Geschichten:Verräter und Getreue - Ein gemeinsamer Feind
Kesseling, 13. Peraine 1033
Als Praiodan von Steinfelde mit seinem kleinen Gefolge den Gutshof von Kesseling erreichte, kam ihm aus dem Tor des ummauerten Gutshofes eine Gruppe zum Kampf gerüsteter Reiter entgegen. Er erkannte den voranreitenden Brinian von Allingen und eine Anzahl an weiterer Rittern, die an ihren Wappenröcken und Schilden unschwer als Mitglieder der Familie Schwingenfels zu erkennen waren, nebst weiteren berittenen Waffenvolk. Eine Lanzenlänge voneinander entfernt hielten die beiden Gruppen an.
„Allingen“, der Ritter von Steinfelde hob seine Hand zum Gruß, was der Angesprochene flüchtig erwiderte.
„Steinfelde. Kommt ihr, um endlich den Zweikampf auszutragen, den Ihr mir noch schuldet?“
„Vielleicht. Ein gemeinsamer Bekannter hat mich aufgefordert, heute hierher zu kommen und mir zugleich geraten, Euch dies hier zu geben“, Praiodan lenkte sein Pferd näher zu Brinian hin und reichte diesem den Ring.
Der Junker von Kesseling wirkte nicht überrascht, das Kleinod zu sehen und meinte achselzuckend: „Der Kampf wird dann wohl warten müssen. Was hat dieser Bekannte gesagt?“
„Er sagte, dass Hartsteen Frieden brauche.“
„Wollt Ihr den Frieden?“
„Das kommt darauf an, wie dieser Frieden aussehen soll“, wich der Steinfelder aus.
Doch der Allinger winkte ab: „Lassen wir das Geplänkel. Der Kronvogt hat mich bevollmächtigt, Euch mitzuteilen, dass er als Zeichen seines guten Willens auf die Reparationsforderungen aus seiner Fehdeansage verzichten wird.“
Praiodan kniff die Augen zusammen: „Das ist zwar sicherlich ein feiner Zug seiner Hochgeboren aber er weiß doch, dass er diese Summe ohnehin nie bekommen würde. Doch als Zeichen meines guten Willens nehme ich sein großzügiges Angebot an.“
„Da wäre noch etwas“, schob Brinian schnell hinterher, „Der Kronvogt möchte, dass Ihr an seiner Seite kämpft, Steinfelde. Das almadanische Söldnerterzio in Geismars Diensten marschiert in diesem Augenblick die Hutter Straße nach Ebenhain hinunter und ich schätze, dass sie Gut Dornheim fast erreicht haben müssten. Der Kronvogt zieht ihnen bereits entgegen und wird versuchen, sie hinzuhalten. Wenn wir uns beeilen, können wir ihnen dort in die Flanke oder in den Rücken fallen. Da wir, wie Ihr seht, nicht gerade viele sind, können wir jede Lanze und jeden Schwertarm gut gebrauchen, um ihre Formation aufzubrechen.“
Praiodan brauchte einen Moment, bis er vor Überraschung die Sprache wieder fand: „Das mag wohl sein. Aber meinen Besitz haben die ohnehin schon gründlich auseinandergenommen. Warum sollte ich nun für Euch und den Schwingenfelser die Kastanien aus dem Feuer holen?“
„Kann Euch etwas daran liegen, wenn der Krämergraf die Kontrolle in Hutt vollends übernimmt? Er ist sowohl Euer als auch unser Feind! Ich bitte Euch, reitet mit uns, damit wir als Hartsteener Ritter diesem Söldnerpack und mithin Geismar einen Schlag versetzen, der ihm lange in Erinnerung bleibt und deutlich macht, wer die Herren in Hartsteen sind!“
Praiodan straffte sich und blickte in die Runde. Ihren Mienen nach zu urteilen schien den Schwingenfelsern das Ersuchen ihres Familienoberhauptes mindestens genauso unangenehm zu sein, wie ihm selbst. Doch dann schlich sich ein boshaftes Grinsen in sein Gesicht und er brummte nickend: „Schauen wir mal, ob diese almadanischen Esel noch etwas anderes können außer rauben, plündern und schänden.“
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