Geschichten:Uslenrieder Briefwechsel - An Erpelsberg im Rahja 27 Hal
Ihrer Wohlgeboren Jungfer Derya von Erpelsberg zu eigenen Händen
Seid gegrüßt im Namen der Zwölfe, Jungfer Derya!
Fast sechs Monde sind ins Land gegangen, da Ihr, Wohlgeboren, mir Eure Treue zugesagt habt. Dennoch - und eben darum ist es an mir, Euch um Verzeihung für dieses Geschehnis zu bitten - unterließ ich es bis zum heutigen Praioslaufe, Euch für diese Treuebekundung meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Doch wie Ihr ja gewißlich vernommen haben werdet, seid im vergangenen Boronmond nicht nur Ihr, sondern noch etliche andere mehr oder minder verdiente Adelsleut' vom Reichsbehüter belehnt worden, und solchermaßen galt es nun - und gilt es immernoch - die anvertrauten Lande vor des Reichsbehüters und der Zwölfe Augen wohlgefällig zu verwesen. Allenthalben ist es dorten zu Gareth in den Kanzleien zu mancherlei Wirrnissen gekommen, welchselbige mich so sehr in Anspruch genommen haben, daß ich kaum die Zeit fand, Euch eine Depesche zukommen zu lassen. Doch gehe ich einmal davon aus, daß Ihr Gut Erpelsberg wohlbehalten erreicht und Euch eingelebt habt, und bislang sind mir auch keine Klagen über Eure Person zu Ohren gekommen, so daß ich wohl auf Eure Integrität vertrauen darf.
Doch zu den Dingen, die mich und die Reichskanzleien derart in Anspruch genommen. Wie Euch vielleicht bekannt ist, warden dem jüngeren Hause Streitzig vor nicht allzulangen Jahren mit der Reichsgrundreform unseres geliebten Kaisers Reto neben den heimischen Landen zu Uslenried, welche seit Jahrhunderten im Besitz des Hauses, auch die Lande Dergelquell in der nunmehrigen Markgrafschaft Heldentrutz anvertraut. Doch in besagtem Boronmonde dieses Götterlaufes trug es sich nun zu, daß ein entfernter Vetter meinerseits, der Herr Grotjan von Ebelried-Streitzig, nach des Reichsbehüters Ratschluß zum neuen Baron von Dergelquell gekürt wurde, welches mich, der ich allenthalben rechtmäßig vor nunmehr sieben Götterlaufen das Erbe meines Vaters angetreten habe, wohl zu recht in Rage versetzte, bin ich doch vom Reichsbehüter niemals der Lande Dergelquell entlehnt worden noch habe ich einen Anlaß dazu gegeben. So mühe ich mich seit derweil einem halben Jahre darum, meinen Anspruch auf Dergelquell aufrecht zu erhalten und reise daher beständig, zwischen Uslenried, Dergelquell und auch Gareth hin und her, so daß ich für notwendige Korrespondenz keine Zeit mehr finde und nicht nur Euch, sondern auch meine Nachbarin, ihre Hochgeboren Maline von Hohentann, die Baronin zu Schwanenbruch derart vernachlässigt habe, daß nicht nicht einmal zum Begräbnis Ihres Vaters die Aufwartung zu machen vermochte.
So komme ich denn nun auch zum Kern dieses Schreibens, mit welchem ich Euch nicht nur meine Entschuldigung entbieten, sondern auch ein Anliegen vortragen möchte. So Ihr mir einen großen Gefallen erweisen wollt, bitte ich Euch, vor der Unterkanzlei für die Provinzen bei seiner Hochgeboren Darulf Baron Corish von Prail zur Kleinfurt für mein Anliegen einzutreten.
Desweiteren möchte ich Euch für den Rondramond nach Uslenried auf Burg Greifenklaue einladen, um Euch ein wenig besser kennzulernen und mit Euch über das ein oder andere zu plaudern, denn es fehlt mir die Zeit, selbstens nach Erpelsberg zu reisen. Zudem gilt es zu planen, denn nur die Götter wissen, ob wir nicht alsbald gegen den Schwarzen ziehen müssen, dessen Scharen bereits Tobrien unterjocht haben. Doch bis dahin gehabt Euch wohl, und laßt mich nochmals mein tiefstes Bedauern über die Vernachlässigung Eurer Person ausdrücken.
Mögen die Zwölfe Ihre Hand über uns halten!
Gegeben auf Burg Greifenklaue zu Uslenried am 11. Rahja 27 Hal
Wulf von Streitzig j.H. zur Greifenklaue, Baron zu Uslenried etc. pp.