Geschichten:Vertraute der Krone - Fährmannsgarn
Belauscht bei den Fährleuten während des Übersetzens nach Burg Bogenbrück vom Natterufer aus
"Wisst Ihr edlen Herrschaften, dass hier mal eine Brücke gestanden hat? Deswegen heisst die Burg dort auf dem Eiland auch heute noch Bogenbrück. Eine große stolze hölzerne Bogenbrücke soll das gewesen sein, die man schon von weitem sehen konnte! Doch dann kam der Weise Rohal und entschied, dass zu viele Brücken über die Natter nicht gut seien und ließ sie abreissen. Er erließ das Rohalsche Brückenprivileg, dass nur noch die Rabenbrücke bei der Festung Hohenstein über die Natter führen darf. Aber jetzt, wo die Rabenbrücke vor einigen Jahren eingestürzt ist, führt gar keine Brücke mehr über die Natter. Immerhin gut für uns Fährleute, denn das sichert uns ja unser Auskommen. Dem Grafen von Hartsteen aber, der ja auf seiner Burg Oberhartsteen im Schlund residiert, dem schmeckt das überhaupt nicht, dass er nicht zu seinen Leuten kommen kann und sie nicht zu ihm. Und der Graf vom Schlund tut was er kann, dass die Brücke nicht wieder aufgebaut wird.“
„Psst, Ihr Herrschaften, habt Ihr das gehört? [Pause] Wenn das mal nicht der Natterunhold oder eines seiner Kinder war, was da um das Boot geschwommen ist! Mein Vater und mein Großvater waren schon Fährmänner hier auf der Natter, und die haben mir davon erzählt, wie der Natternunhold die Boote ins Verderben reißt. Eine dreiköpfige Wasserechse aus der Zeit der Magierkriege ist das, der Natternunhold. Eine von Schwarzmagiern erschaffene Chimäre. Der Heilige Nadrian hat ihn erschlagen, und seine Erschaffer dazu. Ein epischer Kampf soll das gewesen sein, aber am Ende hat der Recke Rondras das Untier besiegen können. Aber an dem giftigen Blut ist er dann doch gestorben. Mit seinen letzten Worten den Bau eines Tempels befohlen, wo er Wacht halten wollte, dass niemals wieder eines der schrecklichen Geschöpfe die Natter heimsuche. Wenige Meilen flussabwärts von hier liegt Nadriansfurt. Dort liegt er begraben im Tempel der Rondra.“
„Nicht weit von hier in Ingerimmschlund liegt ein verwunschenes Wäldchen, das im Volksmund „Godix' Forst“ genannt wird. Das ist Euch weitgereisten Herrschaften sicherlich bekannt. Aber nur wenige Menschen wissen, dass hier auf dem kleinen Eiland der Zollfeste Bogenbrück inmitten der Natter ein kleines Wäldchen liegt, das „Godix' Hain“ heisst. Die Legende besagt, dass es einmal einen Trolldruiden mit Namen Godix gab, der sich um alten Trollgräber kümmerte und mit den Tieren sprechen konnte. Immer umgab ihn ein Schwarm Amseln. Er beschützte seine Tiere voller Hingabe, doch eines Tages wurde er von einem vielgehörnten Dämon besiegt. Nur mit letzter Kraft konnte er sich auf seinen mächtigen Berg retten. In Nettersquell erzählt man sich, dass der Kampf hier, bei Godix' Hain stattgefunden hat und man noch heute die Spuren des Trolldruiden sehen kann.“
„Ihr wisst bestimmt längst schon von den einschneidenden Ereignissen während der Phexwallfahrt in Mümmelmannshag, oder? Alles, was in Garetien, Greifenfurt und Perricum Rang und Namen hat, war dort, sogar einige Gäste von außerhalb waren angereist. Das Treiben fing gemächlich an, aber dann überschlugen sich die Ereignisse. Finstere Mächte um den Namenlosen hatten sich verschworen, um Dere in den Abgrund zu reissen und alles Leben, wie wir es kennen, zu vertilgen. Selbst die Götter waren dem Untergang nahe, offenbarten sich doch unbekannte Mächte, um in Zusammenarbeit mit dem Dreizehnten eine astral-karmatische Purgation durchzuführen, nach deren erfolgreicher Durchführung Aventurien und ganz Dere zu existieren aufgehört hätte. Doch zum Glück konnten die Agenten des Namenlosen ausfindig gemacht und durch die Pilger der Wallfahrt ausgeschaltet werden. Man sagt aber, die uralten Mächte hätten in einem letzten Kraftakt sich noch einmal erhoben und jede Erinnerung aus dem Gedächtnis aller Teilnehmer gelöscht. Sagt, wo ward Ihr eigentlich am 1. Phex 1037 BF?“
„Ihr seid nicht die ersten, die ich zur Zollfestung Bogenbrück übersetze. Schon vor ein paar Tagen hatte ich eine Gruppe mit einer Begleitung in meinem Boot. Ne ganz heisse Schnecke war das, die sie da bei sich hatten, mit einem aufreizenden, aber nicht billig wirkenden, roten Kleid, exotisch und geschmackvoll geschminkt und einem hintergründigen Lächeln. Ich habe aus den Gesprächen der Adelsleute herausgehört, dass es sich um die alte Trosshure von Haffax gehandelt hat, Iza Rotkleid hat sie geheissen. Schmale, kecke, braune Augen, recht blasse noch immer relativ glatte Haut. Und zwei Tage später habe ich ihren Leichnam wieder ans Land rudern dürfen. Die hohen Herrschaften haben mir versichert, dass sie sich selbst erhängt hat und sie nichts damit zu tun haben. So ein Dicker mit Bart hat ganz schön verdrießlich geguckt, scheint ihm schon irgendwie unangenehm gewesen zu sein, dass die Sache nicht ganz nach Plan gelaufen ist. Hat noch was von einem Buch erzählt, was die alte Hure mit auf der Burg gebracht hat. Also, auch wenn die offenkundig schon was älter war, vom Bettrand hätte ich die jedenfalls nicht geschubst!“
„Es jährt sich in wenigen Tagen zum zweiten Mal der tragische Tod Raulgards von Ehrenstein, der Gattin des Grafen von Hartsteen. Nur wenige Meilen flussabwärts von hier ist ihr Boot gesunken, dort wo der Efferdsquell in die Natter fliesst. Gemeinsam mit der Nadriansfurter Rondra-Geweihten Leugrimma von Schallenberg ist sie in der Natter ertrunken. Es war eine ähnliche Winternacht wie heute, Nebel zog über die Eisschollen, die das Frühjahrshochwasser hinabtrieb. Der Fluss angeschwollen von dem vielen Wasser aus dem Feidewald und vom Wall, wild tosend sich windend in seinem Bett. Bis heute weiss man nicht, was die Ursache war für den Unfall. Einige Fährleute schwören steif und fest, dass es der Natternunhold gewesen ist. Einer der Treidler will dagegen einen grimmigen Zwerg gesehen haben, der den Kahn eigenhändig versenkt hat. Wir werden es wohl nie erfahren. Was sie hier auf dem Fluss wollten, fragt Ihr? Nun, das Gerücht lautet, dass der Graf von Hartsteen seinen Silberschatz an den Baron von Nettersquell verkauft haben soll und dass nun dieser Schatz auf dem Grund der Natter ruht, bis ein tapferer Held oder eine mutige Reckin ihn bergen kann.“
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