Geschichten:Unter Geiern – Und die Kinder
Burg Scharfenstein, Ende Phex 1044 BF
„Nein, Drego“, wurde Ailsa ni Rían langsam zornig, „Das wirst du nicht tun!“
„Aber Orknäschen“, versuchte er seine Gattin zu besänftigen, „Sie ist doch nun mal die Großmutter unserer Kinder.“
„Meine Eltern haben es auch hierher geschafft“, erwiderte sie schnippisch, „Und ihr Weg war wesentlich weiter!“
„Ja, aber es ist doch Fehde...“
„Und da willst du mit zwei Neugeborenen deine Mutter besuchen? Ist das wirklich dein ernst?“, die Rían hielt einen Moment inne und betrachtete ihren Gatten fragend. Noch immer konnte sie es einfach nicht fassen, wie sehr er unter der Fuchtel seiner Mutter stand und das noch immer! „Erinnerst du dich, was sie dir über mich geschrieben hat, also du sie zu unserem Traviabund eingeladen hast?“
„Ach“, versuchte er da abzuwinken, „Das hat sie doch gewiss gar nicht so gemeint.“
„Nicht so gemeint?“, ihre Stimme überschlug sich regelrecht, „Nicht so gemeint?“ Eilig mäßigte sie sich dann jedoch. Dregos Mutter war eine durch und durch nur auf sich bedachte Person, die doch tatsächlich zu glauben schien, sie können sich alles erlauben und von ihrem Sohn alles verlangen, ganz gleich wie sie sich benahm. „Sie hat mich als eine dahergelaufene, diebische Elster beschimpft. Sie hat mir unterstellte, ich wäre absichtlich schwanger geworden, um mir den Baronstitel zu sicher...“
„Nichts davon stimmt“, meinte er da lediglich und versucht noch immer beruhigend auf sie einzuwirken.
„Und warum sagst du ihr das nicht?“ Diese Frage hatte sich Ailsa schon des öfteren gestellte, denn gegenüber seiner Mutter brachte Drego einfach den Mund nicht auf. „Sag ihr doch mal, wie es wirklich war oder... oder weißt du etwa genauso gut wie ich, dass das nichts, aber auch gar nichts bringen wird? Diese Frau ist einfach nur durch und durch bösartig, kein Wunder will dein Vater nicht mehr als unbedingt nötig mit ihr zu tun haben.“
„Das... das... das...“, stotterte Drego da nur und wusste nicht so recht was er sagen sollte. Er wusste genaugenommen nie was er sagen sollte, wenn es um seine Mutter ging, wobei... eigentlich nahm er sie sogar immer noch in Schutz, ganz gleich was sie tat oder sagte.
„Das ist die Wahrheit. Und du weißt das genauso gut wie ich. Jeder weißt das, nur eingestehen willst du es dir nicht. Nein, du rennst weiter deiner Mutter hinterher und hoffst auch weiter das sie irgendwann anerkennen wird, was du in seinem Leben erreicht hast. Das jedoch, Drego, wird sie nie tun. In ihren Augen hat nur deine geweihte Schwester es zu etwas gebracht und genau das wird sich niemals ändern. Nie wird sie ein lobendes Wort über euch andere verlieren oder gar etwas wertschätzen, was ihr getan habt, ganz gleich für wen. Du könntest sogar das Leben der Kaiserin retten und sie würde ja doch nur von deiner geweihten Schwester sprechen.“
„So... so ist sie nicht. Du... du... du kennst sie überhaupt nicht.“
„Darauf lege ich auch keinen Wert. Absolut keinen Wert. Und noch weniger lege ich wert darauf, dass sie Umgang mit unseren Kindern pflegt. Entweder sie bewegt sich hier her oder aber sie bleibt dort wo sie ist und muss auf ihre Enkel verzichten.“
„Es sind auch meine Kinder, Orknäschen. Auch meine“, versuchte er zu protestieren.
„Ja, das sind sie. Aber wenn du es wagen solltest, sie unter den gerade herrschenden Bedienungen nach Altjachtern zu bringen, noch dazu zu einer Frau, die mich – ihre Mutter – für eine durchtriebene Person ohne jeden Anstandes hält, dann werde ich ebenso verfahren. Dann werde ich sie nach Praiosborn bringen und dann wirst du es sein, der seine eigenen Kinder lediglich gelegentlich sehen wird, weil ich es dir lediglich gelegentlich gestatten werden sie dort zu sehen...“