Geschichten:Verlieren
«Auf gar keinen Fall heirate ich euch!» schrie die junge Ritterin ihr Gegenüber an, kaum hatte Felian von Perainsgarten ihren Freispruch übermittelt und sie gebeten, Meilersgrund an seiner Seite zu verlassen. Irritiert hob der Junker eine Braue. Mit diesem Gesprächsauftakt hatte er nicht gerechnet, erinnerte sich Gegenüber also an ihren Wortwechsel am Ende der Schlacht im Tal der Kaiser. Doch er kam gar nicht zu Wort. Doch anstatt mit Fäusten – wie es zunächst ausgesehen hatte – schlug Yasinthe mit Worten weiter auf Felian ein: «Wir haben uns in Eslamsgrund über Ritterlichkeit und Ritterliche Tugenden unterhalten und philosophiert, nichts weiter! Diese Unterhaltung genoss ich mit Euch – Gemeinsamkeit vor Rondra, doch bestimmt nichts anderes. Wie kommt ihr auch nur auf den Gedanken, ich hätte jemals Interesse an euch gehabt? Und überhaupt, Ihr wart Teil des Hohen Gerichts, welches den Grossfuchs zum Tode verurteilte. Was soll ich also von Euch halten?»
«Falls Ihr mich zu Wort kommen lasst …». Abwehrend die Hände erhebend versuchte der Junker von Perainsgarten der Anklage der Ritterin mit ruhiger Stimme zu begegnen, während er innerlich einen jäh aufkeimenden Zorn unterdrückte. Was dachte sich dieses undankbare Mädel eigentlich, was es ihn gekostet hatte ihr Leben zu retten und was wusste sie schon von den Verhandlungen hinter verschlossenen Türen, als es darum ging dieses und jenes Leben gegeneinander abzuwägen, weil sich nicht alle, die einem wichtig waren, retten liessen? In den paar Sekunden, in denen Yasinthe sich etwas beruhigte, ordnete Felian seine Gedanken.
«Ich entschuldige mich, eure Intensität bei unserem Gespräch über ritterliche Tugenden und ritterliches Verhalten als Interesse an meiner Person missverstanden zu haben – offenbar war der Wunsch Vater des Gedankens.» Felian zuckte mit den Schultern. «Der Heiratsantrag ist nichtig. Doch eure Worte habe ich trotzdem nicht verdient, bei Rondra und Praios: Unsere Vorstellungen von Rittertum und Ritterlichkeit mögen sich unterscheiden und nach all den Streitereien, Kriegen und Fehden hätte das Königreich bei den Göttern einen Adel im ritterlichen Sinne verdient. Mit dem Griff nach der Krone ging der Grossfuchs allerdings schlicht zu weit. Bedenkt, wenn Ihr mich anklagt: Das Gericht erkannte auf Verbannung. Was denkt ihr wohl, was es gekostet hat dem Grossfuchs den Tod zu ersparen und wie viele edle Ritter deswegen unverdient und schändlich am Strick enden mussten wie euer Vetter, nur weil sie ihrem Lehnseid folgten oder dachten das richtige zu tun? Was kann ich dafür und woher sollte ich wissen, dass die Kaiserin sich über das Gericht hinwegsetzt und ihren Verwandten dem Henker übergibt? Meine nicht auf Gegenseitigkeit beruhenden Gefühle für Euch dürft ihr mir übelnehmen. Aber nicht, was ich als Richter nach besten Wissen und Gewissen getan habe.»
Widerstrebend gab Yasinthe Felian recht. Stille Sekunden vergingen, ehe sie sich überwand und ihn auf ihre Zukunft ansprach. Schliesslich war er doch als Richter zu ihr gekommen, oder etwa nicht?
«Ihr seid frei zu gehen und zu tun, was immer ihr wollt.» Während ein Gefängniswärter mit einer Fackel vor ihnen her schritt, geleitete Felian Yasinthe durch die Gänge des Gefängnisses und versuchte die junge Ritterin etwas aufzumuntern: «Was geschehen ist, lässt sich nicht mehr ändern und ich bitte euch nach vorne zu schauen. Im Hof warten Pferd, Lanze und Ausrüstung auf euch. Lebt als fahrende Ritterin eure Ideale und obwohl unsere Wege uns hier trennen, wünsche ich euch Rondras Segen und dass Ihr Frieden findet.»
Schweigend legten sie die restlichen Schritte zum Gefängnistor zurück und kamen in einen Hof, wo Felians Knappe und Waffenknechte für die beiden ihre gesattelten und mit Gepäck ausgerüsteten Pferde bereithielten. Wortlos reichte Yasinthe Felian die Hand zum Abschied. Es gab nichts mehr zu sagen.
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