Geschichten:Vertraute der Krone - Bier, Braten und ein Mordkomplott
Schenke "Bei Damian", Alt-Gareth. Zwei gut gekleidete Männer an einem Ecktisch in angeregtem Gespräch.
"Wie schön, Dich wiederzusehen! Wie ist das werte Befinden?"
"Von meinem steifen Bein abgesehen: Alles Bestens! Und die Freude ist ganz meinerseits."
"Gut, dann können wir das Höflichkeitsgeplänkel nun beenden und in medias res gehen, wie der Bosparaner sagt", erwiderte der Mann grinsend.
"Gemach, gemach, mein Guter. Zum einen sind wir nicht auf der Flucht und" - nun für einen Moment deutlich leiser - "werden es hoffentlich auch nie sein. Und zum anderen haben die hier eine ganz vorzügliche Auswahl an Bieren. Wäre doch schade, wenn wir auseinandergingen, ohne zuvor zumindest zwei oder drei Humpen davon einer umfassenden Qualitätskontrolle unterzogen zu haben. Früher warst Du doch auch nie einem guten Tropfen abgeneigt, um es mal höflich auszudrücken", schloss der zweite Mann mit einem breiten Lächeln.
"Ja, damals..." Versonnen blickte sein Gegenüber für einen Moment zur Decke des Gasthauses. "Viel Zeit ist seitdem vergangen. Mir kommt es nicht vor wie Jahrzehnte, sondern eher wie Äonen, wenn ich dran denke, was seitdem alles geschehen ist." Der Mann straffte sich, so als würde er die Gedanken an die Vergangenheit auch körperlich abschütteln wollen und nickte seinem Gesprächspartner zu. "Also gut, die erste Runde geht auf mich!"
Die kleine Tischgesellschaft plauderte bei einem guten Braten und mehreren Krügen Bier über die gemeinsame Vergangenheit, in der Gegenwart erlebtes und - endlich - über die Zukunft. "Ah, so lässt es sich leben! Ein vorzügliches Mahl, einige ebenso exzellente Biere und eine nette Plauderei - da könnte man glatt vergessen, warum wir eigentlich hier sind."
"So bist Du nun also endlich geneigt, mich Unwürdigen an Deiner Weisheit und Erleuchtung teilhaben zu lassen? Zu gnädig", entgegnete seine Begleitung mit gespieltem Sarkasmus.
"Immer noch so ungeduldig? Na gut, bevor Du es noch aus mir herausprügelst: Unsere Pläne machen gute Fortschritte und die entscheidende Stunde ist nicht mehr weit. Aber nur um Dir das mitzuteilen, habe ich natürlich nicht um dieses Treffen gebeten. Diesen Tsa trifft sich ja der Adel Perricums, Greifenfurts und Garetiens auf Bogenbrück, wie Du sicherlich weißt."
Der Angesprochene nickte. "Wie könnte ich das vergessen. Das wird wahrscheinlich wieder eine dieser furchtbar langweiligen Zusammenkünfte, bei denen alles beraten, wenig beschlossen und nichts umgesetzt wird. Garniert wird das Treffen vermutlich wieder von den üblichen Hahnenkämpfen, Eifersüchteleien und Streitereien darüber, wem nächstes Jahr die Ehre gebühren wird, Rohajas Nachttopf ausleeren zu dürfen."
"Ah, wie ich sehe, warst Du schon auf einigen solcher Treffen."
"Ja. Und das nur selten zu meinem Vergnügen. Aber ernsthaft: Die Einladungen zu der anstehenden Zusammenkunft geben derzeit nicht viel her; es sollen wohl Weggefährten und frühere Bekannte des Marschalls dorthin gebracht und verhört werden. Man hat wohl in einem seltenen Anfall von Vernunft realisiert, dass es hierzulande immer noch Verbündete und Anhänger des Feldherrn geben kann, die man vor einem Kriegszug gen Tobrien besser aufspüren und unschädlich machen sollte."
"Wie weise. Man ist also doch noch lernfähig. Die Versammlung betreffend soll ich Dir von seiner Exzellenz zwei Bitten ausrichten: Zum einen lasse uns möglichst bald nach dem Abschluss dieses seltsamen Treffens auf dem üblichen Wege einen Bericht darüber zukommen." Der Mann schwieg nun für einen Moment.
"Und zweitens?" beendete sein Konterpart das Schweigen.
"Nun, das ist etwas diffiziler. Auf Bogenbrück werden unseren Informationen zufolge auch -------------------------- und -------------------------- zugegen sein. Der Marschall begrüßte es sehr, kehrten sie nicht von dort zurück."
Der zweite Mann verschluckte sich bei diesen Worten an seinem Bier, bevor er nach einem kurzen Moment zu einer Erwiderung ansetzen konnte. "Das ist alles? Na, das sollte doch problemlos umzusetzen sein! Ernsthaft: Wie stellt ihr euch das vor? Mal abgesehen davon, dass mir als Attentäter die nötige Erfahrung fehlt und mich auch nicht deswegen seiner Exzellenz verpflichtet habe, ist eine Burg voller Adliger, Bediensteter und Wachen wohl kaum der richtige Ort für ein paar unauffällige Morde an zwei bekannten und hochgestellten Persönlichkeiten.
"Vor einigen Götterläufen gab es schon mal ähnliches und da fuhren weit mehr Menschen zu Boron, ohne dass der Mörder gefasst wurde."
"Ja, aber der war, wenn ich mich recht entsinne, auch nicht als Gast sondern als vermeintlicher Bediensteter anwesend. Aber mal ganz abgesehen davon: Warum sollen die beiden ausgerechnet während der Versammlung zu Boron fahren? Wäre es nicht viel einfacher, sie zum Beispiel auf dem Weg nach oder von Bogenbrück aus dem Verkehr zu ziehen?"
"Leichter schon, aber bei weitem nicht so symbolträchtig", erwiderte der andere Mann kühl. "Bedenk doch, was es für einen enormen Eindruck machte und allen die Schwäche des Reiches vor Augen führte, wenn während einer vermeintlich geheimen Zusammenkunft des Adels und anderer hoher Würdenträger gleich dreier Provinzen zwei so bekannte Persönlichkeiten ihren wohlverdienten Eingang in Borons Reich fänden? Das dürfte der Moral von Rohajas Lakaien einen ernsten Schlag versetzen. Und um Deine nächste Frage vorwegzunehmen: Einen als Lakaien getarnten Meuchler einzuschleusen, dürfte ob der hohen Sicherheitsvorkehrungen fast unmöglich sein. Außerdem dürfte wohl niemand damit rechnen, dass zwei der Anwesenden von jemandem aus ihrer Mitte erledigt werden könnten, was Deine Aufgabe deutlich einfacher gestalten dürfte."
Sein Gegenüber schwieg für einen Moment, bevor er letztlich recht knapp mit grüblerischer Miene antwortete: "Gut, ich habe verstanden. Ich werde sehen, was sich machen lässt. Versprechen kann und werde ich aber nichts. Nach einem ebenso dummen wie sinnfreien Märtyrertod steht mir nämlich nicht der Sinn. Ich halte Dich über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden. Und nun entschuldige mich, ich habe in der Stadt noch einiges zu erledigen. Die Rechnung zahlst Du; betrachte es als Anzahlung für mein 'Honorar'."
Mit einem kräftigen Händedruck verabschiedete er sich von seinem Gesprächspartner, der sein Hinausgehen mit einem nachdenklichen Blick verfolgte, dabei leise zu sich selbst sprechend: "Ich hoffe um Deinetwillen, dass Du zumindest einen der Beiden erwischst, alter Freund."
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