Geschichten:Unter Geiern – Und doch kein Ende
Burg Scharfenstein, 17. Ingerimm 1044 BF
„Das Urteil meiner Herrin war eindeutig“, berichtete Elerea ni Rían mit ihrer donnernden Stimme dem Baron zu Schwarztannen, „Emmeran von Erlenfall wurde im rondragefälligem Duell auf‘s dritte Blut von Rondradan von Pfortenstein besiegt. Rondra sei mit ihm.“
„Rondra sei mit ihm“, stimmten alle mit ihr ein.
„Gut“, hob Baron Drego dann schließlich erleichtert an, „Das ganze hat nun endlich ein Ende.“
Die Geweihte nickte: „Die Fehde zwischen den Familien Erlenfall und Pfortenstein ist endgültig beigelegt.“
„Dann werden die Erlenfaller Gräflich Rubreth nicht länger in ihrer Hand behalten können“, vermutete Iber von Radwitz.
„Damit wären die Erlenfaller nachhaltig geschwächt“, fasst Fael ui Rían die Gesamtsituation zusammen, „Sie haben das Amt des Landrichters verloren und werden sehr wahrscheinlich auch Rubreth verlieren.“
Der Radewitzer nickte bestätigend und obgleich anzunehmen war, dass er mehr wusste, sagte er nicht mehr.
„Ihr solltet unverzüglich Emmerans Erben zum Lehenseid einbestellen“, meinte Yolande von Raukenfels.
„Ihr habt recht“, stimmte Baron Drego da nickend zu, „Und wer folgt nun Emmeran als Junker?“
„Sein Sohn“, wusste Valaria von Wiesenthal, „Eigentlich wäre seine älteste Tochter Erbin gewesen, doch Jesmina hat den Überfall ihrer Familie auf Gut Blaustein nicht überlebt. Daher geht das Erbe nun auf ihren jüngeren Bruder Eslam über. Derzeit ist er zwar noch Knappe irgendwo im Hartsteenschen, doch sein Ritterschlag sollte unmittelbar bevorstehen. Bis dahin gehe ich davon aus, dass seine Mutter zusammen mit seiner Tante das Lehen verwalten wird.“
„Ich werde dem Knaben ein entsprechendes Schreiben aufsetzen“, erklärte der Kammerherr. Er kümmerte sich auch um die Korrespondenzen des Barons.
„Was wissen wir denn über ihn?“, warf die Vögtin da auf.
„So wie Kordara immer erzählte, soll er wohl mehr nach seiner Mutter geraten sein und weniger nach seinem Vater“, gab die Wiesenthalerin das wieder, was sie wusste und gestand sogleich ein: „Ich bin ihm aber nie begegnet, daher ist das alles, was ich berichten kann.“
„Immerhin kann der Einfluss seines Vaters so nicht allzu groß auf den Knaben gewesen sein“, mischte sich Albur von Nordingen da ein, „So weit fort wie er von ihm war.“
„Anzunehmen“, stimmte Fael ihm da zu, „Dennoch stellt sich die Frage, ob wir darauf vertrauen können, dass sein Weg ihn nach Scharfenstein führt und nicht nach Burg Rallingstein und damit in die Arme seiner Familie.“
„Darauf sollten wir uns besser nicht verlassen“, merkte Albur da an, „Besser wir stellen sicher, dass ihn sein Weg wirklich auch direkt nach Scharfenstein führt.“
„Dass werden wir nur sicherstellen können, wenn wir ihn bei seinem Schwertvater aufsuchen“, meldete sich der Radewitzer zu Wort.
„Dann sollten wir das tun“, schloss Drego.
„Ihr werdet ganz sicher nicht nach Harsteen aufbrechen, Hochgeboren“, meldete sich die Vögtin da unter heftigem Kopfschütteln zu Wort, „Das ist viel, viel zu gefährlich. Das ist doch genau die Situation, auf die Eure Feinde hier nur warten!“
Einen Moment blickte er sie ungläubig an, dann nickte er zustimmen und erklärte: „Ihr habt Recht, Frau von Raukenfels. Wie so oft. Werdet Ihr aufbrechen?“
Nun nickte sie: „Das werde ich. Allerdings nicht allein. Ich hätte gerne Eilein ni Rian an meiner Seite. Auch Euch, Euer Gnaden Rían hätte ich gerne dabei.“ Die Rondra-Geweihte nickte zustimmen. „Des Weiteren einen Geweihten des Herrn Praios. Ich werde in Schwarztannen oder Hexenmühle um einen Ersuchen.“
„Tut das“, meinte der Altjachterner nickend, „Tut das.“
Nun nickten alle zustimmend und die Mitglieder des Hofes begannen sich zu zerstreuen.
„Was ist mit der Baronin?“, wollte Lindegard im Anschluss leise von der Vögtin wissen.
„Wird noch immer auf Rallingstein festgehalten. Und ein Ende ist nicht absehbar. Sie pochen noch immer auf ihre Forderungen. Haben erneut bekräftigt, dass sie sie nur freilassen, wenn der Baron Eylrun freilässt, das Lösegeld zahlt und auf alle Ämter und Titel verzichtet. Auch der Tod des Junkers hat daran nichts geändert. Meiner Einschätzung nach sind ihre Forderungen nur noch vehementer geworden. Wenn wir Glück habe, kann der neue Junker seine Verwandten zur Räson bringen...“
„Und wenn nicht?“