und das in einer nicht... hm... unbeträchtlichen Höhe“, fuhr Yolande fort.
„Können wir das auftreiben?“
„Nun“, die Raukenfelserin schluckte, „Aus den Mitteln der Baronie könnt Ihr es nicht aufbringen. Ihr müsstet Schulden machen. Doch wer wäre bereit Euch in der derzeitigen Situation Geld zu leihen?“ Sie seufzte schwer. „Die Situation des Reichsforstes ist nicht gerade vielversprechend, es wird euch wohl kaum jemand einen solch erheblichen Betrag leihen ohne eine Sicherheit Eurerseits.“
„Ich habe eine Baronie“, meinte er da schulterzuckend, „und wenn diese nicht gerade von den Waldsteinern geplündert wird oder gar den Kaisermärkern in die Hände fällt wirft sie durchaus das ein oder andere ab.“
„Ja“, stimmte sie ihm in diesem Punkt zu, „Aber ihr kennt den dritten Punkt noch nicht: Niederlegung von und Verzicht auf sämtliche erbliche Titel und Ämter eurerseits.“
Irritiert blickte er seine Vögtin an: „Aber dann... dann... dann wäre alles umsonst gewesen! Diese ganze... ganze zum Himmel stinkende Fehde! Alles... Alles!“
„Und keiner, Hochgeboren, absolut keiner wird Euch dann mehr diese Summe leihen, denn zurückzahlen könntet Ihr sie nie.“
Drego von Altjachtern wandte seinen Blick ab. Plötzlich machte sich eine nie gekannte Erschöpfung in ihm breit. „Und was... was soll ich jetzt tun?“ Er zuckte entsetzlich hilflos mit den Schultern. „Nie werde ich alle diese Forderung erfüllen können und wenn ich Eylrun gehen lasse, dann...“
„... dann verliert Ihr auch noch die letzte Sicherheit. Sie ist das einzige, das Ihr gegen ihre Familie einsetzten könnt. Mehr bleibt Euch derzeit nicht. Es sei denn...“
Da lachte der Baron irre: „Nein, vom Grafen habe ich noch nichts gehört. Er hat mir jedoch versichert, dass er sich der Sache zu gegebener Zeit annehmen will.“ Er zuckte mit den Schultern. „Aber was heißt das schon?“ Ausdruckslos schaute er drein. „Sie haben das Liebste, das es auf ganz Dere für mich gibt.“ Wahrlich er liebte Orknäschen sehr und es schmerzte ihn zutiefst, dass er so hilflos und zugleich machtlos war. „Was... wenn sie ihr etwas antun?“
„Das werden sie nicht“, Yolande schüttelte energisch ihren Kopf, „Sie ist ihre Sicherheit gegen Euch, das werden sie nicht auf‘s Spiel setzten. Und lebendig ist sie weitaus mehr wert.“